Ein Leben in eigenen Worten. Freddie Mercury

Читать онлайн.
Название Ein Leben in eigenen Worten
Автор произведения Freddie Mercury
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Серия
Издательство Изобразительное искусство, фотография
Год выпуска 0
isbn 9783854456018



Скачать книгу

einige Leute, die für mich arbeiten, sagten, dass man sie ganz hinten im Stadion gar nicht sähe – wenn sie nicht doppelt so groß wie die von Dolly Parton wären. Also musste ich mir ein Paar größere Titten besorgen. Ich weiß nicht, warum es sie so aufgebracht hat, dass ich mich als Frau verkleidete, denn es gab einen Haufen Transvestiten dort – die kann man dort an jeder Straßenecke finden.

      Natürlich habe ich mich nicht deshalb weiterhin so gekleidet, weil ich sie provozieren wollte, und man hätte mich dafür auch beinahe gesteinigt wie die Königin von Saba, aber meine Titten wollte ich für nichts und niemanden aufgeben!

      Ich war derjenige, der mit dem Touren aufhören wollte, um den Kreislauf zu durchbrechen, in dem wir uns schon so lange befanden. Wenn wir weiterhin auf Tournee gingen, dann wollte ich das aus vollkommen anderen Gründen tun. Ich hatte die Nase voll von diesen bombastischen Lichtanlagen und Bühneneffekten. Ich dachte, in meinem Alter sollte ich nicht mehr in einem Gymnastikanzug herumrennen. Ich kann Ihnen sagen, ich bekam die Nachwirkungen des Tourens zu spüren – es war, als wäre ich jeden Abend einen Marathon gelaufen. Ich war voller blauer Flecken.

      Bevor wir zu unserer Magic-Tournee aufbrachen, war ich sehr besorgt, weil ich meine eigenen Grenzen kannte und dachte, das Publikum würde von mir erwarten, dass ich dasselbe täte, was ich immer getan hatte. Ich dachte: „Großer Gott! Ich muss das alles nochmal durchstehen.“ Und wenn man einmal auf Tournee ist, gibt es keine Entschuldigungen mehr. Es ist nicht wie früher, wo ich tun und lassen konnte, was mir beliebte, weil ich wusste, dass ich damit durchkommen würde. Jetzt sieht jeder ganz genau hin.

      Ich habe ein kleines Bäuchlein bekommen, ein bisschen Wohlstandsspeck zugelegt, und in dem Moment, wo sie auch nur ein winziges Stückchen davon zu Gesicht bekommen, werden sie anfangen, mich „Fatty Mercury“ zu nennen. Ich musste all diese Dinge bedenken und dafür sorgen, dass ich in Topform war. Aber ganz egal, wie gut man sich auch vorbereitet – ob es funktioniert, weiß man erst in dem Augenblick, wenn man das erste Konzert gibt, und dann ist es zu spät, weil die ganze Tournee bereits geplant ist und die Hallen gebucht sind.

      Wir dachten immer, wenn wir nicht in der Lage wären, die Art von Show abzuziehen, die wir wollten, dann sollten wir das Ganze lieber bleiben lassen. Ich hasse es zutiefst, wenn man einen Auftritt hat und dann hinterher nach Entschuldigungen sucht. Das ist Scheiße. Wenn man ein Konzert gibt, muss man auch dazu stehen.

      Was mir außerdem Sorgen bereitete, war, dass meine Stimme immer mehr beansprucht wurde. Je mehr Stimmgymnastik ich im Studio treibe, desto mehr muss ich das auch auf der Bühne tun, denn wenn ich es nicht täte, würden die Leute sagen: „Aha, das bekommt er also nur mit Hilfe der Studiotechnik hin.“ Und das hasse ich.

      Ich genieße die räumliche Freiheit der Bühne und renne auch gerne ein bisschen herum, aber als ich die Entwürfe für die Magic-Bühne sah, dachte ich: „Ach, du großer Gott! Was soll ich denn da bloß machen? Da brauche ich ja Rollerskates, um von einer Seite zur anderen zu gelangen.“ Ich wollte niemanden enttäuschen, also wollte ich die Tour anfangs einfach gar nicht machen. Aber ich denke, das ist alles eine Frage der Einstellung. Obwohl ich dachte, ich sollte nun ein gewaltiges Trainingsprogramm absolvieren, sagte ich mir am Ende einfach: „Ach, scheiß drauf! Ich werde mich einfach mental darauf konzentrieren.“ Also machte ich ein paar Liegestütze, und obwohl die ersten drei oder vier Shows eine Qual waren, wurden meine Muskeln langsam warm, und danach war alles in Ordnung. Ich bin froh, dass wir diese Tour gemacht haben, weil es eine unserer erfolgreichsten Tourneen überhaupt war, und ich bin froh, dass ich meinen inneren Schweinehund überwinden konnte.

      Meine Stimme hat mir seit den ersten Jahren, in denen wir auf Tournee gingen, immer Schwierigkeiten bereitet, weil wir früher sehr umfassende Tourneen machten und manchmal sogar noch Matineen gaben. Könnt Ihr euch vorstellen, wie ich eine Matinee gebe, meine Lieben? Am Ende bekam ich Stimmbandknötchen, freche Schwielen, die da einfach in meinem Hals wuchsen, und von Zeit zu Zeit beeinträchtigten sie meine stimmlichen Fähigkeiten. Das kommt davon, wenn man seine Stimme missbraucht, und wenn man die Knötchen erst einmal hat, gehen sie nicht mehr weg, sie kommen immer wieder.

      Bei einem Konzert – ich glaube, es war in Zürich – versagte mir auf der Bühne regelrecht die Stimme. Ich dachte: „Mein Gott, was soll ich jetzt bloß tun?“ Ich konnte kaum sprechen, brachte nichts heraus, und das war ein äußerst unangenehmes Gefühl. Normalerweise kann ich das alles noch hinbiegen, aber auch das gelingt nur bis zu einem gewissen Grad, und danach wird es lächerlich. Also sagte ich: „Scheiß drauf!“, ging von der Bühne und ließ die anderen drei einfach stehen. Ich hatte das Publikum zuvor noch nie derart enttäuscht. Irgendwie war es mir stets gelungen, diesen kritischen Punkt zu überwinden, und das gesamte Konzert zu Ende zu bringen. Jetzt aber musste ich es tun, und das kotzte mich wirklich an. Seit jenem Tag ist das mein schlimmster Albtraum. Es ist einmal passiert, also könnte es wieder passieren.

      Manchmal kommt es vor, dass die Hitze der Lampen das Trockeneis daran hindert, aufzusteigen, und ich muss in einem Nebel singen. Das gehört zu den ganz alltäglichen Unwägbarkeiten einer Tournee, aber es ist sehr frustrierend, weil man ja diese hohen Töne singen will. Statt dessen singt man eine Oktave tiefer, weil man es nicht riskieren möchte, dass einem die Stimme wegbleibt, und krächzt herum. Bei ein paar Sätzen öffnete ich den Mund, und nichts kam heraus. Die anderen hatten Mitleid mit mir, aber was konnten sie schon tun? Sie können mich ja nicht anschreien und sagen: „Du hast gefälligst eine Stimme zu haben.“ Sie halfen mir sehr. Manchmal, wenn ich zu einem hohen Ton gelangte, öffnete ich nur meinen Mund, und Roger sang ihn. Roger singt sehr gut und Brian ebenfalls. Sie waren meine Krücken, wenn ich sie brauchte.

      Meine Knötchen sind immer noch da, also muss ich mit dem Rotwein aufpassen und mich aufwärmen. Dazu mache ich etwas, das ich „falsche Oper“ nenne. Ich mache es allerdings nackt, denn dann bekommt es eine gewisse Pikanterie. Angezogen funktioniert es nicht, also singe ich im Adamskostüm.

      Ich ging zu verschiedenen Halsspezialisten, und ich kenne sie inzwischen alle. Aber sie sagen einem immer nur, dass man sich erst einmal erholen und die Tour abblasen oder gleich eine Operation in Betracht ziehen soll. Ich war fast soweit, dass ich mich einer Operation unterzogen hätte, aber dann gefiel mir der Arzt nicht, und außerdem beunruhigte mich der Gedanke, dass ich mir irgendwelche seltsamen Instrumente in den Rachen stecken lassen sollte.

      Wenn eine Tournee vorüber ist, werde ich immer depressiv und verstimmt. Plötzlich ist man wieder daheim und muss sich selbst wieder zurecht finden. Man muss seinen Tee wieder selbst zubereiten, dabei bin ich es doch gewohnt, umsorgt und verwöhnt zu werden, meine Lieben.

      Im Großen und Ganzen will ich, dass mich die Leute als jemanden sehen, der seine Songs gut singt und sie ordentlich auf die Bühne bringt. Ich möchte, dass die Leute ein Queen-Konzert mit dem Gefühl verlassen, dass sie gut unterhalten worden sind und einen netten Abend verbracht haben. Das ist reine Wirklichkeitsflucht, als gingen sie ins Kino und würden sich einen guten Film anschauen. Danach können alle nach Hause gehen, sagen, dass es toll war, und zu ihren Problemen zurückkehren.

      Bildstrecke 1

      Stolz zeigt Mutter Jer den sieben Monate alten Farrokh im Garten des Hauses der Familie in Sansibar (wo Freddie geboren wurde). Es waren glückliche Zeiten für die Familie. Freddies Vater Bomi arbeitete als Kassierer des Obersten Gerichts von Sansibar, und der kleine Farrokh schien stets zu lächeln, wie hier zu sehen ist. Freddies Mutter Jer erinnert sich, dass Freddie schon als Baby gerne für die Kamera posierte.

130721.jpg

      Wieder dieses unverkennbare Lächeln: Freddie, in der Mitte, präsentiert sich mit den Hectics (seine allererste Band – am Internat St. Peter in Panchgani). Haartolle und Bundfaltenhose bieten noch keinerlei Hinweise für die phantasievollen Kostüme, die in späteren Jahren zu seinem Markenzeichen auf der Bühne werden sollten.

130711.jpg

      Mit seiner Band Ibex