Seewölfe - Piraten der Weltmeere 231. John Roscoe Craig

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 231
Автор произведения John Roscoe Craig
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954395675



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Wenn es ihm gelang, die Schiffe der Angreifer, die sich in dieser Nacht bei ihrer Siegesfeier in der Schildkröte vollaufen ließen, in seine Gewalt zu bringen, war er der Mann der Stunde. Vielleicht wurde er dann endlich dem Unterführer Don Boscos, Pablo, gleichgestellt, dem Don Bosco blind vertraute.

      Scarface Callaghan hatte seine Truppe gut organisiert. Er hatte einzelne Abteilungen gebildet und Unterführer ernannt. Zambo Jones, der Indianermischling, und Lama, der bärtige Bukanier, sollten einen Haufen Männer anführen, die die Aufgabe hatten, die Galeone zu entern, die in der Bucht vor Anker lag.

      Das große Schiff mit den roten Segeln war Rondo Kanes Männern vorbehalten. Sie sollten gleichzeitig mit Zambo Jones angreifen und sofort aus der Bucht segeln, wenn es ihnen gelungen war, die Bordwachen zu überwältigen.

      Scarface Callaghan sah keine Schwierigkeiten. Ein Spitzel hatte ihm berichtet, daß nur wenige Männer auf den Schiffen zurückgeblieben sein konnten. Die Schildkröte barst vor Männern, und nur noch wenige sollten so nüchtern sein, daß sie ohne zu schwanken die Kneipe verlassen konnten, wenn sie sich mal erleichtern mußten.

      Trotzdem zog Callaghan es nicht einmal in Erwägung, die Schildkröte anzugreifen. Er kannte sich aus. Selbst wenn die Männer stockbesoffen waren – bei einem Kampf zählte das alles nicht mehr. Sie waren dann höchstens noch wilder als zuvor.

      Scarface hatte zu wenige Männer, um auch noch den Schwarzen Segler in der Bucht in seine Gewalt zu bringen. Er nahm sich vor, das Schiff mit den Kanonen der Galeone zu versenken.

      Alles war geplant bis ins kleinste, als das erste Floß sich im Schutze der Dunkelheit vom Strand löste und mit leisen Schlägen auf die ankernden Schiffe zugesteuert wurde. Callaghan, der sich im letzten Moment entschlossen hatte, mit auf die Galeone zu gehen, blickte zum Strand zurück. Er sah vor den Lichtern der Schildkröte ein paar dunkle Gestalten hin und her huschen und begann zu grinsen.

      Diese Dummköpfe, die er zurückgelassen hatte, damit sie die Männer in der Schildkröte daran hinderten, die Kneipe zu verlassen, wenn es Kampfgeräusche auf den Schiffen in der Bucht gab, würden alle sterben, dessen war er sicher. Aber was zählte das? Wenn die Kerle, die Don Bosco besiegt hatten, keine Schiffe mehr besaßen, waren sie geliefert. Dann konnte man beruhigt warten, bis Don Bosco mit seiner neuen Armada vor Tortuga auftauchte und mit seinen Kanonen alles zusammenschoß, was sich auf der Insel bewegte.

      Langsam trieben die Flöße in der Bucht hinaus. Callaghan warf immer wieder einen Blick zum Himmel. Er hoffte, daß die Wolkendecke nicht eher aufbrechen würde, als bis sie die Schiffe erreicht hatten. Die Wachen würden arglos sein. Wie Callaghan die zurückgebliebenen Männer einschätzte, würden sie sehnsüchtig zur Schildkröte hinüberstarren, wo ihre Kumpane zechten und sich mit den Weibern vergnügten. Wenn sie merkten, daß sich jemand ihres Schiffes bemächtigen wollte, würde es für sie zu spät sein.

      3.

      Sie standen da, als hätten sie eine Armee hinter sich, aber sie waren allein.

      Don Bosco sah wüster aus als in seinen schlimmsten Tagen, wenn er wochenlang durchgesoffen und anschließend bei einer Kaperung ein halbes Hundert Männer niedergemacht hatte. Die Narben in seinem dunklen Gesicht schienen zu glühen, und die Muskeln auf seinen Oberarmen spielten und erweckten den Eindruck, als würden die Tätowierungen darauf leben. Die langen schwarzen Haare waren verfilzt und fettig, und in seinem stoppeligen Bart schienen sich noch Tangreste festzuklammern.

      Er sah wirklich aus, als hätte er Tage unter Wasser zugebracht und ein Gelage mit Neptun persönlich abgehalten.

      Der riesige, glatzköpfige Mann neben ihm war nicht weniger schrekkenerregend. Sein Name war Nuno, und in seiner ehemaligen Funktion als Aufseher von Galeerensklaven hatte er schon so viele Schandtaten in seinem Leben begangen, daß es für eine Million Jahre Fegefeuer reichte, wenn ihn der Satan einmal zu sich holte.

      Der dritte der Männer war Pablo, dieses heimtückische, hinterhältige Exemplar der menschlichen Rasse, das den beiden anderen in nichts nachstand.

      Sie alle drei hatten fürchterliche Tage hinter sich. Nachdem es ihnen gelungen war, mit einer Schaluppe von der Schlangeninsel zu fliehen, und sie geglaubt hatten, dem Teufel noch einmal von der Schippe gesprungen zu sein, hatte sie ein Sturm in ihren Fängen gehabt, der selbst ihnen die heilige Furcht eingebleut hatte. Die haushohen Brecher hatten das Deck der Schaluppe innerhalb kürzester Zeit zu Kleinholz verarbeitet, und Don Bosco, der Herrscher von Tortuga, hatte mehr als eine Stunde an einem Tampen außenbords gehangen und bereits dem Kichern von Satans Großmutter gelauscht, bevor es Nuno gelungen war, ihn wieder an Bord zu hieven.

      Als ob die drei Kerle selbst dem Teufel zu zäh gewesen wären, hatten sie es geschafft, dem Unwetter lebend zu entrinnen. Dazu hatten sie noch Glück gehabt, genau auf Hogsty Reef zugetrieben worden zu sein. Auf dem kleinen Eiland hatte eine Ketch Zuflucht vor dem Sturm gesucht, und der Kapitän hatte noch einen Tag gelebt, bis er erfuhr, daß Don Bosco sein Schiff übernehmen würde. Der Dummkopf war damit nicht einverstanden gewesen, in Zukunft vor dem Mast zu arbeiten.

      Auf Hogsty Reef lebten ein paar Negerfamilien, die für Don Bosco arbeiteten. Sie hatten Brieftauben in Verschlägen, und Don Bosco, der ahnte, daß der Seewolf, Siri-Tong, der Wikinger und der Franzose nach ihrer Flucht sofort nach Tortuga gesegelt waren, um seine Macht ein für allemal zu brechen, hatte sofort ein paar Tauben mit der Nachricht losgelassen, daß er eine Flotte sammeln würde, um die Schlangeninsel endgültig in seinen Besitz zu bringen.

      Das mit der Flotte sammeln war nicht so einfach, wie Don Bosco es sich gedacht hatte. Sein Name schien in den letzten Wochen ziemlich gelitten zu haben. Es war unheimlich, wie schnell sich Nachrichten in dieser von so wenigen Menschen bewohnten Inselwelt verbreiteten, aber jeder schien schon zu wissen, daß es mit Don Bosco aus war.

      Don Bosco, Nuno und Pablo sahen sich zwei Dutzend verwegenen Gestalten gegenüber, von denen auch nicht einer einen Funken von Furcht oder Respekt zeigte, wie es Don Bosco von jedem Mann, der ihm gegenüber stand, erwartete.

      Vor den anderen hatte sich ein Kerl aufgebaut, der einen schwarzen Turban trug. Sein dunkles Gesicht wurde von einer mächtigen Habichtsnase geprägt. Er war mehr als sechs Fuß groß, und auch der schwarze Umhang, der seinen ganzen Körper einhüllte, konnte die Kraft, die in dem Mann steckte, nicht verbergen. Um die Hüfte hatte er einen dünnen Ledergurt gebunden, an dem ein Krummdolch in einer Lederscheide steckte. Ansonsten schien er unbewaffnet.

      Dafür waren die Männer hinter ihm um so mehr mit allen möglichen Waffen ausgerüstet. Viele von ihnen hielten Pistolen in den Händen, und die Mündungen waren unmißverständlich auf Don Bosco und seine beiden Vasallen gerichtet.

      Don Boscos Gesicht verzerrte sich vor Wut.

      „Ihr verfluchten Hurensöhne!“ preßte er hervor. „Glaubt ihr, daß ihr uns davon jagen könnt, ohne daß ihr dafür mit eurem Leben zahlen müßtet? Ihr solltet mich besser kennen. Die Caicos sind mein Revier und werden es bleiben. Jeder, der meint, sich in ein gemachtes Bett legen zu können, wird sein blaues Wunder erleben!“

      „Du bist ein Nichts, Ungläubiger!“ erwiderte der Mann mit dem schwarzen Turban. „Dein Name erschreckt nicht einmal mehr unsere Kinder.“ Er wies mit der linken Hand in die Bucht, in der Don Boscos Ketch neben einer dreimastigen Galeone vor Anker gegangen war. „Sieh dir deine Nußschale an, Camorristo, dann weißt du, was du bist. Ich würde dich oder einen deiner beiden Kumpane nicht mal gegen einen meiner Männer tauschen.“

      Don Bosco begann zu grinsen wie ein Teufel.

      „Schau mal genau hin, du maurischer Esel“, sagte er triumphierend. „Meinst du, deine eigene Bordwache hat die Kanonen deiner Galeone auf euch gerichtet?“

      Der Blick des dunklen Mannes zuckte zur Galeone hinüber und wurde blaß, als die schwarzen Augen die Bewegungen wahrnahmen. Die Stückpforten der Galeone klappten eine nach der anderen hoch, und immer mehr Kanonenrohre schoben sich durch die Öffnungen.

      In die Männer hinter dem Schwarzgekleideten geriet Unruhe. Die meisten Pistolenläufe hatten sich gesenkt. Auf den Gesichtern