Seewölfe - Piraten der Weltmeere 267. Roy Palmer

Читать онлайн.
Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 267
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954396634



Скачать книгу

nicht so strikt sollte einhalten können, wie er sich vorgenommen hatte.

      Am späten Nachmittag dieses 16. Juni 1592 nun erreichte die „Mercure“ unter dem Kommando des Kapitäns Pierre Delamotte Marittimo, welche die am weitesten westlich liegende Insel der „Isole Egadi“ bei Sizilien war, und hier wollte Delamotte endlich den spanischen Galeerencapitan Juan de Faleiro loswerden und an Land setzen. Ebenso wollte er mit den „beiden anderen Hundesöhnen“, wie Ferris Tucker sie genannt hatte, verfahren, denn anders hatten es Marchais und Louis, die Verräter und Meuterer, nicht verdient. Sie konnten sogar noch von Glück reden, daß sie nicht an der Rah baumelten.

      In den Morgenstunden dieses Tages war das Unternehmen der drei Kerle, die „Mercure“ unter ihre Fuchtel zu zwingen, fehlgeschlagen. De Faleiro hatte zwar große Pläne gehabt, doch er hatte ein paar Kleinigkeiten, die seine Berechnungen über den Haufen werfen sollten, nicht mit ins Kalkül einbezogen – und so war er gescheitert.

      Seine Absicht war gewesen, die Seewölfe unter Ferris Tuckers Befehl als Gefangene in Barcelona der spanischen Justiz zu übergeben, denn er hatte sich wegen der Vorfälle von damals – 1577 an Bord der Galeere „Tortuga“ – rächen wollen. Fünfzehn Jahre lang hatte er seinen Haß gegen die Engländer genährt, und jetzt endlich hatte er wenigstens einige von ihnen wiedergetroffen und verfolgt. Aber aus seiner großen Vergeltungsaktion, von der er sich auch eine Rehabilitation seitens der spanischen Marine erhofft hatte, war nun doch nichts geworden.

      Ein Angriff sizilianischer Schnapphähne zur See, die es auf die Galeone „Mercure“ abgesehen hatten, war das auslösende Moment gewesen, daß sich die von de Faleiro überrumpelten und gefangengesetzten Seewölfe einschließlich Jack Finnegans und Paddy Rogers’ – die ja nun auch mit zu der Gruppe gehörten – hatten befreien können.

      Die Seewölfe hatten zusammen mit der französischen Crew den Angriff der Sizilianer abschlagen können und sich anschließend de Faleiro, Marchais und Louis vorgenommen.

      Kapitän Delamotte, ein kleiner, ungemein drahtiger und vitaler Mann, der durch sein ledriges Gesicht, die grauen Haare und die wasserhellen Augen auffiel, war wieder Herr seines Schiffes. Doch er hatte es gründlich satt, den Giftpilz de Faleiro weiterhin an Bord der „Mercure“ zu dulden. Das galt auch für Marchais und Louis, die selbst die Schuld an ihrem Schicksal trugen, denn sie hatten sich ja auf das Komplott mit de Faleiro eingelassen.

      Der Spanier hatte sie bestochen, und sie hatten keinerlei Einwand gegen diesen Versuch erhoben, wie es ihrem Naturell entsprach. Marchais war ein kleiner, dunkelhaariger Kerl von nur fünf Fuß Größe, dessen hervorstechendstes Merkmal seine Neugier war. Außerdem war er hinterhältig und stets schnell mit dem Messer zur Hand.

      Louis hatte sich an Bord der Galeone einen Namen als Faulenzer und Querulant geschaffen. Er war ein unangenehmer Zeitgenosse mit spitzem Gesicht, unruhigen Augen und magerer Statur.

      Auch diese beiden Männer, die sich mit ihrem Verrat gegen ihren Kapitän und gegen die eigene Crew gestellt hatten, sollten das Schiff verlassen und mit auf Marittimo ausgesetzt werden. Dies war eine oft geübte und gängige Methode, sich mißliebiger Mannschaftsmitglieder zu entledigen, immerhin aber noch die humanste Art, sich von ihnen zu trennen.

      Delamotte hatte das Achterdeck betreten.

      „Wir loten uns an die Insel heran!“ rief er. „Jack Finnegan geht als Lotgast auf die Galion!“

      „Wie war das?“ fragte Finnegan zurück, der zwar seinen Namen deutlich genug vernommen, von dem Rest aber nichts verstanden hatte. Rogers und er konnten nur ein paar Brocken Französisch und waren damit Ferris Tucker und den sieben anderen Männern der ehemaligen „Isabella“-Crew klar unterlegen, die seinerzeit durch Jean Ribault genügend Vokabeln dieser Sprache erlernt hatten, um wenigstens die wichtigsten Manöver zu kennen. Von der französischen Mannschaft war eigentlich nur Breton des Englischen mächtig, Delamotte hingegen bediente sich ausschließlich seiner Muttersprache.

      Ferris übersetzte Finnegan rasch, was Delamotte gesagt hatte, und so enterte der hagere Mann mit dem schmal geschnittenen Gesicht von der Back auf die Galionsplattform ab und begann, nachdem Rogers ihm rasch die Leine mit dem Senkblei nachgeworfen hatte, mit dem Ausloten und Aussingen der Wassertiefe.

      Delamotte ließ die Marssegel aufgeien, und so schob sich die „Mercure“ langsamer werdend an die Insel heran. Der Wind wehte schwach aus Norden. Das Schiff lief bald nur noch wenig Fahrt, und Finnegan bewährte sich als Lotgast so gut, daß die Gefahr, auf eine Untiefe zu laufen, nicht bestand.

      Etwa hundertfünfzig Yards vor einer Bucht im Südwesten, an der Leeseite von Marittimo also, ließ Delamotte schließlich alle Segel aufgeien und gab den Befehl, ein Beiboot auszusetzen.

      Noch während die Jolle abgefiert wurde, sagte er hart: „Holt jetzt die drei Gefangenen!“

      Sechs Mann der französischen Besatzung stiegen in das Vorschiff hinunter, öffneten das vor Ferris Tucker reparierte Schott der Vorpiek und forderten de Faleiro, Marchais und Louis auf, sich an Deck zu begeben. Sie wurden von ihren Ketten befreit und dann Pierre Delamotte vorgeführt, der inzwischen vom Achterdeck auf das Hauptdeck hinuntergestiegen war. Marchais hatte einen Blick über das Schanzkleid geworfen und die Insel bereits erblickt, und auch Louis und der Spanier konnten aus den Vorbereitungen, die an Bord der Galeone getroffen wurden, klar erkennen, was ihnen bevorstand. Sie schwiegen aber alle drei mit verkniffenen Mienen.

      Delamotte trat dicht vor sie hin und erklärte: „Eure Reise ist hier zu Ende. Wir bringen euch an Land und lassen euch auf der Insel Marittimo zurück.“

      Jetzt hob de Faleiro den Blick und funkelte den Franzosen zornig an. „Was? Du wagst es, mir diese Schmach anzutun, Delamotte? Das wirst du noch bereuen, ich schwöre es dir! Ich werde mich an dir rächen! Komm nur wieder zurück ins Mittelmeer – eines Tages erwarte ich dich mit einer Flotte und bringe deinen verfluchten Elendskahn auf! Dann landest du in einem spanischen Kerker und bist die längste Zeit zur See gefahren!“ Er steigerte sich immer mehr in seine Wut hinein und begann zu toben. „Narr!“ schrie er. „Lumpenhund! Verbrecher! Geh zum Teufel!“ Seine Stimme schraubte sich in immer höhere Tonlagen hinauf, er lief rot im Gesicht an und schüttelte die Fäuste.

      Delamotte hörte sich dies alles gelassen an, überlegte aber, ob er mit de Faleiro nicht doch anders verfahren solle. Hatte dieser Gift und Galle spukkende Kerl überhaupt soviel Rücksichtnahme und Gnade verdient? Er konnte noch froh sein, daß Delamotte ihn nicht wegen Anstiftung zur Meuterei und kurzweiliger Beschlagnahme der „Mercure“ an die Rah hängen ließ.

      Keiner hatte so recht auf Carberry geachtet, der jetzt mit einemmal wieder auf dem Hauptdeck war und mit wenigen langen Schritten auf Juan de Faleiro zuhielt. Er packte dessen Schulter, als dieser gerade vor lauter Wut japsend nach Atemluft schnappte, riß ihn zu sich herum und sagte: „So, Dampf ablassen mußt du also, du Ratte? Na, dann mal los. Hau zu! Auf was wartest du?“

      Er sagte das nicht sonderlich laut, obwohl er sonst bei den geringsten Anlässen entsetzlich zu brüllen pflegte. Ferris, Stenmark, der Kutscher und die vier anderen Männer der „Isabella“ begriffen, was dies zu bedeuten hatte. Sie stießen sich untereinander an und tauschten Blicke, die alle das gleiche ausdrückten: Keiner von ihnen hätte jetzt in de Faleiros Haut stecken mögen.

      De Faleiro aber kriegte nicht richtig mit, daß bei dem Profos die Zeichen nicht auf Sturm, sondern auf Orkan standen – er schrie weiter herum und überhäufte jetzt Carberry mit den übelsten Verwünschungen. Dann rammte er ihm auch noch die Faust gegen die Schulter – und da war es um Carberrys letzte Beherrschung geschehen.

      Er wischte de Faleiros Faust zur Seite, dann gab er ihm was aufs Maul, und zwar so blitzschnell und hart, daß der Spanier im Handumdrehen auf den Planken landete. Er gab nur noch ein schwaches Stöhnen von sich, dann war er bewußtlos. Drei Hiebe hatten genügt, um ihn ins Reich der Träume zu schikken.

      Jetzt aber begehrten auch Marchais und Louis auf.

      „Kapitän!“ rief Marchais. „Das dürfen Sie nicht zulassen! Dieser Bastard von einem Engländer will uns alle drei umbringen! Das ist Mord!“

      „Schafft