Liebeschaos: Süß wie Cherry Cola. Ute Jäckle

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Название Liebeschaos: Süß wie Cherry Cola
Автор произведения Ute Jäckle
Жанр Языкознание
Серия Liebeschaos
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783903130517



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finden schon einen Platz.« Ben marschierte mit großen Schritten voran. Er bekam immer recht schnell die Krise, wenn wir Mädels uns nicht rasch genug für etwas entscheiden konnten. Aber manche Dinge mussten eben ausdiskutiert werden.

      Seufzend folgten wir ihm. Was blieb uns auch anderes übrig? Ich wollte mich endlich auf mein Handtuch legen und entspannen. Heute war mein erster freier Tag seit über einer Woche. Obwohl ich nichts auf der Welt lieber tat, als Medizin zu studieren, schlauchte mich das Pflegepraktikum gerade ein wenig, das ein Pflichtteil meines Grundstudiums war. Vor allem die ständig wechselnden Dienstzeiten hatten es in sich. Bei herrlichen dreißig Grad und strahlendem Sonnenschein mit meinen Freunden ein Weilchen am See abzuhängen und meine Bräune aufzufrischen, war der pure Luxus.

      »Na, sieh mal einer an«, hörte ich eine dunkle Stimme von irgendwoher neben mir. »Wenn das nicht die notorisch schlecht gelaunte Aida ist.«

      Als mein Name fiel, sah ich mich suchend um und in der Tat war meine gute Stimmung schlagartig hinüber. Das durfte doch nicht wahr sein. Ausgerechnet dieser ätzende Typ. Was machte der denn hier? Nick lag ein Stückweit entfernt seitlich auf seinem Handtuch und winkte mir grinsend. Zwei Typen leisteten ihm Gesellschaft, die mich interessiert begutachteten. Jeder von ihnen hielt eine Bierflasche in der Hand.

      »Schlecht gelaunt bin ich nur in deiner Nähe«, konterte ich innerlich kochend. Der Kerl war mein Kommilitone – und besaß die Fähigkeit, mich binnen Sekunden in Rage zu versetzen.

      »Was machst du bei diesem Wahnsinnswetter eigentlich draußen?«, fragte Nick. »Chillen permanent übellaunige Gestalten wie du nicht lieber in dunklen Gewölbekellern oder auf irgendwelchen Friedhöfen?«

      »Auf dem Friedhof werde ich erst chillen, wenn ich auf deinem Grab tanze.«

      Seine bescheuerten Kumpels brachen in Gelächter aus und sogar er stimmte mit ein. Hach, wie lustig die drei das fanden.

      Seit dem ersten Semester trug ich meine ganz persönliche Fehde mit Nick Brockmann aus. Dabei war es mir egal, dass neunundneunzig Prozent meiner Kommilitoninnen ihn für einen absoluten Traumprinzen hielten. Eigentlich war ich so ziemlich die Einzige, die sich nicht von seinem perfekten Aussehen einlullen ließ. Er war ein dermaßen übler Egoist, dass mir schon fast schlecht wurde. Im ersten Semester hatte er sich aus einer von uns Neulingen gegründeten Lerngruppe schon nach dem ersten Treffen wieder verabschiedet, weil wir ihm lerntechnisch zu langsam gewesen wären. Die gemeinsam erarbeiteten Lösungen zum Begleitskript hatte er aber dann doch haben wollen und Marga aus unserer Gruppe bezirzt, sie ihm zu kopieren. Im zweiten Semester hatte er vor allen Leuten in der Mensa herausposaunt, mein frisch gestochenes Tattoo im Dekolleté – ein chinesisches Schriftzeichen – würde übersetzt Ente süßsauer bedeuten. Das war schlichtweg gelogen, wie er sehr wohl gewusst hatte. Aber die grölende Menge um uns herum hatte die Wahrheit natürlich nicht mehr interessiert. Im dritten Semester hatte ich das große Pech, ihm als Labortpartnerin zugeteilt worden zu sein. Ich hatte mich von ihm als sterbenslangweilige Labormaus titulieren lassen müssen, weil ich keine Lust darauf gehabt hatte, mit ihm Körperflüssigkeiten auszutauschen, damit wir sie hinterher unter dem Mikroskop untersuchen konnten. Ja, klar. Im Dienste der Wissenschaft verstand sich selbstredend. Im vierten Semester hatte er mir das Thema einer Facharbeit vor der Nase weggeschnappt, auf die ich mich schon wochenlang vorbereitet hatte. Einfach nur, weil er der Professorin erzählt hatte, er würde das gern machen. Angeblich hatte er von meinen Ambitionen diesbezüglich nichts geahnt. Er vielleicht nicht, aber die bestimmt schon in den Wechseljahren steckende Professorin hatte davon gewusst und ihn gnadenlos vorgezogen. Und ich wollte nicht wissen, was er ihr im Gegenzug für diesen dreckigen Deal geboten hatte. Im fünften Semester hatte er mich gefragt, ob ich zugenommen hätte, weil mein Rock hinten angeblich gerissen wäre. Es war ein Schlitz im Stoff gewesen, da war nichts gerissen gewesen. Der Fiesling hatte mir lediglich mitteilen wollen, dass er mich für fett hielt. Da war ich mir zu hundert Prozent sicher. Die Krönung allerdings war im aktuellen Semester gekommen. Dieser Mistkerl war doch tatsächlich derselben Station für das Pflegepraktikum zugeteilt worden wie ich, sodass wir uns nun zwei Monate lang, ohne jegliche Ausweichmöglichkeit, auf demselben engen Raum aufhielten. Und jetzt verfolgte der Arsch mich sogar in meiner Freizeit.

      »Jetzt werd mal nicht gleich sauer, Muffelchen«, sagte er betont milde.

      »Nenn mich nicht immer Muffelchen«, knurrte ich. Dieses Wort war seine Lieblingsbeleidigung für mich, weil er mich für eine notorisch mürrische Person hielt, wie er mir mal erklärt hatte. Dabei galt meine Antipathie ausschließlich ihm! Aber diesen kleinen Unterschied wollte Nick natürlich nicht wahrhaben.

      »Was hast du eigentlich gegen mich?« Er war sich allen Ernstes keiner Schuld bewusst. Nicht einer einzigen. Einfach unglaublich.

      »Du bist ein aufgeblasener Wicht, der sich für den Mittelpunkt des Universums hält?«, half ich ihm auf die Sprünge, ließ es aber wie eine Frage klingen. Sollte er ruhig ein wenig darüber nachdenken. Nick wusste genau, was ich von ihm hielt. Und die miese Nummer mit der Facharbeit würde ich ihm sowieso niemals verzeihen. Dank ihm hatte ich mir kurzfristig ein anderes Thema suchen müssen, für das ich am Ende eine zwei als Note kassiert hatte, die meinen Einser-Schnitt kaputt machte.

      Mit einer Hand strich er sich die hellbraunen Haare zurück, die ihm sofort wieder in die Stirn fielen. Er war so ein gottverdammter Poser.

      Drei blonde Bikini-Schönheiten schlenderten mit wackelnden Hüften an uns vorbei und lächelten die Kerle an. Sofort verlor Nick das Interesse an mir und grinste breit zurück. Das war so typisch für ihn. Zum wiederholten Mal fragte ich mich, wie ein Mensch so oberflächlich sein konnte und mit genau dieser Masche mehr Frauen anzog als Channing Tatum. Nick sonnte sich in der Aufmerksamkeit der gertenschlanken Grazien. Höchste Zeit für mich, das Feld zu räumen. Ich sah mich um. Huch, meine Freunde standen nicht mehr neben mir. Schließlich entdeckte ich sie in der Nähe der Büsche liegend. Vor lauter Rage wegen Nick hatte ich nicht mal bemerkt, dass sie schon weitergeschlendert waren. Ohne Abschiedsgruß setzte ich mich in Bewegung, sollte sich Nick doch von diesen blonden Hohlköpfen anhimmeln lassen, für mehr reichte es bei ihm sowieso nicht.

      »Hey.« Ich ließ meine Badetasche neben Pia ins Gras fallen, bevor ich mein Handtuch hervorholte und es ausbreitete. Rasch streifte ich mir noch mein mohnblütenrotes Sommerkleid über den Kopf, bevor ich mich in meinem schwarzen Badeanzug, den ich darunter trug, darauflegte. Auch Luca und Ben dösten vor sich hin.

      Pia öffnete träge ein Auge. »Wer war der heiße Typ?«

      Das durfte doch nicht wahr sein. Was fanden alle an diesem Kerl?

      »Nick.« Mehr gab es nicht zu erläutern. Immerhin kannte sie sämtliche Storys über Nicks Gemeinheiten und ich informierte sie auch regelmäßig über seine dummen Sprüche, mit denen er mich in der Öffentlichkeit liebend gern und mit voller Absicht blamierte.

      Sie stützte sich auf den Ellenbogen ab. »Der Nick?«

      »Ja, genau der Idiot.«

      »Du hast mir nie gesagt, dass er so gut aussieht.«

      »Nur äußerlich, in seinem Inneren ist er hässlich wie die Nacht.« Interessierte sich denn heutzutage niemand mehr für den Charakter eines Menschen?

      Glücklicherweise beendete Pias klingelndes Smartphone jeglichen weiteren Austausch über diesen Angeber. Ich wollte einfach nur vergessen, dass der Kerl existierte. Schlimm genug, seinen Sprüchen morgen wieder auf der Krankenstation schutzlos ausgeliefert zu sein. Auch dort hatte er in Nullkommanichts sämtliche Frauen um den Finger gewickelt. Sogar die Oberärztin war hellauf begeistert von ihm und ich hatte keinen blassen Schimmer, weshalb.

      »Hey, Chad. Wo bleibst du?«, fragte Pia neben mir in ihr Handy. Am Telefon war ihr Freund, ein amerikanischer Austauschstudent, der irgendwann in den nächsten Wochen zurück in die Staaten reiste, was meine arme Mitbewohnerin schwer belastete. Die beiden telefonierten ein paar Minuten miteinander. Meine Pia tat mir so leid.

      »Du solltest heute in deiner Bude übernachten«, sagte sie in ihr Smartphone. »Mir reicht es langsam.«

      Ich horchte auf. Schon wieder hatten die beiden Knatsch. In letzter