Seewölfe - Piraten der Weltmeere 306. Burt Frederick

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 306
Автор произведения Burt Frederick
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954397037



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erledigen hatten. Das änderte aber nichts daran, daß sie immer noch eine Menge Beispiele für ihr Temperament und ihren Starrsinn lieferten. Ho, Edwin Carberry konnte ein Lied davon singen, welche Scherereien sie der „Isabella“-Crew schon bereitet hatten – und das meistens dann, wenn der Seewolf sie seiner höchstpersönlichen Obhut anvertraut hatte.

      Und die beiden Lausebengel wußten verdammt genau, daß ihr Mister Carberry noch lange nicht vergessen hatte, was sie sich schon alles geleistet hatten. Denn er hatte sie oft genug aus den verzwickten Situationen herauspauken müssen, in die sie hineingeschlittert waren.

      Äußerlich ähnelten sich die beiden Jungen wie ein Ei dem anderen. Schlank und schwarzhaarig, hatten sie den unverwechselbar gleichen Gesichtsschnitt wie der Seewolf. In ihren Bewegungen waren sie geschmeidig wie Katzen, und schon jetzt, in ihren jugendlichen Jahren, ließen sie erkennen, daß sie als erwachsene Männer einmal alle überragenden Eigenschaften und Fähigkeiten ihres Vaters haben würden.

      „Eine Einladung von Mister Larsen“, ergänzte Hasard junior. „Er möchte seinen Dank aussprechen.“

      Der Seewolf wandte sich ab, denn er konnte sein Grinsen nicht länger unterdrücken. Und er wollte Ed Carberry, der an diesem Tag offenbar mit dem falschen Bein zuerst aus der Koje gekrochen war, nicht vor den Jungen in Verlegenheit bringen.

      Philip junior hielt dem Profos die Muck entgegen, in der eine kristallklare Flüssigkeit schwappte.

      „Eine Kostprobe, Sir. Mister Larsen bittet Sie höflich, sich das nicht entgehen zu lassen.“

      „Das Wasser des Lebens“, fügte Hasard junior hinzu. „Der Kutscher hat gesagt, das bedeutet ‚Aquavit‘, wenn man es übersetzt. Leider dürfen wir nur dran riechen.“

      „Leider?“ knurrte Carberry. Er nahm die Muck und hob sie an. „Paßt auf, daß ich euch nicht den Hosenboden strammziehe, wenn ich euch mit dem Zeug erwische. Das ist nur was für ausgewachsene Kerls. Und man braucht die richtigen Seebeine, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.“ Er schnupperte an dem „Lebenswässerchen“ und kippte es dann mit einem Ruck hinunter. „Ah! Nicht schlecht. Wenigstens tötet es den Heringsgestank ab. Die Nase ist nicht mehr so empfindlich.“ Er stieß sich vom Niedergang ab und behielt die Muck gleich in seiner ankerklüsengroßen Hand. „Vorwärts, Gentlemen! Lassen wir unseren dänischen Jungferntröster nicht länger warten.“

      Die beiden Jungen wirbelten herum und liefen freudestrahlend los, vorbei an den mächtigen 25pfündern und den vor der Kuhlgräting festgezurrten Jollen. Auch die Söhne des Seewolfs hatten bereits ein feines Gespür dafür, wenn es Mißstimmungen in der Crew gab. Und gemeinsam mit dem Kutscher, Mac Pellew und den anderen waren sie froh, einen passablen Weg gefunden zu haben, um Edwin Carberry aus seinen rauchumwölkten Gedanken wachzurütteln.

      Sie hatten Nils Larsen, den breitschultrigen blonden Dänen, schon mehrmals an diesem Tag hochleben lassen. Er hockte in ihrer Mitte auf einer Taurolle und sprang auf, als der Profos herannahte. Die Zwillinge zogen sich zum Räucherofen zurück und schauten dem Kutscher und Mac Pellew zu, die sich jetzt mit besonderem Eifer darauf konzentrierten, eine neue Ladung Heringe in den Rauch zu schieben.

      Alle anderen empfingen den Profos mit freudigem Gebrüll. Ed Carberry schüttelte sich, als er sah, wie Nils Larsen etwas über die Köpfe der Männer hinweg nach außenbords schleuderte. Dieses Etwas hatte er sich gerade zuvor durch die Zähne gezogen, und danach bestand es nur noch aus einem Heringskopf, der mit der Schwanzflosse durch eine borstige Gräte verbunden war. Carberry zwang sich, nicht in die Runde zu blicken, denn die meisten Männer hielten noch eines der goldgelben Räucherbiester in den fettigen Fingern.

      Nils Larsen schnappte sich den Krug vom Aquavitfaß, ging strahlend auf den Profos zu und hieb ihm auf die Schulter. Nichts war dem kräftig gebauten Dänen anzumerken, wieviel von dem „Wasser des Lebens“ er schon genossen hatte.

      „Ich stehe in deiner Schuld, Mister Carberry!“ rief er lautstark. „Erst nachträglich habe ich mitgekriegt, daß du bereit warst, für mich durch die Hölle zu gehen.“ Er füllte Carberrys Muck aus dem Krug auf.

      Donnerndes Beifallsgebrüll wurde laut und übertönte für einen Moment das Singen des Windes, der durch Wanten und Pardunen pfiff und die Segel prall füllte.

      „Hölle?“ entgegnete der Profos dröhnend. „Hölle, sagst du? Da kennst du mich aber verdammt schlecht, Nils Larsen. Deine dänische Jungfer wäre mit mir durch den siebenten Seefahrerhimmel gegangen.“ Er blickte nun doch in die Runde, feixte und schob das Rammkinn vor. „Allerdings nur eine Nacht lang. Genug für sie, um den Rest ihres Lebens davon zu träumen.“

      Die Männer grölten vor Vergnügen. Larsen und Carberry rammten ihre Mucks gegeneinander und ließen den Aquavit durch ihre Kehle brennen.

      „Hoho, unser Profos spricht aus Erfahrung!“ rief Ferris Tucker, der hünenhafte Schiffszimmermann mit dem roten Haarschopf.

      „Wetten, daß er doch weiche Knie gekriegt hätte?“ schrie Matt Davies, der einen Räucherhering an seiner Hakenprothese aufgespießt hatte.

      „Weiche Knie? Wobei?“ Batuti, der schwarze Riese aus Gambia, war es, der sich fragend umsah.

      Die anderen schütteten sich aus vor Gelächter.

      Ed Carberry sah ihn an.

      „Vor dem Traualtar, du Einfaltspinsel! So was Feierliches haut den stärksten Seemann aus den Stiefeln.“

      Wieder folgte begeistertes Gebrüll. Mac Pellew, der Kombüsenmann, hielt den Moment für angebracht, ein Angebot seiner Räucherkünste an den Mann zu bringen. Auf einer Holzschale trug er einen kleinen Berg fettglänzender Ostseeheringe heran, die er frisch aus dem Rauch geholt hatte. Er deutete eine Verbeugung an und übersah geflissentlich, daß sich das Narbengesicht des Profos’ bedrohlich zu verziehen begann.

      „Wir haben alle einen Grund zum Feiern“, sagte er salbungsvoll. „Wir konnten den guten Nils vor dem Joch der Ehe bewahren, noch dazu mit einer Lady, deren Schönheit jede Blume …“

      Die Männer grölten von neuem los, schlugen sich gegenseitig auf die Schultern und bogen sich vor Lachen. Denn besagte Lady, die dem armen Nils von seinem Vater zugedacht worden war, konnte jeder aus der „Isabella“-Crew mit Fug und Recht als das Häßlichste bezeichnen, was ihm jemals unter die Augen getreten war.

      „… deren Schönheit jede Blume zum Welken gebracht hätte!“ fuhr Mac Pellew fort, nachdem sich die anderen einigermaßen beruhigt hatten. „Es ehrt dich, hochverehrter Mister Carberry, daß du bereit warst, für Nils als Scheinbräutigam einzuspringen. Sei froh, daß die ganze Geschichte nicht so weit gediehen ist. Und letzten Endes habe auch ich einen Grund zur Freude. Denn ich konnte endlich das Rezept für die berühmten Bornholmer Räucherheringe auftreiben. Und die sind wahrhaftig eine gute Unterlage, wenn man einen anständigen dänischen Aquavit zu sich nehmen möchte. Also laß dir das nicht zweimal sagen. Lang zu!“ Er hob die Schale höher.

      Carberry hielt sich die Nase mit Daumen und Zeigefinger zu.

      „Hau ab, du Hering“, grollte er näselnd, „verschwinde mit deiner Dunstwolke, oder …“

      Die Worte wurden ihm von den Lippen gerissen. Ein Windstoß, der sich zwischen Fock und Großsegel verirrte, drückte die Rauchsäule aus dem Räucherofen nach unten und hüllte die Männer wie mit einem gelblichgrauen Wattebausch ein.

      Aus dem stark riechenden Wattebausch war ein Wutschrei des Profos’ zu hören. Dann tauchte Mac Pellew in wilder Flucht aus dem Räuchernebel auf. Die Schale mit den kostbaren goldgelben Bornholmer Heringen hatte er fallen lassen. Ed Carberry verfolgte ihn mit zwei Schritten Abstand in Richtung Achterdeck.

      „Dir ziehe ich die Haut in Streifen von deinem Affenarsch!“ brüllte er, und jeder Mann an Bord der „Isabella“ wußte, daß der gute alte Edwin wieder zu seiner wohlvertrauten Stimmung zurückgefunden hatte.

      Vor einem Tritt in den Hintern wurde Mac Pellew nur durch einen langgezogenen Schrei bewahrt, der unvermittelt aus dem Großmars ertönte.

      „Land