Seewölfe - Piraten der Weltmeere 431. Fred McMason

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 431
Автор произведения Fred McMason
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954398393



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Gesehen hatten sie absolut nichts, nur das leise Zischen hatten sie gehört.

      Dem Capitán kroch die Angst in der Kehle hoch, als er einen Blick auf den Toten warf. Es schüttelte ihn in namenlosem Grauen, und er sah sich gehetzt nach allen Seiten um.

      „Feuer!“ brüllte er dann mit überkippender Stimme. „Feuer!“

      Musketen und Pistolen wurden blindlings und aufs Geratewohl abgefeuert. Blitze zuckten durch die Nacht, der Donner der Schüsse rollte wie ein Echo über die Insel.

      Die Reaktion blieb aus. Nachdem das Geknatter verklungen war, herrschte tiefe Stille. Da gab es keinen Schrei, kein Anzeichen, daß auch nur einer der Schüsse getroffen hatte.

      Sie waren wirklich wie Geister, diese Indianer. Sie tauchten unsichtbar auf und verschwanden ebenso geheimnisvoll wieder, nachdem sie ihre Pfeile abgeschossen hatten. Zu sehen waren sie nicht, geschweige denn zu fassen.

      Das zerrte an den Nerven und ließ die Spanier vor Angst fast wahnsinnig werden. Sie richteten ihr Augenmerk flehentlich auf den Capitán, doch er konnte ihnen nicht helfen, dem zitterten selbst alle Knochen, und er konnte nur mit wackligen Fingern seine Waffe nachladen.

      Teufel! Das Landeunternehmen war gescheitert. Jetzt saßen sie hoffnungslos in der Falle. Ersatztruppen gab es nicht, weil keine Schiffe mehr da waren. Niemand konnte ihnen helfen. Sie saßen fest und mußten damit rechnen, einer nach dem anderen massakriert zu werden.

      Trotz der Überlegenheit ihrer Waffen konnten sie sich nicht wehren, denn ihr Feind war und blieb unsichtbar. Er konnte neben ihnen, hinter ihnen oder vor ihnen lauern. Sie wußten es nicht. Sie vernahmen nur hin und wieder ein leises Sirren, und jedes Sirren bedeutete, daß es einen Mann weniger gab.

      Vom Südufer der Insel her erklang ein lauter gellender Schrei. Ein Krachen folgte, dann war wieder Ruhe.

      Der Teniente zuckte heftig zusammen.

      „Da müssen noch Leute von uns sein“, flüsterte er heiser.

      „Das höre ich selbst“, erwiderte der Capitán gepreßt, „aber wir können ihnen nicht helfen. Wir stecken selbst im Dreck.“

      Das Krachen konnten sie sich nicht erklären, aber es klang so, als sei da etwas zertrümmert worden.

      Fast eine Viertelstunde lang geschah nichts. Es schwirrte auch kein Pfeil heran. Vielleicht haben sich die Indianer zurückgezogen, dachte der Capitán, vielleicht geben sie jetzt auf. Oder sie befürchten, daß noch mehr Kriegsschiffe die Insel anlaufen, um alles kurz und klein zu schlagen.

      Er hatte noch eine Hoffnung, die Insel verlassen zu können. Das waren die Jollen, die am Nord- und Südufer lagen, mit denen sie übergesetzt waren. Aber bis dahin war es noch ein weiter Weg, denn augenblicklich steckten sie in einem dornigen Verhau.

      Das Warten, bis der Feind wieder angriff, zerrte an ihren Nerven. Bei jedem noch so leisen Geräusch zuckten sie entsetzt zusammen.

      Von der anderen Seite, irgendwo aus der Dunkelheit, war wieder ein Schrei zu vernehmen. Er klang heiser, brach auch gleich darauf ab.

      Samola versuchte etwas zu erkennen, doch die Dunkelheit und der Verhau ließen das nicht zu. Dem Geräusch nach zu urteilen, schien es jedoch wieder einen Mann des Landekommandos erwischt zu haben Verdammt, sie waren direkt in der Hölle gelandet, und sie wünschten sich sehnlichst den Tag herbei, um wenigstens etwas erkennen zu können.

      Nach einer weiteren Viertelstunde hielt es der Capitán nicht mehr aus. Er war nur noch ein Nervenbündel.

      „Sie nehmen jetzt ein paar Leute, Teniente“, sagte er, „und versuchen, sich zum Ostufer der Insel durchzuschlagen. Mit dem Rest der Männer versuche ich es im Süden. Dort liegen die Jollen. Wenn Sie die erreicht haben, sehen Sie zu, daß Sie so schnell wie möglich nach Guayaquil gelangen, um dem Generalkapitän zu berichten, was hier passiert ist. Ein paar von uns müssen es schaffen. Lassen Sie auch durchblicken, daß sich die Indianer auf der Insel behaupten und wir mit ein paar Mann kaum eine Chance gegen sie haben.“

      Der Teniente nickte beklommen. Bei dem Gedanken, sich zum Ostufer der Insel durchzuschlagen, wurde ihm speiübel. Ungeschoren würden sie nie dahin gelangen. Aber diese Ansicht behielt er für sich.

      „Ich werde es versuchen“, hauchte er, „obwohl das ein reines Selbstmordunternehmen wird. Wäre es nicht besser, wir würden den Sonnenaufgang abwarten?“

      „Das dauert noch mindestens fünf Stunden, und gewonnen haben wir damit auch nicht viel. In der Zeit werden diese Bastarde einen nach dem anderen umbringen.“

      Das sah der Teniente zwar ein, aber wohler war ihm keineswegs.

      „Ich werde stürmen, Capitán“, sagte er. „Wenn wir uns kriechend durch den Verhau bewegen, sehen uns die Indianer. Oder sie hören uns. Wenn wir aber mit Musketen vorwärts stürmen und auf alles feuern, was sich bewegt, sind unsere Aussichten besser. Was halten Sie davon?“

      „Handeln Sie nach eigenem Gutdünken, Teniente. Wenn Sie stürmen, brechen wir zur anderen Seite durch.“

      Der genervte Capitán rechnete sich noch eine Chance aus. So übel war die Idee seines Untergebenen gar nicht. Wenn der losstürmte, würde sich der Angriff der Chimús auf ihn konzentrieren, und dann konnte er, der Capitán, mit dem Rest seiner Männer vielleicht ungeschoren durchbrechen.

      Das ging zwar auf Kosten des Teniente, aber sein eigenes Hemd war ihm nun mal näher als die Jacke. Jeder mußte sehen, wie er am besten selbst zurechtkam.

      Die anderen Soldaten hatten gespannt zugehört. Sie wollten nur noch fort von dieser unheimlichen Insel, ihnen war jetzt alles egal, und so hatte der Teniente auch gleich einen kleinen Trupp um sich geschart.

      Musketen und Pistolen waren geladen. Auf einen Wink des Capitáns setzte sich der Trupp in Bewegung.

      Urplötzlich war die Hölle los. Die unheimliche Ruhe wurde durch das helle Peitschen von Pistolenschüssen durchbrochen. Eine Horde Männer stürmte unter lautem Gebrüll durch den Verhau und schoß um sich, was das Zeug hielt. Das hörte sich an, als würde eine Horde wilder Stiere lostrampeln und alles niederwalzen.

      Durch die Nacht stachen lange Blitze. Dumpfes Knallen war zu hören, dann wieder das helle Peitschen der Pistolen. Wieder schrie irgendwo in der Finsternis ein Mann gellend auf. Unartikulierte Worte in einer fremden Sprache waren zu hören.

      „Das war ein Indianer“, sagte Samola, „den hat’s wohl mehr durch Zufall erwischt.“

      Er sah den anderen nach, die ihre Position nur durch die Blitze aus ihren Musketen und Pistolen verrieten. Offenbar schien der Teniente damit Erfolg zu haben.

      Samola hielt den Augenblick für günstig, sich jetzt abzusetzen und zum Südufer durchzuschlagen. Dort lagen zwei Jollen, wenn er sich richtig entsann. Hatten sie die erst einmal erreicht, dann befanden sie sich so gut wie in Sicherheit, denn die Chimús würden ihnen ganz bestimmt nicht folgen.

      „Leise zum Südufer pirschen“, befahl er seinen Männern. „Kein Schuß wird abgegeben. Bewegt euch so geräuschlos, wie es nur geht.“

      Die genervten Dons setzten sich in Bewegung, froh darüber, daß der Teniente die Aufmerksamkeit der Indianer auf sich und seinen Trupp lenkte.

      Durch die Dunkelheit schlichen sie davon, kriechend, robbend oder auf allen vieren, angeführt von dem Capitán, der sich immer wieder nervös nach allen Seiten umsah und bei jedem noch so leisen Geräusch heftig zusammenzuckte.

      Etwas später hatten sie das Südufer der Insel erreicht. Von der anderen Seite der Insel waren vereinzelt Schüsse zu hören. Hin und wieder sahen sie es auch aufblitzen.

      Im schwachen Licht der Sterne versuchten sie, sich zu orientieren.

      „Dort drüben sind wir an Land gegangen“, raunte Samola. „Da müssen auch die Jollen liegen.“

      Sie brauchten eine Ewigkeit, bis sie auf eine der versteckten Jollen stießen. Aber die bestand nur noch aus Trümmern. Das waren die hallenden Geräusche gewesen, die