Название | Seewölfe - Piraten der Weltmeere 210 |
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Автор произведения | John Curtis |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954395460 |
„Ich habe doch verdammt noch nie gewußt“, sagte er ziemlich laut, so daß es jeder deutlich verstehen konnte, „daß unser Profos seine poetische Ader entdeckt hat. Also, wenn ich mir das so richtig vorstelle, die altersschwache, angerostete Bilgenkakerlake, dazu vielleicht noch ein chinesischer Tempelaffe und ein ausgefranster Gorilla, und die hokken alle drei auf der zerborstenen Schaluppe, während die Tausend-Tonnen-Galeone aus allen Rohren feuert, also …“
Die Seewölfe bogen sich vor Lachen, und nicht einmal der Seewolf, der das alles ebenso gehört hatte wie Ben Brighton, der neben ihm auf dem Achterdeck stand, vermochte ernst zu bleiben.
Pete Ballie, der bis dahin am Ruder gestanden hatte, enterte zum Hauptdeck ab. Auch er grinste übers ganze Gesicht, denn eben schlug Carberry dem jähzornigen Engländer seine Pranke auf die Schulter, daß Luke unter dem Hieb fast zu Boden ging.
„Also gut, ich will mal nicht so sein. Ihr seid doch alle ganz verdammte Rübenschweine, die man am besten …“
Er unterbrach sich mitten im Wort, denn eben schallte ein weithin dröhnender Gongschlag über das schmutzig-gelbe Wasser, das an der „Isabella“ träge vorbeiströmte. Ein zweiter Gongschlag folgte, und dann glitt irgendwo an der „Isabella“ ein kaum wahrnehmbarer Schemen vorbei. Ein langgestrecktes, dunkles Etwas, das auch Dan O’Flynns scharfe Augen nicht zu identifizieren vermochten.
Im Nu waren die Seewölfe still. An Bord der „Isabella“ herrschte absolutes Schweigen.
Carberry sah den hünenhaften Schiffszimmermann an.
„Hast du das auch gehört, Ferris?“ fragte er überflüssigerweise. „Ich will doch gleich kielgeholt werden, wenn das nicht so ein verflixter Gong war, wie ihn die Zopfmänner in Siri-Tongs Heimatland bei jeder Gelegenheit verwenden. Das bedeutet, das uns eben zumindest ein Boot passiert hat. Vielleicht hauen die Kerle ständig auf ihren Gong, um anderen Schiffen ihr Näherkommen anzuzeigen. Was meinst du, Ferris?“
Der Schiffszimmermann wiegte den Kopf. Da tönte ein dritter Gongschlag zu ihnen herüber. Aber es war auf keinen Fall derselbe Gong. Er wirkte – trotzdem sie ihn nur sehr leise noch vernahmen – weitaus mächtiger, gewaltiger. Irgendwie schien sein Dröhnen das ganze Wasser zu überziehen.
Auch der Seewolf war vom Achterdeck aufs Hauptdeck abgeentert und stand jetzt bei seinen Männern. Er vermochte es sich nicht zu erklären, aber von diesem Dröhnen schien ihm eine Gefahr auszugehen, die genau auf die „Isabella“ zukroch und irgendwo im Nebel auf sie lauerte.
„Wir sind hier nicht allein“, sagte er in die Stille hinein. „Der letzte Gongschlag war meiner Ansicht nach die Antwort auf die beiden vorangegangenen. Vielleicht dirigieren sie auf diese Weise ankommende Boote in einen Hafen, aber das glaube ich nicht. Das ist etwas anderes. Irgendwo dort im Nebel vor uns liegt entweder eine Küste, eine Stadt oder eine Insel verborgen. Wir können bei diesem Nebel nicht mehr weiter, aber ab sofort patrouillieren Doppelwachen. Drehbassen und Geschütze laden, unser Schiff muß ab sofort jederzeit feuerbereit sein. Morgen werden wir mit einem der Beiboote die Gegend erkunden, aber das Boot bleibt durch eine lange Leine mit der „Isabella“ verbunden. Ferris, das bereitest du bitte mit Will vor“, und damit meinte der Seewolf Will Thorne, den weißhaarigen Segelmacher der „Isabella“.
Der Schiffszimmermann nickte nur kurz. Gleichzeitig warf er einen Blick in den dunkler und dunkler werdenden Nebel, der sich keineswegs auflöste, sondern an Dichte immer noch zuzunehmen schien. Es würde also in einer knappen halben Stunde stockfinster sein, denn bei dieser Suppe half ihnen auch der Mond nicht mehr.
Die Gongs waren verstummt. Nur das leise Gurgeln des Wassers war zu vernehmen.
„Ed, du teilst die Wachen ein“, sagte der Seewolf. „Ben und ich übernehmen die erste achtern. Zwei Mann auf die Back, zwei Mann aufs Hauptdeck, zwei Mann auf dem Achterschiff, das sollte reichen.“
Der Seewolf verschwand, und Carberry blickte ihm nach, während er sich an seinem Rammkinn kratzte.
Abermals sah er den Schiffszimmermann an.
„Wenn Hasard sechs Wachen anordnet, dann ist etwas los“, sagte er. „Da kannst du dich drauf verlassen. Er hat sich in dieser Beziehung so gut wie nie geirrt. Und ihr, ihr Rübenschweine, wenn ihr eure verdammten Glotzaugen nicht aufsperrt, dann ziehe ich euch allen ganz persönlich die Haut in Streifen von euren …“
Wieder brandete Gelächter auf, und Carberrys Rechte wischte durch die Luft.
„Ist ja auch egal, aber ihr werdet es dann schon merken. Ich glaube, es wird allerhöchste Zeit, daß ich euch mal wieder die Gräten richtig langziehe, sonst werdet ihr immer übermütiger und frecher, wie dieses Rübenschwein da!“ Er deutete grinsend auf Luke Morgan. „Du bist auch beim ersten Wachtörn dabei, Freundchen. Auf die Back mit dir, und Blacky kannst du gleich mitnehmen, klar?“
Luke Morgan grinste, dann verschwand er zusammen mit Blacky, der nach ihm wohl der jähzornigste Mann an Bord der „Isabella“ war. Die beiden verstanden sich prächtig und steckten dauernd zusammen.
„Dan, du übernimmst mit mir zusammen die Wache auf dem Hauptdeck. Nach vier Stunden wird abgelöst …“
Carberry teilte die Wachen ein. Eine Weile blieben die Seewölfe, die wachfrei waren, noch diskutierend an Deck. Doch dann legte sich die Finsternis über die „Isabella“, und der Nebel wirkte wie ein schwarzes Tuch, das alles unter sich begrub.
Jenes Boot, das die Insel der Todesgöttin in dieser Nacht erreichte, war schon das dritte seit der Vollmondnacht. Und auch diese Gruppe von Pansigaren hatte Erfolg gehabt. Die Männer mit den hageren Gesichtern und den roten Turbanen auf ihren Schädeln zerrten ein dunkelhaariges Mädchen und einen Mann mit silbergrauem Bart aus dem Boot. Beide waren mit der schwarzen Seidenschlinge gefesselt.
Asanga, der oberste Priester der Todesgöttin, stand etwas abseits und beobachtete das alles. Die Pansigare schleppten die beiden Gefangenen zu ihm und stießen sie dort zu Boden.
Das Mädchen starrte den Priester der Kali aus ihren dunklen Augen an. Dann warf sie einen raschen Blick zu ihrem Vater hinüber, der aber bewußtlos zu sein schien. Das Licht flackernder Fackeln erhellte die ganze Szene, Schatten schienen durch den Nebel über die Steinquader zu tanzen.
Das Mädchen schloß die Augen. Sie spürte die Furcht, das Entsetzen, das sich mehr und mehr um ihre Sinne krallte. Was hatte das alles zu bedeuten? Warum hatten die Teufel die Siedlung überfallen, warum waren viele von ihnen erwürgt und ebenso viele dann von diesen braunhäutigen Teufeln verschleppt worden? Irgendwohin – vielleicht wie sie auch hierher?
Das Mädchen riß sich gewaltsam zusammen. Ehe es einer der Pansigare verhindern konnte, sprang sie auf, denn nur ihre Hände waren gefesselt. Sie beherrschte den Dialekt der Eingeborenen leidlich.
Mit einem Schritt stand sie vor Asanga, der sich in diesem Moment in Trance zu befinden schien. Erst beim Klang ihrer Stimme zuckte er zusammen und starrte sie an.
„Was soll das alles?“ wiederholte das Mädchen die Frage. „Warum haben Ihre Leute unsere Siedlung überfallen, warum wurden mein Vater und ich gefesselt und hierher verschleppt? Ich verlange eine Antwort …“
Die Augen Asangas öffneten sich. Ein haßerfüllter Blick traf das Mädchen, und unter diesem Blick prallte sie zurück.
„Schweig!“ herrschte Asanga sie an. „Du wirst erst antworten, wenn die große Kali dich fragt. Antworten mit deinem Blut, denn das wird deine Todesstunde sein!“
Das Mädchen erbleichte. Sie hatte von Kali, der schwarzen Todesgöttin der Hindus, gehört. Asanga entging nicht, daß das Mädchen den Sinn seiner Worte sofort begriff.
„Ja, du wirst sterben, in der nächsten Neumondnacht, wenn das große Fest zu Ehren Kalis in unserem Tempel stattfindet. Sieh dorthin, nein, komm mit, weil du den Frevel, den Menschen deiner Hautfarbe auf dieser Insel der großen Kali angetan haben, nicht sehen kannst, dazu ist der Nebel zu dicht!“
Er packte das Mädchen und zerrte