Название | Wacken Roll |
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Автор произведения | Andreas Schöwe |
Жанр | Изобразительное искусство, фотография |
Серия | |
Издательство | Изобразительное искусство, фотография |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783854453772 |
Dann wuchsen die Besucherzahlen des Festivals rasant an, und es existierte ein immer größerer Flächenbedarf. Und da ich ja fast jeden hier im Dorf persönlich kenne, kümmerte ich mich dann darum, dass uns die benachbarten Kollegen ihre Äcker für die Festivaltage zur Verfügung stellen, sie uns diese verpachten. Dabei kam ich natürlich auch mit denjenigen Herrschaften in Berührung, die das Festival mit Argwohn betrachteten. Sie wollten einfach nur ihre Ruhe haben, fühlten sich durch die laute Musik gestört. Einer von ihnen hat sich regelrecht quergestellt – sein Herz verkraftet angeblich nicht den Radau. Also drückte ich ihm vierhundert Mark in die Hand, damit er über das fragliche Wochenende wegfahren und sich irgendwo einen Ruhigen machen kann. Im Jahr darauf feilschte er schon herum, wollten unter fünfhundert, sechshundert Mark nicht einwilligen. Dann nahm er das Geld – und blieb trotzdem zuhause. Angeblich sind seine Herzprobleme verschwunden gewesen. Dem habe ich aber Beine gemacht: „Entweder, du fährst jetzt weg – oder du gibst mir das Geld zurück!“ Da ist er dann doch gefahren …
Heute pachten wir für die „fünfte Jahreszeit“, wie wir das Festival nennen, Ackerflächen dazu. Insgesamt kommen wir mittlerweile auf 187 Hektar Flächenausdehnung – das sind ungefähr zweihundert Fußballplätze. Während des Festivals betreiben wir einen eigenen Stand, schenken Bier aus, verkaufen belegte Brote und Brötchen. Natürlich gehe ich Patrouille, schaue, ob es irgendwo Probleme gibt. Meistens komme ich nicht weit: Ich muss Autogramme geben. Irgendwann wurde mir das zuviel. Deswegen sagte ich: „Ab jetzt nur noch Mädchen – und nur auf die Titten!“ Ich kam dann trotzdem nicht viel schneller voran. Weil ich da nämlich dann mit meinem ganzen Namen signierte …
Unmittelbar nach dem Festival, gleich am Montag, beginnen wir unter meiner Leitung mit der Platzreinigung. Da gibt es schon regelrechte Organisationen, die die freiwilligen Helfer zu uns rankarren und ihnen den Job vermitteln. Denn wir zahlen nicht nur 25 Euro für die drei Stunden Reinigung plus Getränke plus ein halbes Hähnchen – viele bringen auch die Pfanddosen und –Flaschen weg und kommen so noch einmal auf bis zu 300 Euro Verdienst. Auch sonst bietet das Zurückgelassene noch einen schönen Nebenverdienst. Die Schrothändler zum Beispiel, die die zurückgelassenen Grillgerätschaften einsammeln. Oder auch die Dorfbevölkerung, die dann die Zelte abbaut – für die Kinder, die damit noch problemlos in die Ferien fahren können. Eine unserer Nachbarinnen hatte sich da schon auf ein besonders schönes, großes Zelt gefreut. Auch als sie sich das Zelt aus der Nähe anschaute, konnte sie keinen Schaden erkennen, freute sich umso mehr auf den nächsten großen Campingurlaub. Doch als sie in das Zelt reinschaute, war sie restlos bedient: Da hatten die Jungs eine Grube ausgehoben und diese bis zum Eichstrich zugeschissen. So wurde es dann doch nichts mit dem schönen, neuen Gratis-Zelt.
Nachdem wir mit unseren Freiwilligentrupps die Grobreinigung vorgenommen haben, rückt eine Spezialfirma an, die die Flächen selbst vom kleinsten Glassplitter befreit, schließlich handelt es sich bei dem Gelände größtenteils um Weideflächen, und die Tiere sollen ja nichts von dem Zeugs verschlucken, geschweige denn sich daran verletzen. Dieser Spaß kostet natürlichen ein Heidengeld – was viele Außenstehende weder sehen noch sehen wollen. Ebenso wenig wie die Investitionen in das Gelände: Auf dem Hauptplatz vor den Bühnen wurden Dränagen im Wert von 700.000 Euro verlegt, um so bei starken Regenfällen wie zuletzt 2007 einen schnelleren Abfluss der Wassermassen zu erreichen. Außerdem wurden die wichtigsten Wege mit Panzerplatten befestigt. Jedenfalls wollen wir auch in Zukunft gut gerüstet sein, um den Langhaarigen weiterhin eine tolle Party zu bieten und vielleicht in fünf Jahren das nächste Jubiläum zu feiern: ein Vierteljahrhundert Wacken:Open:Air!!!“
Bauer Uwe Trede wurde durch W:O:A selbst zur Kultfigur.
Ein Blick auf Weide und Acker von Uwe Trede.
Gerald Wilkes, Continental Concerts
Gerald Wilkes vertritt über seine Management- und Konzertagentur Continental Concerts solch international renommierte Acts wie Amon Amarth, Children Of Bodom, Nevermore, Sonata Arctica, Axel Rudi Pell, Stratovarius sowie Sodom und Onkel Tom – und hat vor gut 15 Jahren sein Rocker-Herz in Wacken verloren: Seit Mitte der Neunziger unterstützt er das W:O:A-Team tatkräftig auf dem Sektor der Künstlerbetreuung. Diese langjährige Tätigkeit bahnte sich aber eher zufällig an …
Gerald Wilkes: „Mein erster Job im Rock-Business ist der des Merchandiser für das 1987 durch unsere Landen tingelnde Gespann Kreator/Voivod gewesen. Bereits ein Jahr später absolvierte ich meine erste Gastspielreise als Tourleiter – für Sodom und Whiplash. Zu der Zeit zunehmend im Metier des Tour-Managenemts involviert, suchten wir natürlich für die von uns betreuten Künstler ständig Clubs, Hallen und Festivals, in die wir die Musiker für Auftritte hineinbuchen konnten. Was sich für den In-doors-Sektor noch einigermaßen vergnüglich gestaltete, nahm damals für den Open-Air-Bereich den Charakter einer „Mission: Impossible“ an. Denn Ende der Achtziger und Anfang der Neunziger gab es schlichtweg kaum Festivals, die in ihrem Billing die Prioritäten beim Heavy Metal setzten, geschweige denn sich gewillt zeigten, Metal-Bands zu verpflichten.
Umso erfreuter waren wir, als wir hörten, dass da oben nördlich von Hamburg ein paar Fans Initiative zeigten und hartnäckig versuchten, ein Metal-Event förmlich aus dem Acker zu stampfen. Zwar verschlug es uns selbst anfangs noch nicht vor Ort nach Wacken. Dennoch halfen wir den Jungs, Bands zu buchen, und vermittelten ihnen diesen oder jenen Act: zum Beispiel 1993 die schweizer Industrial-Metaller Samael, 1994 dann Skyclad und Gamma Ray sowie 1995 Tom Angelripper, die deutschen Schwermetaller Depressive Age und die schwedischen Düster-Metaller Tiamat als Headliner. Und erst in diesem Jahr, 1995, führten mich meine Wege direkt nach Wacken – in erster Linie als Betreuer von Tom Angelripper.
Dabei lernte ich Holger und Thomas endlich persönlich kennen – und verstand mich auf Anhieb mit ihnen: Ich spürte, dass sie direkt aus der Metal-Szene kamen, ihr sehr verbunden sind – und begriff sehr gut ihre Vision, als Metal-Fans Ihresgleichen eine tolle Party bieten zu wollen. Gleichzeitig lernte ich Holgers Frau Heike kennen: Sie übte die Funktion des Ansprechpartners für die so genannten „Artist Production“ – also die Künstlerbetreuung – aus. Und wurde in ihrem kleinen Kabüffchen förmlich überrannt: Der eine Herr brauchte unbedingt Handtücher für seine Band, der nächste ein Taxi zurück ins Hotel – und ständig nervte jemand wegen Bier und Zigaretten. Der alltägliche Wahnsinn eben, wenn man solch einen Kindergarten wie gestandene Rockmusiker betreut. Nur mit dem Unterschied, dass ich das von Berufswegen her kannte, Heike aber nur einmal im Jahr – und dann massiv – mit solchen Verhältnissen konfrontiert wurde.
Also setzte ich mich zu Heike, unterstützte sie und nahm ihr jede Menge Arbeit ab – und verhinderte wohl so auch ihren sonst wohl unweigerlichen Nervenzusammenbruch. Für das nächste Jahr, also 1996, bot ich Holger und Thomas an, mich gleich von Anfang an mit meinem erfahrenen Team um die „Artist Production“ zu kümmern, zunächst für ein Jahr – sozusagen auf Probe. Das funktionierte derart gut, dass sich diese Zusammenarbeit bis in die heutigen Tage fortsetzte.
Natürlich erlebte ich so die Entwicklung des Open Airs von einer etwas anarchistischen Metal-Party hin zu einem professionell durchorganisierten Metal-Festival, der Welt größtem noch dazu, hautnah mit. Damals reisten wir erst unmittelbar einen Tag vorher an, ließen es uns gut gehen, feierten manchmal sogar mit den Bands und Fans. Inzwischen können wir uns solche Annehmlichkeiten restlos abschminken, denn der Organisationsaufwand stieg ins Immense. Mein Kollege Jörg Michael zum Beispiel reist heutzutage knapp zwei Wochen vorher in Wacken an, richtet in einem Container unser Büro ein, nimmt an den jeden Tag stattfindenden Meetings und Lagebesprechungen mit der Festival-Leitung teil. Denn mittlerweile reisen die Fans ja schon eine Woche vor dem eigentlichen Festival an, verbringen dort bis zu 14