Missing you, Baby!. Nicole Stranzl

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Название Missing you, Baby!
Автор произведения Nicole Stranzl
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783967526806



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in den Sinn. Wie konnte ihre Stimme schon so kräftig sein? Wie war es möglich, dass sie hier vor dem Arzt stand – ohne Rollstuhl – und keinerlei Schmerz verspürte? War der Wunsch einer Mutter ihr Kind zu sehen wirklich so stark, dass er alles andere verdrängen konnte?

      Aus dem Augenwinkel sah sie, dass der Hutträger sich mit einem jungen, dunkelhaarigen Mann unterhielt, welcher seine Aufmerksamkeit jedoch mehr ihr schenkte, als seinem Gesprächspartner. Ein finsterer, berechnender Blick traf sie. Der Mann beobachtete sie. Eindeutig. Zu sehr abgelenkt, bekam Laura fast nicht mit, dass der Arzt wieder mit ihr sprach. Dieses Mal in einem bestimmenden Tonfall: »Frau Weiß, Ihre Tochter ist nicht hier!«

      Laura wendete sich von dem mysteriösen Kerl ab, der sie an einen Mafioso erinnerte und sah stattdessen den Arzt vor sich an. Sein Namensschild wies ihn als Dr. Roth aus. Instinktiv wich Laura vor dem furchteinflößenden Mediziner zurück, dabei wankte sie leicht. Noch immer keine Schmerzen. Warum nicht? Wie lange war der Unfall her? War sie womöglich im Koma gelegen? Warum hatte Tom nichts gesagt? Verdammt, wo war er überhaupt? Wieso ließ er sie allein? Hatte er sie längst abgeschrieben? War er bei einer anderen Frau? Hatte Katherine recht und irgendjemand wollte ihr Baby stehlen? Nein, das wäre doch gar nicht möglich. Allerdings war alles so verwirrend und ihr Kopf schmerzte so unerträglich.

      »Frau Weiß, bitte beruhigen Sie sich doch!« Der Arzt streckte eine Hand aus, wie um ein scheues Tier zu besänftigen.

      »Wo ist mein Baby?!« Sie wollte die Frage gar nicht stellen, doch die Worte verließen ihre Lippen, ohne dass sie sie aufhalten konnte.

      Mehrere Blicke richteten sich auf sie, darunter der des Mafia-Kerls. Aber nicht nur er, auch viele andere Fremde starrten sie an. Wo kamen auf einmal all die Leute her?

      Irgendwo schrie ein Baby. Also doch! Hier gab es Babys! Warum behauptete dieser Dr. Roth etwas anderes?

      »Ich will zu meinem Baby! Ich will einfach nur mein Baby!«, versuchte Laura es erneut. Mia war der Schlüssel zu ihrem Glück. Sie musste gesund sein. Nach ein paar Wochen oder Monaten im Krankenhaus würde sie mit nach Hause kommen und dann würde alles gut werden. Tom würde Laura nicht mehr betrügen und sie nicht verlassen. Und Katherine … Katherine war bloß eine Einbildung gewesen. Richtig? Richtig! Warum bekam sie dann kaum noch Luft?

      »Sie müssen sich beruhigen, Frau Weiß!«

      »Sagen Sie mir nicht, was ich muss!« Wut flammte in ihr auf.

      »Ich bringe Sie zurück auf Ihr Zimmer! Kommen Sie!« Entschlossen fasste Dr. Roth sie am Arm. Laura wollte sich seinem Griff entwinden. Wo war Tom? Wieso half er ihr nicht?

       Er hat wohl etwas Besseres zu tun. Vermutlich ist er im Moment mit einer anderen zusammen. Er wird dich eintauschen. Das hat er doch schon fast gemacht. Mia war wahrscheinlich das Einzige, das ihn noch bei dir gehalten hat.

       Aber er hatte sich doch so verändert in den letzten Monaten. Er ging nicht mehr aus. Er konnte bei keiner anderen gewesen sein. Da war kein Lippenstift mehr. Kein fremder Geruch. Keine Nachrichten. Er hatte damit aufgehört.

      Laura wollte es so sehr glauben. Tom würde sie doch bestimmt nicht im Stich lassen. Nicht jetzt. Nicht in dieser furchtbaren Situation.

      »Wo ist mein Mann?« Sie versuchte, den Arzt abzuschütteln.

      »Er ist nicht hier!«

      »Er ist doch mit mir hierhergekommen!« Laura verstand nichts mehr. Was wurde hier gespielt? Und wieso half Katherine ihr nicht? Sie hatte doch gesagt, sie würde für Ablenkung sorgen? Warum tat sie das nicht?

      »Frau Weiß, Sie …«

      »Wenn Sie mir noch einmal sagen, dass ich mich beruhigen muss, dann schlage ich Sie nieder und suche selbst nach meinem Baby!« Eine lächerliche Drohung. Sogar in ihren eigenen Ohren. Natürlich nahm der Arzt sie nicht ernst. Stattdessen atmete er schon wieder hörbar aus und zog eine Spritze aus seinem Kittel hervor.

      »Was tun Sie da?!« Verwirrt und zugleich panisch stolperte Laura rückwärts.

      »Ich helfe Ihnen.«

      Sie wollte ausweichen, doch auf einmal tauchten zwei kräftige Pfleger wie aus dem Nichts auf und hielten sie fest. Sie dachte an Katherines Worte. Ihr Baby würde weggebracht werden. Von wem? Wohin? Sie durfte das nicht zulassen.

      Laura begann sich heftiger zu wehren. Die Pfleger waren grob. Ihre Griffe schmerzten. Wie eine Kriminelle fühlte sie sich.

      Wann war die Situation so eskaliert?

      Sie wollte doch nur ihr Kind beschützen.

      Warum taten diese Männer ihr das an?

      Was wurde hier gespielt?

      Hatte das vielleicht irgendwas mit ihrem Unfall zu tun?

      Vielleicht war das gar kein Unfall gewesen! Was sonst? Ein Komplott?

      Aber warum? Wer sollte etwas gegen sie haben?

      Sie war Angestellte in einer Notariatskanzlei. Ihr Mann Radiomoderator. Eine stinknormale Familie. Warum sollte ihnen jemand schaden wollen? Hatte Tom etwa Schulden bei jemandem, dem man lieber nichts schuldete? Nein, das machte keinen Sinn. Was sollte das mit ihrer Tochter zu tun haben?

      Warum ließ der Arzt sie nicht zu ihrem Baby? Wo war Mia? Das war Lauras letzter Gedanke, bevor alles um sie herum schwarz wurde.

       Kapitel 4

      

       »Heute bin ich Sailor Mars!« Das kleine Mädchen stemmte die Hände in seine Seiten und starrte seine Schwester herausfordernd an.

       »Nein! Bist du nicht!«, gab diese unbeeindruckt zurück und schaukelte friedlich weiter.

       »Bin ich wohl!«

       »Kinder!« Ihr Vater blickte über den Rand seiner Zeitung hinweg auf sie beide hinunter. Er hatte es sich auf ihrer Terrasse gemütlich gemacht und saß im Schatten des Sonnenschirms. Ihre Katze Luna lag auf seinem Schoß und schnurrte laut. »Wieso seid ihr nicht beide Sailor Mars!«, schlug er vor.

       »Nein!«, kam es einstimmig von den Mädchen.

       Ein Grinsen erschien auf den Lippen ihres Vaters. Was fand er nur lustig daran?

      »Das geht nicht!«, fauchte die Jüngere und stampfte wütend mit dem Fuß ins Gras.

       »Wieso nicht?«, fragte ihr Papa unbeeindruckt.

       »Weil es nicht zwei Mal die gleiche Person geben kann! Und sie ist immer Sailor Mars!«, beharrte die Siebenjährige.

      »Eben! IMMER!«, wiederholte die Ältere.

       Ihr Vater seufzte.

       »Wieso seid ihr nicht einfach die eineiigen Zwillinge Sailor-Mars!«, schlug er vor und fügte hinzu: »Und Tuxedo Mask schenkt euch dann die Rosen!« Ihr Vater nickte in Richtung des roten Rosenstrauches.

       »Tuxedo Mask schenkt keine Rosen«, belehrte ihn das ältere Mädchen.

       »Genau! Er besiegt die Bösewichter mit den Rosen. Mit den scharfen Dornen!«, fügte die Jüngere wichtig hinzu.

       »Vielleicht macht Tuxedo Mask heute eine Ausnahme!« Ihr Vater stand auf, griff nach der Gartenschere, die zu seinen Füßen lag und steuerte die Rosen an. Vier Blumen schnitt er ab, dann holte er theatralisch Luft und rief: »Im Namen des Mondes werde … ich euch bestrafen!« Dabei verstellte er seine Stimme, holte aus und warf die Blumen von der erhöhten Terrasse auf seine beiden Töchter. Laut lachend sprang die Ältere von der Schaukel, während das jüngere Mädchen kreischend auf die Rosen zulief.

       Gemeinsam sangen alle drei die Titelmusik. »Sag das Zauberwort und du hast die Macht