Kleine Geschichte des schlechten Benehmens in der Kirche. Guido Fuchs

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Название Kleine Geschichte des schlechten Benehmens in der Kirche
Автор произведения Guido Fuchs
Жанр Документальная литература
Серия Liturgie und Alltag
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783791762036



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das „Es-sich-bequem-Machen“ ein Übel: „Andere, und zwar viele, fangen, sobald die Predigt beginnt, alsbald zu schlafen an, und schlafen fort noch lange während des übrigen Gottesdienstes. Ich sah diese Ungeheuer an, und erblickte sie selbst während der heiligen Wandlung schlafend, es stund keiner mehr auf, sich mit dem Kreuze zu bezeichnen, sondern sie blieben sitzen, wie Mehlsäcke an die Wand gelehnt.“

      Ein probates Mittel gegen das Lümmeln schien dem preußischen Soldatenkönig Friedrich Wilhelm im 18. Jahrhundert das Entfernen der Lehnen an den Bänken der Garnisonskirchen zu sein; während der langen Predigten sollten seine Soldaten, die an den Gottesdiensten teilnehmen mussten, nicht die Möglichkeit haben, es sich bequem zu machen …

       Knien, Kniebeugen, Knicksen

      Wie das saloppe Sitzen, vor allem aber das Sitzenbleiben während der Wandlung als Ausdruck der Ehrfurchtslosigkeit gilt, so auch das Unterlassen der Kniebeugen – sei es beim Betreten der (katholischen) Kirche, sei es vor dem Allerheiligsten bzw. bei der Wandlung. Dass sich innerhalb der Grußriten beim Betreten der Kirche manches geändert hat, wurde bereits beschrieben. Das vielfache Unterlassen der Kniebeuge gehört ebenso dazu, wobei heute der Umstand mit zu berücksichtigen ist, dass das Allerheiligste bzw. der Tabernakel sich unter Umständen nicht im Altarraum befindet, sondern in einem Nebenraum, so dass keine Kniebeuge gemacht werden muss. Nach Romano Guardinis genanntem Buch „Von heiligen Zeichen“ soll die Kniebeuge tief, langsam und mit ganzem Herzen geschehen, um Ausdruck der Demut zu sein. Von daher ist nicht nur das Unterlassen der Kniebeuge, sondern auch ihre schludrige und hingerutschte Andeutung ein Ausdruck der oberflächlichen Einstellung. Letztlich geht es ja auch um eine Begrüßung des Herrn.

      Ein gerade nur angedeuteter Knicks kann auf körperliche Schwierigkeiten zurückgehen, manchmal ist dies aber nur eine schnelle Ausrede. Dem hl. Vinzenz von Paul wird nachgesagt, dass er bis ins hohe Alter bemüht war, die Kniebeuge trotz seines Beinleidens korrekt und ehrfürchtig zu machen. Er hielt auch seine Mitbrüder dazu an. Und die zahlreichen „großen Metanien“ (Kniebeuge mit zwei Knien, Oberkörper nach vorn strecken und Berühren des Bodens mit der Stirn) während der Fastenzeit im byzantinischen Ritus sieht man auch viele alte Menschen vollziehen.

       Reverenz

      Hinsichtlich des Kniens zur Konsekration (Wandlung) in der Messe gibt die schon zitierte Einführung in das Messbuch den Hinweis: „Wenn die Platzverhältnisse oder eine große Teilnehmerzahl oder andere vernünftige Gründe nicht daran hindern, soll man zur Konsekration knien“ (AEM 21). Viele Gläubige bleiben aber auch bewusst stehen, nicht nur weil das die alte Gebetshaltung der Gläubigen ist, sondern weil es ja auch im Hochgebet selbst heißt: „Wir danken dir, dass du uns berufen hast, vor dir zu stehen und dir zu dienen.“ Umso genauer schauen aber manche dann, was die Zelebranten tun, die ja ihre vorgeschriebenen Kniebeugen haben. So wird denn auch in einschlägigen fundamentalistischen Internetforen heftig kritisiert, dass Papst Franziskus angeblich manche Kniebeuge unterlasse, was sein „sakrilegisches“ Verhalten zeige.

      Ein unehrfürchtiges Verhalten während der Messe und die unterlassenen Kniebeugen wurden auch schon früher kritisiert; Elfriede Moser-Rath zitiert den Barockprediger Ignatius Ertl, der sich darüber beklagt: „Wie manicher knopfeter Baurnbengl und Jodl (wol auch manicher hoffärtiger Spreizer und Bürzer) stehet ein gantze Meß bey dem Altar da / wie ein Oelgötz mit aufgerissenem Maul den Priester angaffend / ohne dass er sich kaum bey der Auffwandlung mit halben Fuß was bucket / und hernieder kniet.“

      Nicht nur die Haltung ist Ausdruck der Ehrfurcht vor der Gegenwart Christi, sondern auch das Verhalten. Während der Wandlung nicht aufmerksam und andächtig dem Geschehen am Altar zu folgen und stattdessen (als Kind) Spielchen mit dem Vordermann zu treiben, weil es kurzweiliger ist, konnte einem früher schon ein paar „Watsch’n“ seitens des Mesners eintragen, wie es der bayerische Kabarettist Gerhard Polt beschreibt. Die von ihm zitierten Worte des Mesners machen deutlich, dass sein Benehmen sich nicht gegen die Mitfeiernden richtete, sondern gegen Gott selbst:

      image „Du Hundskrüppel, du verreckter – an lieben Gott beleidigen –, wart nur – du kommst sicher in d’Höll.“ (Gerhard Polt, Hundskrüppel, 2004)

      Zur angemessenen ehrfürchtigen Haltung gegenüber dem Allerheiligsten gehört ebenfalls, dass man ihm stets von vorn begegnet, wie es früher eingeschärft wurde: „Nach Inzensation des Priesters hat der Zäremoniar zu beachten, dass er sich nach links wende, um nicht dem Allerheiligsten den Rücken zuzukehren“ (Andreas Schmid, Caeremoniale, 1904). Das ist heute, sofern sich ein Tabernakel im Altarraum befindet, kaum noch zu beobachten. Dieser Aspekt zeigt aber auch, dass manches geänderte liturgische Verhalten nicht gleichzusetzen ist mit schlechtem Benehmen.

      Auch das Kreuzzeichen ist ein ehrfürchtig zu vollziehendes Zeichen, das aber nicht immer so gemacht wird, wie ein Pfarrer schrieb:

      image Aufschlussreich, ja erschreckend ist, wie wenige unserer „guten Katholiken“ noch ein ordentliches Kreuzzeichen können! Und da spreche ich nicht von den Kindern und Jugendlichen. Selbst die sich selber noch soooo katholisch fühlenden 60- bis 70-Jährigen fahren da im Gesicht rum, dass man sich nur so wundert. (A. W. – 18. 8. 2019)

       Hände in den Taschen

      Wie bewegt man sich im Kirchenraum – innerhalb oder außerhalb des Gottesdienstes? Wohin mit den Händen? Hier haben es Angehörige mancher Orden einfach, die ihre Hände in den weiten Ärmeln verstecken können … Die gefalteten Hände sind eine Möglichkeit, eine andere die übereinandergelegten Arme. Eine ausgesprochen saloppe und ungeziemende Gebärde ist es, die Hände in die Hosentasche zu stecken.

      Der Journalist Dieter Stein schildert folgende Szene in der Wochenzeitung „Junge Freiheit“ (2000): „Am Ostersonntag war ich wieder in der Kirche. Mit einem katholischen Freund besuchte ich den Gottesdienst im Berliner Dom. […] Der Pfarrer muss der Gemeinde sagen, wann sie aufzustehen und wann sie sich zu setzen hat. Viele Gelegenheitsbesucher kennen die Liturgie nicht mehr. Beim Gang zum Abendmahl steht vor mir ein älteres Ehepaar. Der Mann dreht sich mehrmals lässig schlendernd um sich selbst und begutachtet neugierig Kuppel und Säulen. Dabei hat er die Hände gemütlich in den Hosentaschen versenkt. Ich spreche den Mann an und bitte ihn, die Hände aus den Hosentaschen zu nehmen. Auf seinen fragenden Blick hin weise ich auf den Altar. Verdutzt zieht er die Hände heraus und hält sie hinter seinen Rücken. Es handelte sich um einen kanadischen Touristen. Ich musste die Aufforderung auf englisch wiederholen. Ein deutsches Ehepaar, das die Szene mitbekam, musterte mich kopfschüttelnd von oben bis unten.“

       Kommunionempfang

      Natürlich ist der Kommunionempfang selbst ein Geschehen, das höchste Andacht und ein entsprechendes Verhalten verlangt. Doch Beispiele deplatzierten Verhaltens und unwürdigen Benehmens sind zahlreich; oftmals zeigen sie, dass manchen Kommunikanten der Sinn dieses Geschehens gar nicht bewusst ist. Sei es, dass das „Amen“ als Antwort auf die zu den Worten „Der Leib Christi“ gezeigte Hostie entfällt oder durch ein „Danke!“ ersetzt wird, sei es, dass manche(r) mit der auf die Hand empfangenen Hostie bei der Kelchkommunion im Kelch mit dem Blut Christi „paddelt“ und ein paar Spritzer auf die Erde gibt (wie selbst erlebt) oder die Hostie erst beim Zurückgehen in den Mund schiebt (oder sogar in die Hosentasche, was auch bisweilen vorkommt). Manche stellen sich vielleicht auch zur Kommunion an, weil es eben dazugehört. Und statt des Glaubensbekenntnisses „Der Leib Christi“ – „Amen“ kann man unter Umständen ganz andere Dialoge hören:

      image In unserer Gemeinde ging der Kantor, während die Band spielte, zum Pfarrer zur Kommunion. Der überreichte ihm die Hostie mit den Worten: „Hast Du nichts zu tun?“ Der Kantor deutete daraufhin zur Empore und antwortete: „Hörst