Название | Nixentod |
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Автор произведения | Thomas L. Viernau |
Жанр | Триллеры |
Серия | |
Издательство | Триллеры |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783967525137 |
Der Mann in Grün schlürfte geräuschvoll seinen Kaffee und fuhr fort: »Sie lag mindestens ein bis zwei Tage im Wasser. Todesursache ist allerdings nicht Ertrinken. Anhand der vielen Blessuren, die der Körper aufwies, ist es schwierig, eine äußere Todesursache festzustellen, aber ich gehe davon aus, dass einige der Blessuren tödlich gewesen sein könnten.
Ich bin noch dabei, zu klären, welche davon erst post mortem hinzukamen. Außerdem hat sie zwei Splitterbrüche an beiden Armen. Schmerzhaft und mit Sicherheit vor dem Tode bekommen.
Inwieweit sie Spuren einer Kampfhandlung sein könnten, lässt sich allerdings nicht sagen. Es sieht eher so aus, als ob sie aus recht großer Höhe gesprungen war und dabei mit den Armen sich abstützen wollte. Unter den Fingernägeln habe ich allerdings kein Erdmaterial gefunden. Kann natürlich sein, dass die Leiche zu lange im Wasser lag und alle Erdspuren verschwunden sind.
Auch auffällig, dass keinerlei Hinweise auf ein Sexualdelikt vorhanden sind. Im Vaginalbereich wurden keine Spuren von Sperma gefunden.«
Linthdorf lauschte dem Bericht des Mediziners, kaute sein Croissant und schlürfte den Kaffee. Eigentlich hatte er gehofft, den ganzen Vorgang auf einen Stapel ablegen zu können, der speziell für solche Todesfälle mit unbekannten Personen, die nicht identifiziert werden konnten, eingerichtet worden war.
Im offiziellen Sprachgebrauch wurden diese als »Todesfälle mit Migrationshintergrund« bezeichnet. Nur selten kamen Anfragen aus den osteuropäischen Staaten zu den hier liegenden Akten. Im Büro von Linthdorf stapelten sich inzwischen schon fünfzehn solcher Akten zu denen es keinerlei Erkenntnisse und brauchbare Informationen gab. Er hatte dafür im untersten Regal Platz gemacht und den Stapel dorthin verbannt.
Jedes Mal, wenn er einen Blick darauf warf, wurde ihm schmerzhaft bewusst, wie wenig doch die moderne Kriminalistik zu solch hoffnungslosen Fällen beitragen konnte. Fünfzehn Schicksale nur hier bei ihm. Wie viele insgesamt es davon gab, ließ sich schwer schätzen, mit Kollegen hatte er sich darüber wenig unterhalten. Sein Chef musste darüber wohl einen größeren Überblick haben.
Aber da war wieder ein wunder Punkt im Leben Linthdorfs angerissen worden. Sein Chef, ein pedantischer Bürokrat mit der Gefühlswelt einer Kreuzspinne, hatte zu ihm ein eher angespanntes Verhältnis. Man ging sich aus dem Wege, so gut es ging.
Ab und an waren Treffen jedoch nicht vermeidbar. Linthdorf versuchte dann, die Informationen so klar und sachlich wie möglich darzulegen, um keinerlei Anhaltspunkte für Formfehler oder anderweitige Kritik zu geben. Allerdings endeten solche Arbeitstreffen meist mit einer totalen Missmutigkeit seitens Linthdorfs. Er zwang sich, an etwas Anderes zu denken, als an seinen Chef.
Also ein Tötungsdelikt, trivial auch als Mord oder Totschlag bezeichnet. Welche genaue Art und Weise zum Tode der Frau führte, galt es zu klären. Linthdorf wusste, dass er damit nun nicht mehr als Einzelkämpfer zu tun haben würde. Solche Kapitalverbrechen wurden im Dezernat immer im Team bearbeitet. Jeder war spezialisiert auf ein bestimmtes Aufgabenfeld, und einer koordinierte das Ganze.
Das gefiel Linthdorf deutlich besser als dieses zermürbende Stochern im Nebel auf verlorenem Posten. Für Kapitalverbrechen, speziell Tötungsdelikte mit unbekanntem Tathergang, gab es innerhalb des LKA operative Strukturen, die in kürzester Zeit zu einer Sonderkommission zusammengestellt werden konnten. Solchen Sonderkommissionen gehörten Ermittler, Leute der KTU und neuerdings auch Operative Fallanalytiker, die neudeutsch auch Profiler genannt wurden, an.
Von den vielen leerstehenden Räumen des LKA wurde dann eines in ein Großraumbüro umgewandelt. Seit zwei Jahren hatte er den Luxus eines Büros nur für sich selbst, allerdings empfand er diesen Luxus als unnötig. Im großen Büro mit den anderen Kollegen hatte er sich deutlich wohler gefühlt.
Hier in seiner »Kemenate« kam er sich abgeschoben vor. Bei diesen Gedanken vergaß er fast sein Gegenüber. Der Gerichtsmediziner schaute ihn schon eine ganze Weile an.
»Na, Probleme?«
Linthdorf schüttelte den Kopf.
»Nee nee, lass mal gut sein. Nur das Übliche. Ich muss auch gleich wieder los. Du schickst mir deinen Bericht?«
»Klar, mach ich. Falls mir noch etwas auffällt, ruf ich dich an. Ansonsten hast du nächste Woche den Bericht auf dem Schreibtisch. Grüß mal deinen Chef.«, dabei grinste er etwas hinterhältig. Ein kurzer Händedruck, und Linthdorf war schon auf dem Weg zurück.
Die Nixe und der Tänzer
Im Oderbruch wurde die Sage einer Nixe erzählt, die auf dem Grunde des Flusses leben sollte. Wenn am Sonnabend die Dorfjugend der Kolonistendörfer zum Tanz ging, reihte sie sich unauffällig ein. Nur Eingeweihte bemerkten, dass es sich bei der schönen Fremden um eine Nixe handelte.
Ihre Rockschöße tropften, und auch ihre Ärmel waren feucht. Die unbekannte Schöne tanzte mit den Dorfburschen, bis Mitternacht die Kirchenglocken ertönten, dann musste sie plötzlich gehen. Ein verwegener Bursche folgte ihr jedoch und sah, wie sie in der Oder verschwand.
Wieder luden die Bauern zum Tanz und wieder reihte sich die Nixe mit ein. Der Bursche ging direkt auf sie zu und forderte sie auf. Beim nächsten Tanz sprach er sie auf ihre Nixennatur an. Sie rannte davon, wurde aber vom Burschen schnell eingeholt.
Die Nixe flehte ihn an, sie ziehen zu lassen. Keiner durfte erfahren, dass sie hier zum Tanz war. Doch so einfach ließ sich der Bursche nicht abfertigen. Er hatte sich in sie verliebt.
Also sprach sie: »Lass mich zu meines Vaters Palast auf dem Grunde der Oder gehen. Siehst du weiße Blasen aufsteigen, ist alles gut. Wenn jedoch rote Blasen zu sehen sind, dann renn schnell weg.« Er begleitete sie zum Oderufer. Sie sprang ins Wasser. Lange war nichts zu beobachten, doch dann fing das Wasser zu brausen an und große rote Blasen stiegen auf. Der Bursche erschrak und rannte davon. Die Nixe jedoch ward nimmermehr beim Tanze gesehen.
Unterwegs im Oderland
Samstag, 7. Januar 2006
Linthdorf war unterwegs in seinem alterschwachen Daimler. Ihm zur Seite saß ein jugendlicher Blondschopf, der mit großen blauen Augen die Landschaft begutachtete. Es war noch früh am Morgen. Die Sonne blendete beim Fahren. Die Fahrt ging Richtung Osten, der Sonne entgegen.
Auf der B1 war der übliche Stau. Man bewegte sich bei Tempo 30 im Ampeltakt. Linthdorf wusste, dass hinter Vogelsdorf die Straße wieder freier wurde, da viele Autos auf die Autobahn fuhren.
Er mochte mit seinem betagten Automobil nicht mehr auf diesem Hochgeschwindigkeitskurs mithalten, fuhr lieber gemütlich auf den Bundesstraßen übers Land. Die Landschaft und die Dörfer gemächlich vorüberziehen zu sehen, war für ihn ein kleiner Luxus, den er sich regelmäßig gönnte, wenn er einmal freie Zeit hatte. Meist fuhr er an einem Wochenende einfach los, ein richtiges Ziel hatte er nicht, aber er genoss den Weg. Unterwegs hielt er dann bei einem Landgasthaus, verzehrte einen Fisch oder etwas Deftiges aus der märkischen Küche, streifte mit seiner Kamera durch alte Gemäuer, Klosterruinen und verfallene Gutshöfe, um festzuhalten, was noch nicht dem völligen Verfall preisgegeben war, oder fotografierte die melancholische Landschaft der Mark. Die Kamera lag daher auch immer auf dem Rücksitz seines alten Daimler.
Der Daimler war zwar offiziell ein Dienstwagen, aber keiner der Kollegen machte ihm den altersschwachen Wagen streitig. Die waren eher auf die schnittigen neuen Modelle versessen und stritten sich darum, wer nun den 5er BMW und wer den A6 Audi steuern durfte.
Die Kripo hatte einen Fahrzeugpool, der durch Beutewagen stets mit neuen Modellen