Seewölfe - Piraten der Weltmeere 567. Burt Frederick

Читать онлайн.
Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 567
Автор произведения Burt Frederick
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954399741



Скачать книгу

sagen?“

      „Sie haben nichts dagegen einzuwenden. Ich habe schon mit ihnen gesprochen.“

      „Was?“ Er sah sie ungläubig an.

      „Ja, es ist wahr. Gerade heute habe ich mit ihnen gesprochen. Sie sind verständnisvolle Menschen, das weißt du. Andere in unserem Alter, so sagen sie, sind längst verheiratet. Einer jungen Frau trägt es einen schlechten Ruf ein, wenn sie mit zwanzig Jahren immer noch nicht verheiratet ist. Wie ich.“

      „Larisa, jetzt wirst du ungerecht. In unserem Fall verhält sich alles etwas anders. Ich habe mir vorgenommen, die Schreckensherrschaft Hatip Bayindirs zu bekämpfen und zu brechen, damit alle Griechen auf Lesbos nicht länger von den Türken geknechtet werden. Für ein solches Ziel muß man Opfer bringen, das mußt du doch einsehen.“

      Sie hauchte ihm einen Kuß auf die Lippen. „Meistens sehe ich es auch ein, das weißt du. Aber manchmal fällt es mir eben sehr schwer. So wie heute. Es liegt wohl an dieser Angst …“

      Er legte ihr den Zeigefinger auf die Lippen.

      „Kein Wort mehr“, befahl er mit gespielter Strenge. „Wir drehen uns sonst im Kreis.“ Er küßte sie, und sie sträubte sich nicht.

      Er wußte, daß sie im Grunde einer Meinung waren. Ihr sehnlichster Wunsch war auch der seine. Aber Larisa war sich auch darüber im klaren, daß sie seine Argumente nicht mit einer Handbewegung vom Tisch fegen konnte.

      Nach einer kurzen Weile verabschiedete sie sich, wie es stets sein mußte, wenn sie sich an dem geheimen Platz in der Bucht trafen. Stavros führte Larisa zum Strand, wo die vier Männer beim Boot warteten.

      Sie brachten es zu Wasser und nahmen ihre Plätze auf den Duchten ein. Stavros half Larisa auf die Achterducht. Sie übernahm die Ruderpinne, wie sie das gewohnt war.

      Stavros Kyriaki blieb am Strand stehen und blickte dem Boot nach, bis es hinter der nordöstlichen Landzunge verschwand und auf Ostkurs ging. Für Larisa war der Weg zu Wasser einfacher. Der Bauernhof ihrer Eltern befand sich landeinwärts von der übernächsten Bucht.

      Die Küstenregion war bergig. Es hätte einen mühevollen und langwierigen Umweg für Larisa bedeutet, zu Lande den Treffpunkt zu erreichen. Denn es war ein geeigneter Ort, weil Bayindirs Schergen aus Mithimna diese unwegsame Region noch nicht unter Kontrolle hatten.

      Stavros ging zu seinem Pferd und schwang sich in den Sattel. Obwohl die Gefahr seiner Meinung nach geringer war, als Larisa befürchtete, hatte er die Hufe des Braunen mit Lappen umwickelt.

      „Ein Irrlicht“, sagte Old Donegal Daniel O’Flynn überzeugt. „In diesen Breiten rührt es daher, daß der Gehörnte versucht, die Seefahrer auf einen falschen Kurs zu locken. Obwohl sie diese Irrlichter kennen, findet er immer wieder seine Opfer. Ihre Schiffe zerschellen dann an Klippen oder geraten auf Untiefen.“

      Ben Brighton, Erster Offizier in der Crew des Seewolfs, hörte grinsend zu. Er hatte den Dienst auf dem Achterdeck der Dubas von Hasard übernommen. Der russische Zweimaster segelte unter Vollzeug. Vor handigem Wind aus westlichen Richtungen lief das aus Eiche gebaute Schiff prächtige Fahrt über Backbordbug. Kurs Südost.

      In den frühen Morgenstunden des nächsten Novembertages Anno 1597 würden sie die Insel Lesbos erreichen. Das hatte Dan O’Flynn in seiner Funktion als Navigator ermittelt. Grundlage waren Seekarten, die sie in Istanbul aufgestöbert hatten. Sie wußten daher auch, daß Lesbos zu den ostägäischen Inseln gehörte, die die Türken besetzt hielten.

      Pete Ballie stand schweigend am Ruder. Im blassen Mondlicht wirkte er wie ein unerschütterliches Standbild.

      Old Donegal war vor einer guten Stunde auf dem Achterdeck erschienen, hatte gesagt, daß er wieder mal nicht schlafen könne, und Ben Brighton hatte es nicht fertiggebracht, ihn einfach wegzuschicken.

      So hörte er geduldig den gespenstischen Erläuterungen des Alten zu und gab gelegentlich eine Antwort, während Pete lediglich unbeteiligter Zuhörer zu sein brauchte.

      Dieses Licht beobachteten sie nun schon seit geraumer Zeit. Es veränderte seine Position nicht.

      „Der Gehörnte kann vermutlich nicht dahinterstecken“, sagte Ben Brighton.

      „Warum nicht?“ Old Donegal sah ihn von der Seite an.

      „Weil das Licht sowieso auf unserem Kurs liegt. Stimmt’s, Pete? Oder hast du den Kurs in der letzten halben Stunde geändert?“

      „Unsere Hecksee ist so schnurgerade“, entgegnete Pete Ballie, „daß ein Zyklop sie glatt als Lineal verwenden könnte.“

      „Die gibt’s hier nicht“, sagte Old Donegal prompt.

      „Und ob!“ trumpfte Pete grinsend auf. „So, wie’s deinen Gehörnten hier gibt, gibt’s auch die einäugigen Riesenkerle.“

      „Zyklopen sind Griechen“, entgegnete der alte O’Flynn beharrlich. „In den türkischen Herrschaftsbereich wagen die sich nicht vor.“

      „Erstens lenkst du vom Thema ab“, sagte Ben Brighton lächelnd. „Und zweitens kann deine Begründung nicht ganz stimmen. Auf Lesbos und den anderen Inseln sollen nämlich auch Griechen leben – wenn auch von den Türken unterdrückt.“

      „Hm, ja“, sagte Old Donegal verdrossen und kratzte sich am Hinterkopf. „Vielleicht gilt das eher für die türkischen Küstengewässer, was ich meinte.“

      „Dein Höllenfürst hat uns jedenfalls nicht vom Kurs abgelenkt“, sagte Ben. „Und dein angebliches Irrlicht liegt immer noch auf derselben Position.“

      Was höchst selten der Fall war, geschah in diesem Moment. Old O’Flynn wurde still und nachdenklich.

      Ben Brighton und Pete Ballie wechselten einen Blick und grinsten. Sie hatten es tatsächlich zustande gebracht, das „Fachgespräch“ mit Old Donegal zum Erliegen zu bringen. Und das, obwohl das „Irrlicht“ immer noch vorhanden war. Aber vielleicht war auch gerade diese Tatsache der Grund für Old Donegals anhaltendes Schweigen.

      Nur das Singen des Windes im laufenden und stehenden Gut war zu hören, dazu die anderen Geräusche, an die sich die Arwenacks nun schon längst gewöhnt hatten: das leise Ächzen des Schiffskörpers in seinen Verbänden, das Knarren von bestimmten Teilen der Takelage und das Rauschen des Rumpfes, wie er durch die Fluten schnitt.

      Zusammen mit dem Windgesang war es eine Geräuschkulisse, die den Männern an Bord in Fleisch und Blut übergegangen war, seit sie den Zweimaster aus russischer Eiche im Schwarzen Meer „übernommen“ hatten.

      Unvermittelt – zehn Minuten oder eine Viertelstunde mochten in Schweigen vergangen sein – mischten sich andere Geräusche in die vertraute Kulisse.

      Anfangs war es nur wie ein leises Pochen – anhaltend, mehrstimmig.

      „Da trampelt eine ganze Teufelscrew mit den Pferdefüßen“, flüsterte Pete Ballie. „Bestimmt versuchen sie, das Irrlicht von der Stelle zu bewegen, und sie schaffen es nicht.“

      Old Donegal knurrte unwillig. Auch wenn diese Burschen es manchmal nicht glaubten, er kriegte noch immer mit, wann sie ihn auf den Arm nahmen und wann nicht.

      Wie auch immer, seine Theorie vom teuflischen Irrlicht ließ sich nicht aufrechterhalten. Was der feixende Pete Ballie als Pferdefußgetrampel darstellte, hörte sich mehr und mehr nach höchst menschlichen Arbeitsgeräuschen an.

      Hämmern.

      Auch das Bild des Lichtscheins veränderte sich jetzt. War es eben noch ein heller runder Fleck in beträchtlicher Entfernung gewesen, so zerfaserte es jetzt in einzelne Punkte, die jedoch nahe beieinanderlagen.

      Laternen. Mehr als ein Dutzend.

      Ben Brighton hatte sein Spektiv geholt. Er zog es auseinander und richtete es auf jene Helligkeit, die sich dort aus der monddurchtränkten Dunkelheit schälte. Das Bild, das durch das Okular erkennbar wurde, war trübe. Ben konnte jedoch Einzelheiten deutlicher erkennen als mit bloßem Auge.

      Ein