Название | Morgen wird ein guter Tag |
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Автор произведения | Sir Thomas Moore |
Жанр | Философия |
Серия | |
Издательство | Философия |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783854457060 |
Der wohl größte Spaß der Feast Week fand am zweiten Wochenende statt, denn dann wurde die Keighley Gala ausgerichtet. Mehr als 30 000 Menschen drängten sich zu der Veranstaltung, dem wichtigsten Ereignis im örtlichen Kalender. Es begann mit einem eine Meile langen Umzug mit Historienspielen, Quadrille-Tanzgruppen und liebevoll dekorierten Wagen, die sich ihren Weg durch die Stadt zum Victoria Park bahnten. Dort fand man jede nur erdenkliche Art der Unterhaltung – sportliche Wettkämpfe, Musik und Tanzgruppen, die in exotischen Kostümen auftraten und aus aller Welt angereist waren. Auf dem berühmten „Flying Pigs“-Karussell hatte man Schweinefiguren statt Pferde montiert, und die spektakulären Aufstiege der Heißluftballons bewiesen mir, dass es keinen Himmel gab.
Die Ballons, vor Ort hergestellt und von Firmen aus Yorkshire gesponsert, wurden oft mit Stadtgas gefüllt, das man sich clever von einer konventionellen Gaslampe abzapfte. Es war ein lebensgefährliches Verfahren, das einen ganzen Tag dauerte. Nachdem sie gefüllt worden waren – man hielt die Ballons mit Netzen am Boden – installierte man eine „Gondel“ oder einen Korb, der den Ballonfahrer beförderte und mindestens einen Fallschirmspringer, der sich aus einer Höhe von 600 bis 900 Metern in die Tiefe stürzte. Zu diesen furchtlosen Männern und Frauen gehörte die lokale Motorradfahrerlegende Alec Jackson, der eine Werkstatt nebst Geschäft in der East Parade in Keighley unterhielt. Alec hatte als Pilot beim Royal Flying Corps gedient und sich beim legendären „Tourist Trophy“-Rennen („TT“) auf der Isle of Man im Wettstreit bewiesen. Ich starrte atemlos auf diesen Mann – der bereits ein Held für mich war –, während er sicher zur Erde schwebte.
Walter Mitchell, mein engster Freund und ein Bursche, der über die Straße und zwei Türen weiter wohnte, schaute sich das alles zusammen mit mir an. Walter und ich tauchten überall gemeinsam auf. Wir gingen zu Fuß, fuhren mit dem Fahrrad durch die Gegend und spielten Fußball auf dem Platz. Unser Lieblingsspiel war jedoch „Dosenfußball“. Dazu brauchte man nur eine alte Dose, die platt gedrückt wurde, und schon begann die Kickerei mitten auf der Straße. Wir rannten dann immer zu der Stelle, an der die Büchse landete, und wer als Erster ankam, schoss erneut. Es war ein Spiel, dass damals auf den Straßen recht sicher war, denn abgesehen von vereinzelten Lastern wurden die meisten Lieferungen noch mit Pferdewagen zugestellt. Die einzige „Gefahrenquelle“ waren die von den Pferden hinterlassenen „Tretminen“, die aber schnell als Gartendünger eingesammelt oder vom örtlichen Straßenfeger entfernt wurden, zu dessen Job die Reinigung gehörte und im Winter das Schneeräumen.
Auch meine Schwester Freda hatte eine Freundin in unserer Straße und diese hatte eine sehr hübsche jüngere Schwester mit dem Namen Nancy Barraclough. Schöne Mädchen haben mich das ganze Leben lang angezogen. Nancy wurde meine erste Schwärmerei und ich war richtig verknallt. Wir spielten in den Gärten unserer Häuser, noch zu jung, um mehr zu unternehmen als herumzutoben und Murmeln zu werfen, die wir „Glass Ollies“ nannten. Sie besaß als Spielzeug nur Puppen, während meine Spielsachen aus Holz waren wie zum Beispiel ein Kipplaster, auf dessen Ladefläche ich Haferflocken oder Mehl füllte, bevor ich das wieder abkippte. Als ich noch recht klein war, gab mir mein Vater ein Stück Holz, einige Nägel und einen Hammer. Ich schlug die Nägel also in das Holz – klopfte und klopfte so vor mich hin –, bis ich lernte, dass es schmerzt, wenn man sich auf den Daumen haut. Das vermied ich danach tunlichst. Später spielte ich mit Puzzles und konstruierte mit meinen Meccano-Baukästen Laster oder etwas anders mit Rädern. Auch sammelte ich eine Weile Zigarettenbildchen und tauschte sie mit Freunden, wonach Briefmarken von der Versandfirma Stanley Gibbons auf der Tagesordnung standen. Am Ende verschenkte ich sie alle, da ich nie die Marken aus weit entfernten Ländern bekam, die mich wirklich interessierten, mit Bildern von Vögeln und Bergen – Orte, von denen ich hoffte, sie eines Tages mit eigenen Augen zu sehen.
Als Kind, das seine Heimatstadt nur selten verließ, wusste ich nichts von der Welt und der Politik, obwohl ich spitzkriegte, dass wir offensichtlich fast jedes Jahr einen neuen Premierminister hatten. (Allein zwischen den Jahren 1920 und 1929 fanden fünf Wechsel statt.) Ich hatte auch schon etwas über den Großen Krieg gehört. Als ich noch klein war, enthüllte man das von Opa Thomas gebaute Kriegsdenkmal vor 25 000 Zuschauern, unter denen ich mich befand. In den unmittelbar nach dem Krieg folgenden Jahren sahen wir häufig Männer, die mit ihren grauen Militärmänteln umherzogen und manchmal auch Eltern, die mit ihren traumatisierten Söhnen spazieren gingen, die nach dem Grabenkrieg nur noch stammelnden Wracks glichen. Ich erinnere mich an einen Veteranen, der als Prothese ein rundes, hölzernes Bein trug, und einen anderen, der gar keine Beine mehr hatte und sich mit den Händen abstoßend auf einem kleinen Wägelchen durch die Gegend rollte. Opa stellte verschiedene Männer ein, die in den Gräben von Senfgas versehrt worden waren. Alle litten unter trockenem und bellendem Husten. Man kannte Opa immer als exzellenten Arbeitgeber. Wenn Zahltag war – jeden Samstagmittag –, bestand er drauf, dass auch die Frauen kamen, um sich einen Teil des Geldes zu sichern, das die Männer sonst möglicherweise in Alkohol umgesetzt hätten. Eins machten diese Arbeiter jedoch immer mit ihrem hart verdienten Geld: Sie rannten zu Uncle Chadwick’s, einem Pfandhaus, um sich die Sonntagsanzüge auszuleihen, die sie für die Kirche benötigten oder für öffentliche Veranstaltungen. Das geschah nach dem wöchentlichen Bad in den frei stehenden Wannen, die man noch aus der viktorianischen Zeit kannte und die in den Keighley Public Baths und den Wash Houses in der Albert Street bereitstanden. Die Sonntagsanzüge wurden in der folgenden Woche wieder zurückgebracht, um ein wenig Extra auf der Tasche zu haben, das zweifellos in einem der Hunderte von Pubs und Clubs der Stadt verprasst wurde oder in einer der sechzig nicht-lizenzierten Kaschemmen.
Keiner der Männer in unserer Verwandtschaft trank viel, und das Rauchen war verpönt. Meine Eltern gönnten sich jedes Weihnachten einen kleinen Sherry oder mein Vater genehmigte sich einen kleinen Drink mit einem Kunden, aber es brauchte nicht viel, um ihn in eine kleine glückliche Seele zu verwandeln, mit einem permanenten Grinsen im Gesicht. Die Moore-Männer waren auch keine Fans konventioneller Sportarten wie zum Beispiel Fußball. Vater nahm mich nur zu den Rugby-Spielen mit, weil einer seiner jungen Arbeiter als Gedrängehalb im Keighley-Team kämpfte, doch eigentlich mochte er lieber Kricket. Da er die über das Röhrenradio verbreiteten Spiele nicht mitverfolgen konnte, fuhren wir immer nach Headingley in Leeds, um live dabei zu sein. Sein Held war W. G. Grace, der legendäre Kricketspieler mit dem großen, buschigen Bart, der in 22 Nationalspielen überzeugt hatte und fünf Jahre vor meiner Geburt verstarb. Schon Opa Thomas zählte zu seinen großen Fans und nahm seine Söhne mit, um „W. G.“ in Aktion zu sehen.
Ich weiß nicht mehr viel über meinen Großvater, bis auf die Tatsache, dass ich Respekt für ihn empfand. Er war die Art eines patenten Menschen, den jeder respektierte, obwohl er weder schreiben noch lesen konnte. Besonders freute ich mich über seine Güte, wenn er mir zu Weihnachten eine goldene Zwanzigschillingmünze überreichte, was damals viel Geld war, mit einem heutigen Gegenwert von ungefähr 50 Pfund. Ich legte sie zu den Half Crowns, die Dad mir zum Geburtstag schenkte, um das Geld für etwas Besonderes zu sparen. Verschwendung war noch nie meine Sache. Großvater und seine Frau Hannah kamen von ganz unten. Ein gemeinsames Merkmal der beiden war ihre Sauberkeit, woraufhin auch ich in einer sehr sauberen Familie aufwuchs. Mein Vater war sauber, und das traf auch auf Onkel Billy zu. Das erwartete man einfach. Oma Hannah war ganz besonders reinlich, immer bestens gekleidet und nach Lavendel duftend. Sie trug hochgeschlossene Blusen und hatte ihr weißes Haar hochgesteckt, ähnlich Queen Mary, nach deren Vorbild sie sich wohl richtete.
Während Opa nie seine Wurzeln vergaß, sich mühelos unter die ganz normalen Leute mischte und jeden Besuch in Blackpool genoss, um über die „Golden Mile“ zu schlendern, begleitete ihn Oma nur ein einziges Mal und weigerte sich dann. „Blackpool ist schrecklich! Es stinkt nach Fish and Chips und Käsefüßen.“ Sie mag wohl