Seewölfe - Piraten der Weltmeere 555. Fred McMason

Читать онлайн.
Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 555
Автор произведения Fred McMason
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954399628



Скачать книгу

von ihm ab, denn er hatte keine Lust, sich jetzt mit dem Profos über naserümpfende Papageien zu streiten. Das war sowieso nur Stuß, was der Profos da redete, und nach einer Weile würden sie sich gegenseitig nur anstänkern. Das kannte man ja.

      Der Ritt ging weiter, die Landschaft veränderte sich nicht. Ein paar Arwenacks gingen neben ihren Tragtieren her, wenn ihnen das Reiten nicht mehr paßte. Von Reiten konnte ohnehin keine Rede sein. Es war mehr ein Schwanken und Rollen oder ein Stoßen und Stampfen, wenn die Mulis ausnahmsweise mal etwas schneller trotteten.

      Kotzübel könne einem bei diesem „Seegang“ werden, sagte der Profos.

      Gegen Mittag wurde die erste Rast eingelegt. Die Sonne stand jetzt senkrecht über ihnen. Es war fast unangenehm warm, aber hier in den Bergen herrschten starke Temperaturschwankungen. Selbst wenn der Tag noch so heiß war, konnte es in der Nacht eisigkalt werden.

      Alle Arwenacks waren froh, wieder die verkrampften Glieder strecken zu können.

      Um sie herum war eine himmlische Ruhe. Weit und breit war keine Ansiedlung zu sehen. Nichts deutete auf die Nähe von Menschen hin.

      „Heute gibt es kalte Verpflegung“, sagte Hasard, nachdem er abgesessen war und sich gereckt hatte. „So werden wir es auch halten, solange es noch einigermaßen warm ist. Erst in größeren Höhen gibt es jeden Tag eine warme Mahlzeit. Dann dehnen wir dementsprechend die Pausen auch etwas länger aus.“

      Damit war jeder einverstanden. Sie halfen auch alle kräftig beim Auspacken und Zubereiten mit und überließen es nicht allein dem Kutscher und Mac. Dabei ging zuviel Zeit verloren.

      „Eine recht trostlose Bergwelt, die immer langweiliger sein wird“, sagte Ben Brighton nach einem Rundblick. „Ich bin mal gespannt, wie lange wir brauchen, bis wir das sagenhafte Meer erreicht haben.“

      „Es wird noch trostloser und langweiliger werden“, sagte Don Juan, der mit der rechten Hand nach Norden deutete. „Dort, im schwachen Dunst, kann man undeutlich und schemenhaft Berge erkennen. Wenn mich nicht alles täuscht, sind sie schneebedeckt. In diese Richtung müssen wir doch vordringen, oder?“

      Hasard nickte bedächtig.

      „Ja, da müssen wir höchstwahrscheinlich hinüber. Vielleicht gibt es auch eine Senke oder Schluchten, die wir durchqueren können. Der Gedanke, in diese Höhen zu steigen, ergötzt mich nicht gerade. Aber wir werden unseren Weg schon finden.“

      „Der ja vom Schicksal vorgezeichnet ist“, meinte Don Juan mit einem schmalen Lächeln. Damit spielte er auf die Karten an, die die Zwillinge auf den Seychellen gefunden hatten und auf Jung Hasards Traum, daß ihr Weg vom Schicksal vorgezeichnet sei.

      „So soll es wohl sein“, erwiderte Ben.

      Es gab getrocknetes Fladenbrot, dazu ein paar Oliven, Tomaten, kaltes Fleisch und Tigrislachs, den der Kutscher noch an Bord vorgeräuchert hatte. Zum Abschluß erhielt jeder ein paar Datteln, Melonenscheiben und Granatäpfel.

      Mit der sonst üblichen Bordverpflegung war das natürlich nicht zu vergleichen, aber sie hatten auch kein Schiff mehr und besaßen nur noch die Sachen, die sie vom Wrack der „Santa Barbara“ im Tigris abgeborgen hatten.

      „Kalte Verpflegung ist immerhin besser als gar nichts“, sagte Gary Andrews. „Außerdem haben wir uns ja noch in Erzurum kräftig die Bäuche vollgeschlagen.“

      Die anderen Arwenacks nickten zustimmend. Es machte ihnen ebenfalls nichts aus, wie sie versicherten.

      Um die Tragtiere brauchten sie sich nicht zu sorgen. Die hatten sich im Umkreis verstreut und versorgten sich selbst mit dem Grünzeug, das sie hier überall fanden.

      „Nach dem Essen reiten wir weiter“, sagte Hasard. „Etwa eine Stunde vor Anbruch der Dunkelheit rasten wir erneut und schlagen unsere Zelte auf. Wenn wir das ein paar Tage lang getan haben, sind wir ein gutes Stück weitergelangt und unserem Ziel wieder näher.“

      „Wo wird das Ziel sein?“ fragte Ben. „Ich rätsele schon lange daran herum.“

      Die Handbewegung des Seewolfs war etwas vage.

      „Irgendwo im Osmanischen Reich muß sich das Meer befinden. Mehr weiß ich leider auch nicht. Ich habe keine rechte Vorstellung von diesem Ziel, aber ich bin überzeugt, daß wir den Weg in dieses geheimnisvolle Meer finden werden. Im Osmanischen Reich befinden wir uns ja schon.“

      Mehr wußten die anderen auch nicht. Sie sprachen zwar immer wieder darüber, aber genaue Anhaltspunkte gab es nicht. So oder so – sie mußten sich überraschen lassen, was es mit der geheimnisvollen Route auf sich hatte.

      Das Essen war beendet, die Lasttiere wurden wieder bepackt. Der bis jetzt noch unbeschwerliche Törn ging weiter.

      Vor ihnen lag eine Ebene, die in sanften Windungen unmerklich anstieg und in eine Hügelregion führte. Einen angelegten Weg gab es nicht, nur eine kurze Grasnarbe, die hin und wieder mit kleinem Geröll durchsetzt war. An die zwölf Männer konnten bequem nebeneinander herreiten.

      Am späten Nachmittag, die Sonne stand schräg über einem weit entfernten Bergkamm, entdeckte Dan O’Flynn mit seinen scharfen Augen etwas in der Ferne.

      „Dort scheint sich ein Dorf zu befinden“, sagte er. „Ich kann winzige Türme und Mauerreste erkennen. Vermutlich ein Dorf von türkischen Bergbauern.“

      „Nicht schlecht“, sagte Hasard, der die Augen zusammenkniff und nun ebenfalls die kleinen Türme erkannte. „Vielleicht können wir in dem Dorf übernachten.“

      Sie ritten weiter, etwas schneller jetzt, um das Dorf noch vor Sonnenuntergang zu erreichen.

      Aber seltsamerweise zeigte sich kein Mensch in dem Ort. Auch Vieh war weit und breit nicht zu sehen.

      Die Gesichter wurden länger. Der Profos kratzte sich mit dem Handballen über die Bartstoppeln.

      „Sieht verlassen aus“, sagte er enttäuscht. „Und dabei hatte ich mich schon auf einen guten Schluck und ein gemütliches Rasthaus eingerichtet. Aber man soll ja eben die Kneipe nicht vor Erreichen des Ortes loben.“

      „Dieser Ort scheint mir recht armselig und verlassen zu sein“, sagte Hasard in die lastende Stille. „Es ist wohl mehr eine uralte Ruine als ein bewohnter Ort. Alles wirkt verfallen, als seien die Bewohner schon vor Jahrhunderten ausgezogen.“

      Aus der Nähe sah das alles ganz anders aus, als es sich von weitem dargestellt hatte. Die Häuser, die an einen steinernen Hang gebaut waren, bestanden nur noch aus verfallenen Grundmauern, an denen der Zahn der Zeit genagt und geschliffen hatte. Kein einziges Haus stand mehr, keines trug auch nur noch Reste eines Daches.

      Lediglich ein paar der eigenartig geformten Türme waren noch gut erhalten. Sie trugen auch noch Dächer. Diese Türme waren Rundbauten von etwa vier Yards Höhe und acht Yards im Durchmesser.

      Der Trupp hielt an. Die Männer stiegen von den Reit- und Lasttieren.

      Hasard und Don Juan sahen sich die Türme an. Insgesamt gab es vier davon, die der Verwitterung getrotzt hatten.

      „Sie sehen seltsam abweisend aus“, meinte der Seewolf. „Dort, wo einstmals Fenster waren, hat man alles zugemauert. Nur ein kleiner schmaler Eingang ist geblieben.“

      In dem schmalen Eingang lag eine dünne Sandschicht. Keine Spur wies daraufhin, daß jemand diese kleinen Türme unlängst betreten hatte. Sie wirkten tatsächlich abweisend, kalt, nüchtern und in ihrer schiefergrauen Farbe fast abschreckend.

      „Das könnten Vorratsräume gewesen sein“, sagte Ferris Tucker. „Ähnliche Türmchen haben wir in Ägypten gesehen. Dort haben die Fellachen ihre Vorräte eingelagert.“

      „Das ist möglich“, sagte Hasard. Er zog unbehaglich das Genick ein, denn jetzt wehte ein kühler Wind durch die Ebene, der an den Randhügeln losen Sand aufwirbelte und in die Höhe trug. Die Sonne war nur noch als halbe Scheibe hinter den westlichen Bergen zu sehen. Es wurde mit jeder Minute kühler.

      „Zumindest können wir darin übernachten“,