Charlys Sommer. Anett Theisen

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Название Charlys Sommer
Автор произведения Anett Theisen
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783960148241



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Geste zu schätzen und freue mich über Ihre Gesellschaft,“, erklärte sie charmant lächelnd an ihn gewandt, „aber mein Essen bezahle ich selbst. - Getrennt“, bekräftigte sie bestimmt in Richtung der Bedienung und vertiefte sich in ihre Speisekarte.

      ***

      Er musterte sie über den Rand der seinigen hinweg und wusste nicht, ob er sich ärgern oder amüsieren sollte. Er mochte selbstbewusste und unabhängige Frauen, die ihm auf Augenhöhe begegneten, aber er verwöhnte gern, und ein etwas altmodisches Rollenverständnis konnte er nicht leugnen. ‚Dazu gehört, dass ich im Restaurant die Rechnung übernehme.’

      Da klappte sie die Karte zu, nahezu gleichzeitig stand die Bedienung neben ihm und sie sah ihn fragend an. Er nickte.

      „Den kleinen Salat und ein Wasser, bitte.“

      ‚Typisch’, seufzte er innerlich. Er spürte seine Begeisterung in sich zusammensacken wie einen undichten Luftballon.

      Sie sprach bereits weiter. „… Angus Rib Eye Steak, englisch …“

      ‚Ich habe mich verhört! Rib Eye? Englisch?’

      Sie war noch nicht fertig. „… und die Crème brûlée. Bitte.“

      ‚Was?’ Er staunte sie an.

      Sie klappte die Karte zu, nahm die Weinkarte und bestellte ein Glas des gleichen Rotweins, den er im Visier hatte.

      „Gern. – Für Sie?“, fragte ihn die Bedienung.

      ***

      „Was führt Sie nach Görlitz?“, fragte er, als seine Bestellung aufgegeben war. Dreist hatte er den Wein auf eine Flasche aufgerundet, die seiner Rechnung zuzufügen sei. Was sie kommentarlos akzeptierte. ‚Interessant.’

      „Das Notwendige mit dem Angenehmen verbinden“, antwortete sie kryptisch, legte abwägend den Kopf schräg und fragte ihrerseits: „Kennen Sie ‚Mein Haus, mein Auto, meine Yacht’?“

      „Wenn Sie auf die Fernsehwerbung anspielen, ja, auch wenn ich nicht weiß, wofür.“ ‚Worauf will sie hinaus?’, fragte er sich.

      „Das weiß ich auch nicht mehr“, gab sie zu. „Es ist ein Spiel, das wir in unserer Clique spielen, wenn wir neue Leute kennenlernen. Ist lustiger, als sich auszufragen.“

      „Sie gehen also davon aus, dass ich Sie ausfragen werde?“

      „Sie haben schon angefangen!“, lachte sie ihn an.

      ‚Ertappt. Schon wieder’, dachte er unbehaglich. „Wenn es ein Spiel ist, gibt es Spielregeln?“, konzentrierte er sich auf sie.

      Es gab nur zwei Bedingungen. Die Antwort musste der Wahrheit entsprechen. Ansonsten konnte sie als Foto, Schlagwort oder allgemeinverständliche Geste, hier hatte er sie noch intensiver beobachtet als sowieso schon, erfolgen. Das Thema wurde wechselseitig vorgegeben, aber es mussten beide ein Statement abgeben.

      „Dann fangen Sie an“, forderte er sie auf.

      „Mein Haus“, antwortete sie prompt.

      Das Bild, das sie ihm auf ihrem Smartphone entgegenhielt, ließ keine Aussage über ihren Herkunftsort zu.

      ‚Ländlich, aber nichts, das ich regionaltypisch zuordnen kann. Marke, Modell und Zustand des Telefons sind da schon aufschlussreicher. Aktuell, gepflegt und – teuer.’

      Sie betrachtete das Foto seines Hauses aufmerksam und stellte einige Fragen.

      Dann war es an ihm. Er wählte statt des naheliegenden Autos Motorrad. Zum einen wollte er mit dem Porsche nicht mehr angeben als nötig, zum anderen interessierte ihn ihre Reaktion aufs Motorradfahren. Sein Foto zeigte hauptsächlich den Hinterreifen, nach einem Wochenende auf dem Nürburgring.

      Ein unergründliches Lächeln umspielte ihre Mundwinkel und kräuselte ihre Lippen. „Sieht so aus, als sei ein neuer Reifen fällig.“

      „Schon drauf“, antwortete er, lehnte sich zurück und versuchte, ihre Antwort einzuschätzen. ‚Sie kennt sich offenbar aus, gut genug jedenfalls, um einen abgefahrenen Reifen zu erkennen.’

      Sie deutete ein Daumen hoch an und schien unschlüssig zu sein. „Wo war das?“, fragte sie.

      ‚Täuscht mein Eindruck, oder will sie von sich ablenken, Zeit gewinnen?’, überlegte er.

      Sie nickte leicht abwesend zu seiner Antwort.

      ‚Als ob sie damit gerechnet hätte. Nun gut, so viele Rennstrecken gibt es in Deutschland nicht.’

      Ihre Finger tippten auf dem Touchscreen. Dann sah sie ihm in die Augen und reichte ihm das Telefon. Das Bild zeigte eine kleine Enduro im Gelände, starrend vor Dreck, der Helm auf dem rechten Spiegel, der linke hing in unnatürlichem Winkel herunter, sie stand auf den Fußrasten und grinste breit in die Kamera. Da sie genauso dreckig war wie das Motorrad, musste sie es selber gefahren haben.

      „Sieht so aus, als habe es Spaß gemacht.“

      „Hat es“, gab sie knapp zurück. „Jedenfalls bis etwa zwei Sekunden nach dem Foto“, ergänzte sie mit einem eigenartigen Zug um die Mundwinkel. Halb lächelnd, halb ärgerlich.

      „Wieso?“, erlaubte er sich ein halbes Schmunzeln.

      „Dann bin ich mit dem Ding umgekippt.“ Widerwillig lächelte auch sie.

      „Ich hätte Sie gern aufgehoben.“ Er sah ihr in die Augen, bis sie den Blick senkte. ‚Errötet sie? Es ist im gedämpften Licht nicht auszumachen.’

      „Zweifellos“, antwortete sie mit einem frechen Zug um die Mundwinkel.

      ‚Wie schafft sie es, so cool zu bleiben?’, bewunderte er sie. „Fahren Sie öfter?“

      „Wenn es sich anbietet“, wich sie aus.

      ‚Das Motorradfahren scheint ein heikles Thema zu sein.’ Er beschloss, es vorerst nicht weiter zu verfolgen.

      „Mein Pferd“, fügte sie an und hielt ihm ein neues Bild hin. Es war ein winziges Pony, das frech unter einem Wust Schopfhaare in die Kamera blickte. Unwillkürlich musste er lachen. „Der Hund meines Kumpels ist größer.“

      „Keine Kunst. Freddy hat grade mal zweiundsiebzig Zentimeter Stockmaß.“

      „Was machen Sie mit ihm? Mit ins Bett nehmen?“ Er hob anzüglich grinsend eine Augenbraue.

      „Der Job ist vergeben.“ Sie lächelte unschuldig zurück.

      ‚Wie soll ich das verstehen? Vor allem, drauf antworten?’, überlegte er.

      Sie ließ ihn nicht aus den Augen, offenbar gespannt auf seine Reaktion.

      „Oh, und an wen, sofern ich fragen darf?“

      „Sie dürfen.“ Sie lachte jetzt richtig. Nahm ihm das Handy ab und hielt es ihm gleich darauf mit einem neuen Foto entgegen. Eine schwarze Katze mit riesigen grünen Augen. Er hob seinen Blick zu den ihren. ‚Blau.’

      Sie hatte sich vorgebeugt, jetzt lehnte sie sich zurück und ihre Augen wurden im schummerigen Licht wieder dunkler und unbestimmbarer.

      „Meine Wärmflasche. Amadeus“, erklärte sie. „Sie sind dran.“

      „Ich fürchte, ich muss passen. Ich habe weder Pferd noch Katze. Auch keine Wärmflasche.“ Er ließ seine Stimme ein paar Töne tiefer wandern. „Auch sonst niemanden zum Wärmen.“

      Die Härchen auf ihren Armen hoben sich, beobachtete er mit Genugtuung. Aber sie hatte sich gut im Griff; ihre Antwort war leicht, unbeschwert, wenn auch flirtig. „Was nicht ist, kann noch werden.“

      ‚Oha, ist das ein Angebot?’ Die Ankunft der Bedienung enthob ihn einer sofortigen Reaktion. Die Atempause war bitter nötig. Das Mädel verwirrte ihn schneller, als er es je von einer Frau für möglich gehalten hätte.

      ***

      Die