Название | Seewölfe - Piraten der Weltmeere 532 |
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Автор произведения | Fred McMason |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954399406 |
Die „Estrellamar“ lief durch glasklares Wasser, das immer flacher wurde, bis der Erste den Befehl zum Ankern gab.
Capitán Bengosa nahm das gar nicht wahr. Er sah nur die winzige Insel und war wieder einmal entzückt, weil sie offenbar noch von keinem Menschen betreten worden war.
Etwas später ging das übliche Theater los. Die beiden Jollen wurden umständlich abgefiert und zu Wasser gelassen. Der Segelmacher enterte ab. Unter dem Arm trug er die spanische Flagge, die an einem kleinen Stock befestigt war.
Zwei Mann mußten an Bord bleiben, was der Capitán lebhaft bedauerte, denn so konnten sie das Wunder nur aus der Ferne genießen.
Die beiden Kerle bedauerten das jedenfalls nicht. Sie waren heilfroh, daß sie nicht an Land brauchten. Die Insel gab wirklich nichts her, und so hingen sie mit freundlichen Nasenlöchern am Schanzkleid und grinsten sich eins.
Die Jollen wurden zum Strand gepullt, wo dann die übliche Zeremonie begann, auf deren Einhaltung der Capitán streng achtete. Das lief immer nach dem gleichen Schema ab. Entfernt ähnelte er dann Kolumbus, als der fremdes Territorium betreten hatte.
Zunächst einmal, als sie noch ein Stück vom Strand entfernt waren, breitete er pathetisch die Arme aus, als wollte er die Insel umarmen.
„Seht diese Pracht“, flüsterte er bewegt, „schaut diese Herrlichkeit, diesen Liebreiz, diesen leuchtenden Saphir, der aus dem Grunde der See wächst. Ist sie nicht einmalig?“
Die anderen bestätigten mehr oder weniger ergriffen, daß die Insel einmalig sei. Ihretwegen hätte das Ding im Meer versinken können. Sie waren mehr daran interessiert, die Heimreise fortzusetzen und pfiffen auf die Palmeninsel.
Endlich liefen die beiden Boote auf den schmalen Strand.
Der Capitán sprang leichtfüßig, wie er meinte, an Land. Aber sein Bauch war schwer und dick, und so ähnelte sein Sprung eher der Landung eines alternden Albatrosses, der immer noch ein paar Schritte rannte, ehe er zum Stillstand kam.
In den Booten verkniffen sich die Kerle nur mühsam das Feixen.
Alsdann pflegte der Capitán feierlich niederzuknien und beide Hände in den Sand zu legen. Anschließend blinzelte er in die Sonne, warf einen bewundernden Blick in die Runde und verkündete, daß die Insel ab jetzt spanisches Territorium sei. Danach winkte er mit gekrümmtem Zeigefinger den Segelmacher herbei.
Der pflanzte mit mürrischem Gesicht die Flagge in den Sand, rammte sie fest und dachte an die mühselige Arbeit, gleich wieder neue „Lappen“ nähen zu müssen, was ihm mächtig stank.
Jetzt durften auch die anderen an Land, die viel lieber im Boot oder an Bord geblieben wären. Ihre Begeisterung war nur gespielt. Sie grinsten meist, bis ihre Ohren Besuch kriegten, um den Anschein der Freude zu wahren. Einige amüsierten sich ganz offen, doch das merkte Bengosa in seiner Freude nicht. Er hatte wieder eine Insel!
„Ausschwärmen, erkunden!“ befahl er.
Weit konnten sie jedoch nicht ausschwärmen, das ließ die Winzigkeit der Insel nicht zu. Außerdem konnte man sie überblicken. Aber sie schwärmten doch gehorsam aus und gaben sich ganz den Anschein, als seien hier geheimnisvolle Schätze versteckt.
Als sie die Insel umrundet hatten, trafen sie sich wieder an der Stelle, wo die Boote lagen.
Der Erste, der immer Meldung erstatten mußte, war sauer und ärgerte sich über die vertrödelte Zeit. Sie hätten längst zehn Seemeilen weiter sein können. Aber nein, sie mußten unbedingt diesen Sandfleck bejubeln!
„Keine Vorkommnisse, Señor Capitán“, meldete er verärgert. „Nichts als Sand und ein paar Palmen. Hier wächst nicht mal ein lausiger Grashalm“, fügte er boshaft hinzu. „Die Insel gibt nichts her, absolut rein gar nichts.“
Bengosa sah ihn an, als hätte er den Verstand verloren.
„Die Insel gibt nichts her?“ wiederholte er gedehnt. „Ja, ich muß mich doch sehr wundern, Señor Romano. Wo gibt’s denn das, daß eine Insel nichts hergibt?“
„Jedenfalls ist sie unbewohnt“, knurrte der Erste.
„Unbewohnt? Ja, jetzt muß ich mich doch gleich zum zweitenmal ganz erheblich wundern, mein Lieber. Es gibt keine unbewohnten Inseln, merken Sie sich das gefälligst.“
„Aber wir haben niemand gesehen“, widersprach Romano.
„Weil ihr schlafend durch die Gegend lauft, ihr Schafe. Natürlich ist diese Insel bewohnt.“
„Aha“, sagte der Erste aggressiv. „Sie ist also bewohnt. Merkwürdig, daß ich immer noch keine Leute gesehen habe. Glauben Sie, daß sich die Eingeborenen versteckt haben, Señor Capitán?“
„Vielleicht hocken sie in den Palmen“, meinte der Segelmacher mit einem niederträchtigen Blick zu dem Palmenhain. „Oder sie haben sich Bunker gegraben.“
Bengosa funkelte die beiden wütend an. Er ging zum Strand und drehte einen Stein um, der halb im Wasser lag. Er hatte ihn noch nicht richtig umgedreht, als eine winzige Krabbe in aller Eile zum Wasser rannte und darin verschwand. Eine zweite blinzelte noch verstört ins Sonnenlicht. Dann verschwand auch sie.
„Sind das etwa keine Kreaturen Gottes?“ fragte Bengosa. „Seht die beiden Vögel dort. Auch sie leben auf dieser Insel. Und hier“, er rannte weiter und zeigte auf ein paar Löcher im Sand, „… alles bewohnt, alles hat seinen Zweck und Nutzen. Und wenn ein Schiffbrüchiger hier strandet, dann findet er Kokosnüsse und kann damit lange Zeit überleben, weil sie ihm das Trinkwasser ersetzen. Und er hat Fruchtfleisch. Er kann sich aus den Blättern eine Behausung bauen und schließlich aus den Stämmen ein Floß. Aus den spitzen Wedeln kann er sich scharfe Speere fertigen, die er mit den Schalen der Nüsse zuspitzt. Und damit wiederum kann er Fische jagen. Und ihr Schafe behauptet immer noch, diese Insel gäbe nichts her. Diese Eilande hat Gott in seiner großen Güte geschaffen, und alle erfüllen einen Zweck. Seht die Krabben und Krebse im Sand, die Fische dicht bei der Insel, die Vögel und die vielen anderen Bewohner, die ihr gar nicht wahrnehmt. Ihr seid mit Blindheit geschlagen, und blind irrt ihr durch die Welt!“
Die anderen blickten Bengosa etwas nachdenklich an. Selbst der Erste hüstelte verlegen.
Es stimmt schon, was Bengosa sagt, dachte er. Man muß sich eben nur mal die Zeit nehmen, um über alles ein wenig nachzudenken. Aber trotzdem wollte er jetzt gern fort.
Bengosa hielt unterdessen den anderen einen Vortrag über die Nützlichkeit von Inseln, und seien sie noch so abgelegen. Die Kerle hörten sich das auch alles nickend an und taten ganz erstaunt und verwundert. Aber es ging bei ihnen zum einen Ohr hinein und zum anderen wieder hinaus, weil es immer das gleiche war.
Bengosa war in ihren Augen eben ein Besessener, über den es wie ein Rausch kam, wenn er eine Insel entdeckte.
„Wie lange wird es wohl noch dauern, bis wir in Spanien sind, Tristan?“ fragte der Segelmacher den Ersten. „Wir vertrödeln unglaublich viel Zeit. Ich weiß gar nicht, wie er da noch seine Kosten herausschlagen will, vom rein Kaufmännischen her gesehen.“
„Wie lange? Hm, vielleicht zehn Jahre, vielleicht auch zwanzig“, erwiderte der Erste leise. „Wir haben noch verdammt viele Inseln vor uns. Wenn das so weitergeht, ist unsere Ladung längst vergammelt, bevor wir in Sevilla sind.“
Bengosa hatte seine erbaulichen Monologe mittlerweile beendet. Er zupfte die Flagge im Sand zurecht, betrachtete sie und betrachtete auch die Fußspuren, die sie hinterlassen hatten. Jetzt war die Insel spanischer Besitz, sie gehörte der Krone.
„Ich werde sie joya del mar nennen“, murmelte er. „Sie sieht wahrhaftig wie ein prachtvolles Juwel des Meeres aus.“
„Ich werde es nachher eintragen“, versprach der Erste. Dabei dachte er schaudernd an das dicke Buch, das so unendlich viele Inseln enthielt und immer mehr anschwoll. Er fragte sich nur, woher der Capitán ständig die