Seewölfe Paket 20. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 20
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954397792



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Sie werden diesen freundlichen Gruß sicher richtig verstehen.“

      „Feuert nur nicht zu tief“, bemerkte Sancho grinsend, „sonst versenkt ihr womöglich noch unsere Jolle.“

      Der Bärtige ließ das nicht auf sich sitzen.

      „Ich werde genau auf deinen Hinterkopf zielen“, versprach er Sancho, „damit dir auch dort eine Beule wächst.“

      Bald darauf drängten sich die schwerbewaffneten Piraten an Bord der Jolle und stießen das Fahrzeug von der „Caribian Queen“ ab.

      Casco hatte gerade die Anweisung gegeben, sich möglichst leise zu verhalten, um den Überraschungseffekt zu vergrößern, da begann sich in dem Küstendorf etwas zu regen.

      Spätestens nach der Bemannung der Jolle hatten die Dorfbewohner begriffen, daß kein harmloser Handelsfahrer in der Bucht vor Anker gegangen war. Warum sonst war das Boot fast bis zum Kentern mit wildaussehenden und bis an die Zähne bewaffneten Männern bemannt? Jedes andere Schiff hätte, wenn beispielsweise Trinkwasser gebraucht worden wäre, nur eine kleine Abordnung an Land geschickt.

      Die Männer, die den düsteren Zweidecker bereits eine Weile beobachteten, wußten jetzt, was die Stunde geschlagen hatte.

      Der Ruf „Piraten!“ pflanzte sich in Windeseile von Hütte zu Hütte fort. Aber was konnte man tun? Die Fischerboote ins Wasser bringen und damit fliehen – dazu war es zu spät. Das riesige Schiff würde sie mühelos zerschießen.

      So entschlossen sich die wenigen Männer des Dorfes, so gut es eben ging, Widerstand zu leisten. Rasch holten sie ihre halbverrosteten Pistolen und Musketen herbei, einige bewaffneten sich mit Holzlatten, Knüppeln und Bootsriemen. Die einzigen Waffen, über die sie alle verfügten, waren Messer.

      Einige Frauen und Mädchen rafften hastig ihre wichtigsten Habseligkeiten zusammen, um damit landeinwärts zu fliehen. Doch es war fraglich, ob die Zeit dazu noch ausreichen würde. Die Jolle der Piraten wurde mit kräftigen Riemenschlägen vorangetrieben, sie würde das Ufer bald erreichen.

      Das Gebrüll und Gejohle wurde immer lauter. Hinten in der Jolle stand ein bulliger Kerl, schwarz wie alle anderen, und reckte die Fäuste in die Luft. Dabei feuerte er seine Kerle zum schnelleren Pullen an.

      Casco amüsierte sich darüber, daß die Dorfbewohner wie aufgescheuchte Hühner reagierten. Dieses Verhalten steigerte seine Jagdlust gewaltig, und er konnte es kaum erwarten, diese „Hühnchen“ zu rupfen. Außerdem fand er es jetzt auch an der Zeit, den verabredeten „Begrüßungsschuß“ abfeuern zu lassen.

      „Ha!“ rief er. „Gleich werden wir den Hühnerstall ausmisten. Und denkt daran, Leute, wir fackeln nicht lange rum. Nur die Weiber sollten wir ein bißchen schonen, sonst verderben wir uns selber den Spaß.“ Er drehte sich um und winkte zur „Caribian Queen“ hinüber, auf der man inzwischen an der Steuerbordseite drei Stückpforten geöffnet und die schweren Culverinen ausgerannt hatte.

      Die Schnapphähne an Bord bestätigten das Zeichen. Kurz danach stach eine grelle Feuerflamme aus dem Schlund der mittleren Kanone hervor und jagte brüllend und fauchend eine schwere Eisenkugel mitten in das Fischerdorf.

      Die Kugel raste mit zerstörerischer Kraft in eine der Lehmhütten. Ein Teil des Daches und die der See zugewandte Mauer stürzten krachend zusammen. Eine Fontäne aus Dreck, Staub und Mauerteilen wurde hochgewirbelt und ergoß sich über die umliegenden Gebäude. Laute Schreie aus dem Inneren der Ruine ließen erkennen, daß sich auch Menschen darin aufgehalten hatten.

      Der Kampf war eröffnet, die gleich darauf an Land stürmenden Schnapphähne, die sich über das winzige Dorf verteilten, verwandelten sich im Handumdrehen in menschliche Bestien.

      Die ersten Musketen- und Pistolenschüsse krachten, bald darauf klirrten die Blankwaffen.

      Die Fischer, eine Handvoll älterer und jüngerer Männer, hatten sich in die Deckung ihrer bescheidenen Behausungen zurückgezogen und feuerten zunächst ihre Schußwaffen auf die heranstürmenden Piraten ab.

      Einen der Schwarzen erwischten sie sogar. Er warf die Arme hoch und fiel dann rücklings in den Ufersand. Das hinderte seine blutdürstigen Kumpane jedoch nicht daran, wie eine wildgewordene Büffelherde über ihn hinwegzutrampeln.

      Nach kurzer Kampfzeit waren die Fischer bereits gezwungen, nur noch die Blankwaffen sowie die Knüppel und Bootsriemen einzusetzen. Für ein Nachladen der wenigen Schußwaffen blieb keine Zeit.

      Eine wilde Schlacht tobte im ganzen Dorf. Die Bewohner wehrten sich verzweifelt, doch die Piraten kannten kein Pardon. Etliche Tote lagen zwischen den Hütten, einige Verwundete wälzten sich stöhnend auf der Erde. Die schrillen Angstschreie der Frauen und Mädchen übertönten zeitweilig den Kampflärm. Jene, die losgelaufen waren, um sich im nahen Dickicht zu verstecken oder weiter landeinwärts zu fliehen, wurden rasch eingeholt und zurückgetrieben. Einige Piraten fielen gleich an Ort und Stelle über sie her.

      Der ganze brutale Überfall dauerte kaum länger als eine halbe Stunde. Außer einigen Alten, die in ihren Hütten geblieben waren, überlebte kaum einer der männlichen Verteidiger des winzigen Dorfes das Massaker.

      Die Kerle, die auf der „Caribian Queen“ geblieben waren, starrten sich die Augen aus und brüllten anfeuernde Rufe über die Bucht, auch wenn diese wegen der Entfernung niemand verstehen konnte. Sie bedauerten lebhaft, daß sie nicht mitmischen konnten. Aber Casco hatte ja versprochen, sie zu holen.

      Dieses Versprechen hielt der Kreole auch, aber zunächst einmal tobte auch er sich an den wehrlosen Frauen des Dorfes aus. Danach brüllte er lautstark seine Horde zusammen, stieg auf ein kieloben im Sand liegendes Fischerboot und begann wild herumzufuchteln.

      „Alle mal herhören!“ rief er. „Das gilt auch für dich, Sancho. Laß das Weib solange in Ruhe! Es zweifelt wohl niemand daran, daß dieses Dorf in unserer Hand ist. Wer jetzt noch weiter Widerstand leistet – und das gilt auch für die Widerspenstigen unter den Weibern –, wird über die Klinge springen. Ab sofort bin ich nämlich der Bürgermeister …“

      Wildes Gejohle unterbrach ihn. Die Kerle tanzten um ihn herum und benahmen sich wie eine Schar Verrückter.

      „Hoch lebe unser Bürgermeister!“ rief Puso.

      „Hoch lebe Casco!“ fügte Silo hinzu.

      Auf das Weinen und Wimmern der Frauen und Mädchen achtete niemand. Keiner der Kerle hatte auch nur eine Spur von Mitleid.

      Jetzt ergriff Casco wieder das Wort.

      „Hört zu, Leute, die Ernennung zum Bürgermeister muß gefeiert werden, und zwar so, wie sich das gehört. Doch vorab werdet ihr die Toten wegschaffen, damit wir Platz zum Tanzen haben. Dann werden einige von euch zu unserem Schiff pullen und den Rest der Mannschaft holen. Die Jungs wollen auch ihren Spaß haben.“

      Wieder wurde der Kreole von lauten Hurrarufen unterbrochen. Er genoß sie wie ein Komödiant den Applaus.

      „Das ist noch nicht alles“, fuhr er schließlich fort. „Treibt alles Vieh zusammen, das ihr finden könnt. Anschließend werden uns die Weiber mal zeigen, was sie vom Kochen verstehen. Während wir uns in den Hütten umsehen, um das Pack etwas zu erleichtern, werden die Weiber das Viehzeug schlachten und uns in ausreichender Menge Spießbraten zubereiten. Danach kann es dann losgehen mit Musik, Tanz und Sauferei. Ha, Leute, laßt uns unsere Freiheit feiern – die Freiheit vom Joch der Black Queen!“

      Die Schnapphähne tobten wie entfesselte Naturgewalten. Selbst die Stimme Cascos ging in ihrem Beifall unter.

      Danach wurden die Anordnungen des Kreolen ausgeführt. Während einige der Kerle zur „Caribian Queen“ pullten, um die restliche Bande zu holen, begannen andere zu rauben und zu plündern. Ein paar schafften die Toten weg, indem sie sie einfach ins Wasser warfen. Wieder andere trieben das wenige Vieh der Fischer zusammen. Vorwiegend handelte es sich um Ziegen und Hühner.

      Einige alte Männer, die ohnehin wehrlos waren, schleppten die Verwundeten in ihre Behausungen, um sie notdürftig zu versorgen. Die Piraten ließen es geschehen, weil von diesen wenigen Männern