Seewölfe - Piraten der Weltmeere 485. Burt Frederick

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 485
Автор произведения Burt Frederick
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954398935



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menschlicher Raffsucht konfrontiert.

      Dem Seewolf war keineswegs entgangen, wie sehr sich die Stimmung an Bord der „Isabella“ und auch drüben auf der „Caribian Queen“ und der „Le Griffon“ in den letzten Stunden verändert hatte. Bei der Begegnung mit One-Eye-Doolin, dem Halunken aus Cornwall, waren sie alle noch zu sehr mit dem beschäftigt gewesen, was sich gerade abgespielt hatte. Nun aber, in der Stille danach, gab es für jeden mehr als genug Zeit zum Nachdenken.

      Vergeblich hatte Hasard versucht, die Dinge völlig nüchtern zu betrachten.

      Ausgeschlossen.

      Er konnte seine Gefühle nicht mit einer Handbewegung beiseite schieben.

      Diese Gefühle besagten ganz einfach, daß niemand in diesem Seegebiet bei den Caicos-Inseln etwas zu suchen hatte. So empfanden es auch Siri-Tong und die Männer. Aber wie wollte man das kontrollieren? Nicht im Ernst konnte man ständig darüber wachen, daß die letzte Ruhe der toten Freunde ungestört blieb. Es war das erste Mal seit dem Untergang der Inseln, daß sie hierher zurückkehrten. Wenn Diego, der Schildkrötenwirt auf Tortuga, ihnen nicht von One-Eye-Doolin und seinen Galgenstricken erzählt hätte, wären sie zweifellos direkt zur Cherokee-Bucht zurückgekehrt, ohne auch nur auf die Idee zu verfallen, daß im Gebiet der Schlangen-Insel Leichenfledderer am Werk sein könnten.

      Im Augenblick hatte jeden einzelnen an Bord der drei Schiffe dieses Gefühl gepackt, nicht mehr von der Stelle weichen zu dürfen. Vielleicht würden realistischere Gedanken Platz greifen, wenn man den Halunken aus Cornwall erst richtig Dampf unter dem Hintern gemacht hatte.

      Natürlich ahnte Doolin nichts von den wahren Gründen, die zu seinen „Funden“ auf dem Meeresboden geführt hatten. Mittels Jollen und Draggen hatten sie heraufgefischt, was sie für Schatzteile einer gesunkenen spanischen Galeone hielten. Wenn sie jemals die Wahrheit erfuhren und ungeschoren mit dieser Erkenntnis das Weite suchten, würde es für den Bund der Korsaren mit dem Frieden wieder einmal vorbei sein.

      One-Eye-Doolin war der Typ Mensch, der sein Wissen prahlerisch hinausposaunen würde. Angelockt wie Maden vom Speck würden sie in die Karibik einfallen, die Schnapphähne aus der Alten Welt. Und dann würde es auch nicht mehr lange dauern, bis sie alles über den Seewolf herausgefunden hatten und auch den neuen Stützpunkt an der Cherokee-Bucht ernsthaft gefährdeten.

      Das Risiko, das One-Eye-Doolin verkörperte, mußte von vornherein beseitigt werden.

      In den Gerüchteküchen der englischen Hafenstädte schien es ohnehin mächtig zu brodeln.

      Durch den kurzen Besuch bei Diego hatten Hasard und seine Gefährten zum ersten Mal seit langem wieder etwas aus Plymouth gehört. Beim dicken Nathaniel Plymson, dem Schankwirt der „Bloody Mary“ wurden offenbar die wildesten Geschichten erzählt.

      Mittelpunkt dieser zweifellos haarsträubenden Geschichten war niemand anders als Philip Hasard Killigrew. Und es gab eine Menge Leute im alten England, von den Hochwohlgeborenen bei Hofe bis hinunter zu den Küsten-Schnapphähnen aus Cornwall, die nur allzu gern gewußt hätten, wo sie den Seewolf, seine legendären Reichtümer oder möglichst beides erwischen konnten.

      Wenn ein Bursche wie One-Eye-Doolin nach England zurückkehrte, würde in der Karibik sehr bald eine regelrechte Invasion von Glücksrittern aller Schattierungen einsetzen. Das konnten adlige Strolche sein, wie sie seinerzeit in der Begleitung von Sir John Killigrew in die Neue Welt eingefallen waren. Oder es würden ganze Heerscharen von Burschen im Kaliber des One-Eye-Doolin aufkreuzen.

      Was man dagegen tun konnte, mußte getan werden.

      Es stand für Hasard unumwunden fest, daß der Einäugige zurückkehren würde. Daß die Gefährten vom Bund der Korsaren ihn als Grabschänder verachteten, konnte Doolin natürlich nicht wissen. Doch wenn er noch einmal zum Zug kam, würde er über kurz oder lang herausfinden, daß die Reichtümer hier auf dem Meeresboden keineswegs von einer gesunkenen spanischen Schatzgaleone stammten.

      Der Seewolf riß sich selbst aus seiner Nachdenklichkeit heraus und stieß sich von der Heckbalustrade ab, wo er nun schon eine ganze Weile ausgeharrt hatte.

      Ben Brighton, der an der Steuerbord-Verschanzung des Achterdecks stand, wandte sich zu ihm um. Die beiden Männer kannten sich seit vielen Jahren, waren gemeinsam durch die schlimmsten Höllenfeuer gegangen und hatten die wildesten Stürme und Gefechte auf allen Weltmeeren erlebt und überlebt. Nach einer solchen Zeit der Gemeinsamkeit gab es buchstäblich nichts mehr, was man dem anderen nicht an der Nasenspitze ablesen konnte.

      Der Seewolf war zu einem Entschluß gelangt. Das sah der Erste Offizier der „Isabella“, ohne zweimal hinschauen zu müssen.

      „Es muß sein“, sagte Ben leise. „Wir würden die Erinnerung sonst nur als eine ständige schwere Last mit uns herumschleppen.“

      Der Seewolf zog die Brauen hoch und sah ihn erstaunt an.

      „Du bist ausnahmsweise der gleichen Meinung wie ich?“

      „Das dürfte hin und wieder schon vorgekommen sein. Du hast es wahrscheinlich nur vergessen.“

      „So wird es sein.“ Hasard nickte und erwiderte das Lächeln des Ersten. Gleich darauf wurde er wieder ernst. „Ben, ich glaube tatsächlich, wir können nur das eine tun. Wir müssen die Dinge zurückgeben.“

      „Natürlich. Ein Grab wurde geplündert – oder besser, man hat begonnen, es zu plündern. Wir stellen den ursprünglichen Zustand wieder her. Arkana und die anderen würden genauso handeln, wenn sie an unserer Stelle wären.“

      „Davon bin ich überzeugt“, entgegnete Hasard. Er konnte nichts gegen den seltsamen Druck tun, den er auf einmal in der Kehle verspürte. Seit er die verdammten Galgenstricke bei ihrem Treiben beobachtet hatte, war dieses beklemmende Gefühl immer wieder in ihm aufgestiegen. Er gab sich einen Ruck. „In Ordnung, Ben. Laß die kleine Jolle für mich abfieren. Du übernimmst das Kommando an Bord, bis wir es hinter uns gebracht haben.“

      „Aye, aye, Sir“, sagte der Erste Offizier mit rauher Stimme. Er trat an die vordere Schmuckbalustrade des Achterdecks, und gleich darauf hallten seine Befehle über die Decks.

      Smoky und eine Gruppe von Männern begannen, die kleine Jolle aus den Verzurrungen zu lösen.

      „Mister Carberry!“ rief Ben Brighton.

      „Sir?“ Der narbengesichtige Riese ruckte herum und schob das Rammkinn vor. In seinen Augen blitzte die Freude über das Ende der Tatenlosigkeit.

      „Teile acht Männer als Jollenbesatzung ein, Ed. Hasard wird die gestohlenen Gegenstände den rechtmäßigen Eigentümern zurückgeben.“

      „Aye, aye, Sir“, erwiderte der Profos knapp.

      Die Worte des Ersten hatten ein wenig vibrierend geklungen, und es war deutlich geworden, daß Ben Brighton über die Grabschändung genauso dachte wie alle anderen.

       2.

      Der Seewolf übernahm es persönlich, die Rückgabe der Fundstücke vorzubereiten. In der zum Fieren fertigen Jolle breitete er ein Stück Persenning vor der Achterducht aus.

      Als Rudergasten standen neben Ed Carberry mit steinernen Gesichtern Ferris Tucker, Batuti, Smoky, Bob Grey, Big Old Shane, Luke Morgan und Al Conroy bereit. Alle an Bord hatten sich freiwillig gemeldet, um den toten Gefährtinnen und Gefährten in der Tiefe der See den Dienst der Ehre zu erweisen.

      Aber jene, die nun auf der Back und vor der Kombüse stumme Halbkreise bildeten, wußten auch, daß es sich nicht um ein lärmendes Massenunternehmen mit allen verfügbaren Booten handeln durfte. Jeder der Seewölfe verspürte den Wunsch, die Ruhe der Toten zu respektieren.

      Den Freunden an Bord der „Caribian Queen“ und der „Le Griffon“ erging es nicht anders. Sie hatten inzwischen erkannt, was der Seewolf beabsichtigte. Schweigend stand die Rote Korsarin auf dem Achterdeck des düsteren Schiffes, das einst einer erbitterten Feindin des Bundes der Korsaren gehört hatte. Ungewollt