Название | Schwiegermutteralarm |
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Автор произведения | Gisela Sachs |
Жанр | Контркультура |
Серия | |
Издательство | Контркультура |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783967526127 |
Wir sollten unsere Beziehung verfestigen. Ich schlage dir deshalb einen Schwiegermuttertag vor. Den Tag lege ich auf den 1. Dezember fest. Und ich werde dir den ganzen Tag über zur Verfügung stehen.
Deine dich liebende Schwiegermutter.
Ich lese die sechs Zeilen ein zweites Mal durch, dann ein drittes Mal, kann nicht glauben, was die Buchstaben mir sagen. Mir stockt der Atem. Ein Gisela-Tag? Ideen hat die Alte! So was hatte mir gerade noch gefehlt. Ich habe den Kopf ohnehin gerade voll. Übervoll! Privat und im Geschäft.
Gedankenschwer stecke ich den Brief in die Aktentasche, werde mich bei meinen verheirateten Arbeitskollegen umhören, werde mich informieren, wie die ihre Beziehungen zu ihren Schwiegermüttern pflegen.
»Beziehung? Zu meiner Schwiegermutter?« wundert sich Achim. »Wie kommst du denn auf so eine absurde Idee, Olli? Man sieht sich halt an den Geburtstagen, an Weihnachten, an Ostern. Manchmal auch zwischendrin. Wenn einer mal krank ist, oder so«
Kalle verdreht die Augen. »Beziehung? Zu meiner Schwiegermutter? Dir macht wohl das Wetter zu schaffen, Olli«
»Die Alte hat doch einen an der Waffel, Kumpel« poltert Dennis los, als er die duftende Nachricht auf dem rosaroten Papier liest. »Die tickt noch schräger als die Schwarzwälder Kuckucksuhr deiner Oma. Mein Gott, was bin ich froh, dass meine Schwiegermutter schon das Zeitliche gesegnet hat. Das war auch so eine seltsame Kanaille«
Ich frage noch Michael und Jürgen. Aber auch sie haben noch nie etwas von einem Schwiegermuttertag gehört.
Wenn ich gegen Giselas Vorschlag aufbegehre, werde ich wieder aus dem ehelichen Schlafzimmer ausquartiert, das ist mir klar. Auch werden Dania und ihre Mutter das Reden mit mir einstellen. Das ist mir auch klar. Ich kann es aber nicht ertragen, wenn meine Ehefrau und meine Schwiegermutter vor sich hinmuffeln. Und einen Tag von 365 Tagen zu opfern, erscheint mir da das geringere Übel. Ich erkläre mich also zum Schwiegermuttertag bereit.
»Wir werden frühstücken gehen, Olli« informiert mich meine Schwiegermutter beim Frühstück. »Ins Café Planie« Sie sieht mich beifallheischend an. »Da gehen viele meiner Kundinnen zum Frühstücken hin. Auch einige meiner Arbeitskolleginnen waren schon dort«
Ich trinke einen Schluck Kaffee. »Nach dem Frühstück werden wir einen schönen Stadtbummel machen, im Schlosscafé Kaffee trinken, Kuchen essen«
»Hoffentlich ist sie bald still« denke ich, kann das muntere Geplapper am frühen Morgen einfach nicht ertragen.
»Danach fahren wir zum Flughafen raus nach Echterdingen. Wir könnten aber auch in die Wilhelma zum Tiere gucken oder ins Porsche Museum vielleicht? Was meinst du dazu, Olli?«
Sie hält sich die Hand an den Mund: »Ich habe doch tatsächlich das Mittagessen vergessen. Wir müssen ja auch was zu Mittag essen, Olli…
6. Kapitel
Am 1. Dezember, morgens um 7.00 Uhr laufen meine Schwiegermutter und ich zum Frühstücken im Café Planie ein. »Mensch Olli, ich bin hungrig wie ein Wolf«
Sie haut rein wie ein Bürstenbinder, isst Lachs, Schokocroissants, verschiedene Sorten von Brötchen, diverse Eierspeisen, trinkt Unmengen Kaffee und erzählt mir Unmengen Geschichten, die ich schon alle kenne. Um die Mittagszeit bestellt sie sich ein Glas Champagner.
»Zur Feier des Tages« sagt sie, streckt das Glas hoch in die Luft und lacht mich an wie ein Hamster: »Auf uns, Bub«
»Ja, das ist aber mal eine Überraschung. Die Frau Schulze! Na so was aber auch«
Gisela springt von ihrem Stuhl auf. »Grüß Gott, Frau Schulze, das ist aber nett, dass wir uns hier treffen. Wie geht es Ihnen denn, sie waren ja seit Ewigkeiten nicht mehr bei uns im Salon. Sie waren doch nicht etwa krank? Darf ich Ihnen meinen Schwiegersohn vorstellen, Frau Schulze?« Sie streckt die Hand aus, zeigt auf mich: »Das ist Olli!« sagt sie stolz.
»Wir machen nämlich heute unseren Schwiegermutter/ Schwiegersohntag«
Sie lächelt breit: »Der Olli ist ein wunderbarer Schwiegersohn. Einen besseren Schwiegersohn hätte ich mir gar nicht vorstellen können« Hoffentlich wuschelt sie jetzt nicht auch noch durch meine Haare, denke ich. Oder streichelt mir über die Wangen wie so oft, denke ich. Sie ignoriert die Tatsache, dass ich das nicht leiden kann, total. Aber sie hält sich im Zaum heute, Gott sei Dank.
Artig stehe ich vom Stuhl auf, strecke Frau Schulze meine rechte Hand entgegen, sage freundlich: »Grüß Gott« setze mich wieder und versinke im Anblick meines Eierbechers.
»Ja, wen sehe ich denn da? So eine Überraschung aber auch« Die Stimme meiner Schwiegermutter überschlägt sich: »Anja« Vor Schreck lasse ich mein Ei fallen.
»Anja LaCombe, du bist es doch?«
Sie springt vom Stuhl auf. Ihr Blick streift die junge Frau von den Schuhen bis zu den Ohren. »Gut siehst du aus« stellt sie fest. »Ein bisschen fülliger als früher, vielleicht« sagt sie. »Aber es steht dir gut«
Anja lächelt.
»Wie geht es deiner Mutter? Was macht dein Vater? Arbeitest du noch in der Buchhandlung?« blubbert meine Schwiegermutter weiter. Sie lässt dem armen Mädchen keine Zeit für eine Antwort, klatscht sich an die Stirn. »Deine Eltern sind ja geschieden, hab ich doch total vergessen« Anja kaut an ihrer Unterlippe.
»Und dein Vater ist wieder nach Amerika gegangen, soweit ich informiert bin«
»Und deine Mutter hat sich einen Neuen geangelt, einen Jüngeren … Anja schnappt nach Luft wie ein an Land geworfener Fisch. »Wie geht‘s denn deiner Oma, Anja?«
»Sie ist vor drei Jahren gestorben« sagt Anja knapp. Sie hat Tränen in den Augen.
Gisela fällt Anja um den Hals: »Mensch, Mädchen« ihr Blick streift den Kinderwagen: »Sag bloß, du bist schon Mutter?«
»Ja« sagt Anja knapp.
»Darf ich dir Anja vorstellen, Olli?« sagt Gisela mit einem Seitenblick auf mich. »Sie ist eine Freundin aus Danias Kindergartentagen. Später gingen sie zusammen in die Grundschule, danach in die Realschule. Sie hatten zusammen Ballett-Unterricht, sie haben …
Ich lege den Löffel neben den Eierbecher zurück, stehe vom Stuhl auf, strecke der jungen Mutter meine rechte Hand entgegen, sage freundlich:
»Grüß Gott« setze mich wieder und mache mich über mein Ei her, über den knusprig gebackenen Schinkenspeck, das Müsli mit den frischen Obststücken. Ab und an sehe ich hoch. Mein Blick streift über Anjas Körper. Ich sehe, dass sie wieder schwanger ist. Anja merkt, dass ich bemerkt habe, was sie meiner Schwiegermutter verschwiegen hat. Sie lächelt mich scheu an. Ich lächle zurück.
Ich erschrecke sehr, als die Toilettentür aufgeht und Gisela aufkreischt.
»Der Herr Dr. Schuster. Na so eine Überraschung aber auch. Das ist aber eine Freude, sie hier zu sehen«
Sie nimmt ihn in die Zange, schüttelt seine Hand, so heftig, dass ich befürchte, sie reißt ihm den ganzen Arm aus.
»Wo haben sie denn ihre liebe Frau gelassen, lieber Herr Dr. Schuster?« Der Zahnarzt meiner Schwiegermutter kratzt seinen Hals.
»Sie hütet wohl die Kinderchen?« bohrt sie weiter.
Gisela nickt verständnisvoll. »Einer muss halt immer zu Hause bleiben, wenn Kinderchen da sind, gell?«
Der Arzt nickt.
Meine Schwiegermutter plappert munter weiter. »Eine Oma wäre da sehr geschickt« Dann besinnt sie sich auf mich. »Darf ich Ihnen meinen Schwiegersohn vorstellen, Herr Dr. Schuster?« fragt sie, seine Hand lässt sie nicht los. Mit seinem und ihrem ausgestrecktem Arm zeigt sie auf mich. »Das ist unser Olli, Herr Doktor Schuster«
Sein kurzer Blick streift mich. Er nickt mir zu. Ich nicke zurück.
»Ich