Seewölfe Paket 27. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 27
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954399956



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mit der Schulter immer wieder gegen das Schott geworfen.

      Im Heulen des Sturmwindes, im Donnern der Brecher und im Grollen des Gewitters hatten die Chinesen es nicht hören können, wie das Ding nachgegeben hatte und auf den Gang geknallt war.

      An Bord der „Santa Teresa“, die nun auf dem Grund der See ruhte, war Molina der Gehilfe des Schiffszimmermannes und Schmiedes gewesen. So hatte er einige Handgriffe gelernt, wie man sich mit einfachsten Mitteln helfen konnte.

      Trotz seines Hungers und seiner Verzweiflung hatte Molina auf diese Fähigkeiten vertraut. Er hatte es geschafft – sie waren frei. Fast frei! Ein weiteres Hindernis lag vor ihnen. Sie mußten sich gegen die Chinesen zur Wehr setzen, falls diese etwas bemerkten, und sie mußten zum Ufer schwimmen.

      Gerado und Molina schlichen durch die Öffnung auf den Gang und zum Schott des benachbarten Raumes. Wieder war es Molina, der sich mit geschickten Fingern ans Werk begab. Er schob den dicken Eisenriegel zur Seite und zog das Schott auf.

      „Da kommen sie wieder!“ zischte Barilla, der Riese. „Gelbes Pack! Haut ab!“

      „Wir sind es“, flüsterte Molina. „Gerado und Molina!“

      „Da brat mir einer einen Barsch“, sagte de Canares. Er griff nach den Händen der Spanier, die sich ihm entgegenstreckten. „Kameraden – wie habt ihr das geschafft?“

      „Ich erklär’s dir später“, erwiderte Molina. „Los! Wir müssen versuchen, von Bord zu verschwinden.“

      „Merkt ihr was?“ fragte Rodrigo, der mit Vornamen Tanio hieß. „Es rollt nicht mehr so stark.“

      „Wir liegen vor Anker“, sagte Barilla. „Wahrscheinlich in einer Bucht. Eine andere Erklärung gibt’s nicht.“

      „Gut für uns“, sagte de Canares grinsend. Plötzlich fühlte er, wie neue Hoffnung in ihm aufstieg. Kraft und Energie, Stolz und Entschlossenheit kehrten in ihn zurück. „Warum schnappen wir uns nicht einfach die Waffen der Kerle und erledigen sie damit?“

      „Was sind das für Waffen?“ fragte Gerado.

      „So armbrustartige Dinger“, erwiderte Costales.

      „Damit kann ich nicht umgehen“, sagte Molina.

      „Das ist mir zu waghalsig“, sagte auch Gerado.

      „Ihr habt recht“, entgegnete de Canares einlenkend. „Wir haben ja nicht mal unsere Messer. Man hat uns alles abgenommen.“

      „Uns auch“, erklärte Molina. „Für uns gibt es nur eine Chance. Wir springen ins Wasser und schwimmen zum Ufer. So schlimm ist der Seegang ja nicht mehr. Wir saufen schon nicht ab. Ich nehme an, daß ihr alle schwimmen könnt?“

      „Alle, bis auf Norival Lareto“, antwortete de Canares.

      Lareto äußerte nichts dazu. Er brütete nur dumpf vor sich hin.

      „Wir schleppen ihn mit“, sagte Barilla. „Ich übernehme das. Macht euch seinetwegen keine Gedanken.“

      „Gut“, sagte Molina. „Dann – vorwärts!“

      Die Portugiesen krochen aus ihrem Raum und schlossen sich den beiden Spaniern an, die jetzt die Führung übernahmen. Neun Gestalten huschten durch den Gang nach vorn. Barilla zog Norival Lareto an der Hand hinter sich her.

      Oben, auf dem Deck über ihren Köpfen, schien sich nichts zu regen. Die Chinesen waren vom Sturm erschöpft. Sie mußten sich erholen. Das war die beste Gelegenheit, sie zu überrumpeln und zu flüchten.

      Aber die weißen Männer hatten Pol Pot nicht in ihre Rechnung einbezogen. Der Glatzkopf war voller Argwohn und traute der Ruhe nicht, die in den Gefängnisräumen der Dschunke herrschte.

      So stieg er achtern auf einem Niedergang nach unten und schritt auf dem Gang zu den Räumen. Und plötzlich sah er sie vor sich – die Gefangenen hatten sich befreit und ergriffen die Flucht.

      „Halt!“ schrie Pol Pot. „Alarm! Die weißen Teufel wollen türmen!“

      Sofort wurde es an Bord der Dschunke lebendig. Die Kerle kreischten und zeterten durcheinander, zückten ihre Messer und Säbel und griffen zu den Armbrüsten.

      Fong sprang mit einem gewaltigen Satz von der Hütte auf das Mitteldeck und riß seinen riesigen Säbel aus dem Gurt. Wild blickte er um sich.

      Die sieben Portugiesen und die beiden Spanier rannten, als säßen ihnen tausend Teufel der Hölle im Nacken. Sie jagten einen Niedergang hoch. Molina war bereits oben, ihm folgte Gerado.

      Dann erschien auch Vinicio de Canares an Oberdeck, gefolgt von Joan Marinho, dem jüngsten Mann der Gruppe. Marinho stöhnte entsetzt auf, als er die gelben Gestalten sah, die sich waffenschwingend auf sie stürzten.

      Unten stürmte Pol Pot auf die beiden letzten Männer der Gruppe zu. Er warf sich auf Norival Lareto und riß ihn an den Beinen zu Boden.

      Barilla blieb stehen und fuhr herum. Pol Pot war trotz seines Leibesumfanges blitzschnell wieder auf den Beinen und hielt dem Riesen sein Messer entgegen.

      „Du Kanaille!“ schrie Barilla. „Jetzt bist du dran!“

      Er riß den Fuß hoch und traf Pol Pots Waffenarm. Das Messer flog durch den Gang und landete klirrend auf den Planken. Barilla hieb dem Glatzkopf eine Faust unter das Kinn und die andere gegen die Brust – und Pol Pot taumelte fluchend zurück.

      Oben war unterdessen der Teufel los. Molina, Gerado und de Canares konnten einige der Gegner durch Fausthiebe zurücktreiben. Aber ein tobender Chinese schlug Joan Marinho mit dem Säbel nieder. De Canares wollte den Jungen mit seinem Leib schützen, aber es war schon zu spät. Blutüberströmt sank Marinho auf die Planken der Dschunke.

      Fong Chen Huan erkannte, daß alle Gefangenen sterben würden, wenn er seinen Männern nicht Einhalt gebot.

      Er brüllte: „Schlagt sie mit Knüppeln nieder!“

      Die Kerle gehorchten sofort. Sie griffen zu Knüppeln und Belegnägeln und prügelten damit auf die Portugiesen und Spanier ein. De Canares, Molina und die anderen versuchten ihrerseits, in den Besitz der Knüppel zu gelangen, doch die Übermacht war zu groß.

      Die Chinesen umringten die Flüchtlinge und schlugen und rangen sie nieder. Rodrigo brach unter dem Hagel von Hieben zusammen. Dann sank Costales auf die Planken.

      Eine Flut von gelben Leibern strömte den Niedergang hinunter. Barilla hatte soeben mit einem brettharten Hieb Pol Pot niedergeschlagen, doch plötzlich hingen mehr als sechs, sieben Kerle an ihm und schlugen mit ihren Knüppeln auf ihn ein.

      Der Riese konnte sich kaum noch auf den Beinen halten, aber er setzte sich zur Wehr, so gut es ging.

      De Canares konnte einem der Gegner den Belegnagel entreißen. Er hieb wild damit um sich und schaffte es, sich die Kerle wenigstens für einen Augenblick vom Leib zu halten.

      Mit einem Satz war er am Schanzkleid. Er warf noch einen Blick auf Marinho. Marinho war tot, daran gab es keinen Zweifel. Und die anderen?

      Eben stürzte auch Toninho besinnungslos auf die Planken. Norival Lareto hatte sich aufgerappelt, während Barilla wieder mit Pol Pot kämpfte. Jetzt kroch er auf allen vieren den Niedergang hoch.

      Doch zwei Chinesen klammerten sich an seine Beine und zerrten ihn nach unten zurück. Stockhiebe brachten Lareto zu Fall. Er landete hart neben Barilla, der in diesem Moment ebenfalls in Ohnmacht versank.

      Mit einem Wutschrei knallte de Canares seinen Belegnagel einem kreischenden Chinesen auf den Kopf. Dann sprang er außenbords. Die Fluten nahmen ihn auf und schlugen über ihm zusammen. Der Portugiese tauchte und trachtete danach, soviel Distanz wie möglich zwischen sich und die Dschunke zu bringen.

      Fongs Kerle waren am Schanzkleid und legten mit ihren Armbrüsten auf die Stelle an, an der de Canares untergegangen war. Fong schrie wieder seine Befehle. Doch der portugiesische Bootsmann schien spurlos verschwunden zu sein.

      Fong tobte.