Operation Terra 2.0. Andrea Ross

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Название Operation Terra 2.0
Автор произведения Andrea Ross
Жанр Научная фантастика
Серия
Издательство Научная фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783967525359



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müsst, um geradewegs auf unser Lager zu treffen. Es liegt am Rande eines Gartens, denn man Gethsemane nennt.

      Gebt euch einfach als gläubige Anhänger von Jesus aus, als hungrige Passah-Pilger oder meinetwegen auch als potentielle Täuflinge. Damit könnt ihr euer ungebetenes Eintreffen unauffällig kaschieren, denn es kommt häufiger vor, dass vollkommen Fremde Jesus‘ unmittelbare Nähe suchen.

      Denkt mir unbedingt daran, bei der Wanderung keinerlei Lebensmittel oder Geschirrteile mitzuführen; ich weiß nicht sicher, was in diesen Tagen erlaubt ist und was als nicht koscher gilt. Schon kleinste Fehler könnten uns auffliegen lassen oder in die Kritik bringen.

      Ich flehe euch ein letztes Mal an … helft uns doch endlich

      *

      Der Statthalter Pontius Pilatus drehte sich erfreut um, als er das dezente Klingeln von schweren Ohrgehängen vernahm. Ein sehr vertrautes Geräusch, denn so hörte es sich an, wenn seine Ehefrau Claudia reich behängt des Weges kam. Ihr schulterlanger Ohrschmuck im byzantinischen Stil, den er ihr vor kurzem verehrt hatte, pendelte beim Gehen stetig gegen die designgleiche Halskette aus purem Gold.

      »Sei gegrüßt, meine Liebe! Was führt dich um diese Tageszeit zu mir? Verschaffen dir deine Damen heute nicht genügend Kurzweil, oder verspürst du Sehnsucht nach deinem Gatten?«, fragte er gut gelaunt.

      Claudia Procula lächelte kokett, lehnte sich anmutig gegen eine Marmorsäule. »Beides ist richtig! Darüber hinaus hätte ich ein Anliegen an dich, oder vielmehr zunächst einmal eine Frage … aber du darfst mir bitte nicht böse sein!«

      Der einflussreiche Römer schüttelte missbilligend den Kopf, umfasste ihre auffallend schmale Wespentaille.

      »Wie sollte ich der schönsten Frau des gesamten römischen Reiches jemals böse sein können? Setz dich doch zu mir, und dann freimütig heraus damit!«, schmeichelte er und taxierte Claudias vollschlanke Sanduhr-Figur mit einem begehrlichen Blick. Wie gerne wäre er einfach über sie hergefallen! Doch das musste warten.

      Claudias weibliche Rundungen saßen wohlproportioniert an den richtigen Stellen, was durch den semitransparenten, weich drapierten Stoff ihres lavendelblauen Kleides vorteilhaft unterstrichen wurde. Nur ein doppelreihiger Flechtgürtel aus weichem Leder hielt die textile Pracht am Körper zusammen.

      Pontius Pilatus konnte sich kaum sattsehen, auch wenn er schon seit Jahren mit dieser Frau verheiratet war. Keine seiner zahlreichen Konkubinen konnte ihr optisch das Wasser reichen, nicht einmal die blutjungen Dinger aus den nördlichen Provinzen! Jedenfalls galt das bestimmt noch für die kommende Dekade, bevor seine Blume den vorgezeichneten Weg alles Irdischen gehen und zu welken anfangen würde.

      Die schöne Römerin schnurrte wie ein Kätzchen, schwebte leichtfüßig zur nächstgelegenen Kline und ließ sich dekorativ niedersinken. Dann schnippte sie gekonnt mit den Fingern, um einen der dunkelhäutigen Diener herbeizurufen.

      »Bring uns Wein und Wasser, wir sind durstig!«

      Eilfertig führte der Mann den Befehl seiner Herrin aus, und schon verbarg er sich mitsamt seinen Karaffen wieder devot hinter einem schweren Samtvorhang, als wäre er dort niemals hervorgekommen.

      Pontius setzte sich seiner Frau diagonal gegenüber, wo er sie in voller Schönheit betrachten konnte. Wie begehrenswert dieses Abbild der Venus doch war, ganz anders als diese dürren Kleiderständer!

      »Komm, lass mich nicht länger warten! Was liegt meinem erlesenen Juwel auf der Seele? Womit kann ich meinem Vögelchen eine Freude machen? Ich lege dir die gesamte Welt zu Füßen, falls dir danach ist!«, protzte er eine Spur zu schwülstig. Die Angesprochene zögerte ein bisschen, begann zu schwitzen. Drehte verlegen eine ihrer gelockten Haarsträhnen um den Zeigefinger. Auf ihrer hohen Stirn bildete sich sogar eine kleine Sorgenfalte, was bei dieser Frohnatur eher selten vorkam. Sie entschloss sich jedoch mutig, ihre Bedenken abzustreifen und einfach ohne Umschweife zu fragen.

      »Sage mir bitte, ob es wahr ist, dass der Sanhedrin ein Todesurteil über einen jüdischen Prediger gefasst hat, welches du in Kürze zu vollstrecken hast? Die Leute erzählen sich empört davon – und manch ein gläubiger Bewohner Jerusalems befürchtet gar, aufgrund seiner treuen Gefolgschaft gleich zusammen mit seinem Meister hingerichtet zu werden!«

      Der Statthalter musste herzhaft lachen.

      »Nanu? Seit wann interessiert sich meine Frau für das Schicksal hakennasiger Eiferer aus Galiläa? Nun, dieser Jesus von Nazareth soll ja bei den Leuten recht charismatisch herüberkommen, dabei ist er vermutlich nicht mehr als ein besonders aufsässiger Jude!«, scherzte Pontius Pilatus ziemlich respektlos und verdrehte die Augen.

      Claudia wirkte indes überhaupt nicht amüsiert; eher wie jemand, der auf der Hut ist und seine Worte aus Gründen der Diplomatie sehr genau abwägen muss.

      »So entspricht das Gerücht also der Wahrheit. Das hatte ich befürchtet! Pontius … du bist doch keine hilflose Marionette dieser selbstherrlichen Tempelhüter, nicht wahr? Wir Römer sind schließlich eine legitimierte Besatzungsmacht und nicht bloß willige Erfüllungsgehilfen für eitle Schriftgelehrte aus dieser reichlich provinziellen Region.

      Wenn du nun beispielsweise das Ersuchen um Jesus‘ Kreuzigung ablehnen würdest, dann müsste der Vorsitzende Kaiphas deine Entscheidung sicherlich zähneknirschend hinnehmen, meinst du nicht auch?«

      Pontius Pilatus stutzte, zog ein säuerliches Gesicht.

      »Seit wann mischst du dich in die Politik oder meine ureigenen Entscheidungen ein? Ich hätte gerne eine Erklärung dafür, weshalb du dich dermaßen hartnäckig für irgendeinen dahergelaufenen Rabbi einsetzt! Hat er dich etwa verführt? Ist dies dein Beweggrund?«

      Jetzt musste auch Claudia wider Willen lachen. Sie und der

      Messias … völlig unvorstellbar!

      »Aber nein, wo denkst du hin! Es ist nur so, dass ich zufällig einer seiner Reden gelauscht habe, als ich mit meinen Damen auf dem Markt zugange war. Wir haben beim Seidenhändler nach edlen Stoffen gesehen, als er wenige Meter entfernt plötzlich mit einer wunderschönen Stimme zu predigen begann. Die anderen Frauen sind neugierig hingelaufen – und ich folgte ihnen, wollte nicht alleine am Stand zurückbleiben.

      Was er da mit leuchtenden Augen erzählte, erschien mir gar nicht so verkehrt zu sein. Jesus sprach unter anderem davon, dass man seine Mitmenschen lieben und ihnen besser alle Fehler verzeihen solle, damit man selbst ebenfalls Vergebung finden könne.

      Es ist doch wahr, Pontius! Wenn die Menschen etwas rücksichtsvoller miteinander umgehen würden, so wäre das Leben weit weniger anstrengend und gefährlich!«, philosophierte die Römerin gestikulierend.

      »Aha! Dann muss er dich mit seinen rührseligen Theorien ziemlich nachhaltig beeindruckt haben, wenn du mir das noch Tage danach so enthusiastisch herüberbringst. Ihr Frauen seid manchmal eben etwas arg unbedarft und glaubt blauäugig, die Welt ließe sich gewaltlos, mithilfe von großartigen Worten und Vernunft, regieren.

      Doch bedenke: Ohne den Einsatz brutaler Gewalt wäre Rom im Laufe der Zeit wohl kaum zu einer imperialen Großmacht geworden – und wir beide würden in der Toskana Schafe züchten, anstatt hier mit allem Komfort zu residieren!

      Du bist mit deinen pazifistischen Ansichten zwar mächtig auf dem Holzweg, meine Liebe, aber ich nehme dir deine Sentimentalität nicht übel! Es birgt gewisse Vorteile, wenn ein Weib sanftmütig veranlagt ist«, spottete Pontius überheblich.

      »Aber dennoch – selbst falls ich diesen angeblich so erleuchteten Rabbi nicht hinrichten ließe, um dein mitleidiges Herz zu erfreuen … ich bin mir vollkommen sicher, dass der Sanhedrin Mittel und Wege finden würde, dass Jesus letzten Endes trotzdem zu Tode käme. Die Pharisäer schätzen es nicht, wenn man ihren Plänen in die Quere kommt!«, sinnierte der Statthalter pessimistisch und ließ sich schon wieder Wein nachschenken.

      »Dann musst du eben zu einer schlauen List greifen, um deine anderslautende Entscheidung zu rechtfertigen!«, ereiferte sich Claudia erregt. »Du bist intelligent