Tattoos & Tequila. Vince Neil

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Название Tattoos & Tequila
Автор произведения Vince Neil
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Серия
Издательство Изобразительное искусство, фотография
Год выпуска 0
isbn 9783854453543



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dennoch an einigen der größten Mötley-Hits beteiligt, beispielsweise an „Home Sweet Home“, „Wild Side“ und „Same Ol’ Situation“. Dass er stets ein Entertainer mit vielen verschiedenen Facetten gewesen ist, geht bei der Leichtigkeit, mit der er auf der Bühne zu Werke geht, manchmal unter; was wie unbekümmerte Wildheit aussieht, ist tatsächlich das Produkt jahrelanger Mühen und Erfahrung. Er war stets der vollendete Showman.

      Abseits der Bühne hatten alle vier Mötley-Crüe-Musiker ein dramatisches Leben: Mick mit seiner ankylosierenden Spondylitis, die ihn allmählich zum Krüppel machte, und den problematischen Frauenbeziehungen, Nikki mit seinen vieldokumentierten Abhängigkeiten und Tommy, der sich mit dem Ruhm, den Frauen, eigenwilligen Frisuren und Therapien zur Aggressionsbewältigung herumschlug. Aber keiner von ihnen durchlebte solche Höhen und Tiefen wie ihr Frontmann. 1984 wurde Vince der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen, nachdem sein enger Freund Nicholas „Razzle“ Dingley von den Hanoi Rocks nach einer dreitägigen Drogenparty in einem Wagen starb, an dessen Steuer der fahruntüchtige Vince gesessen hatte. Bei dem Unfall wurden zudem Fahrerin und Beifahrer eines anderen Fahrzeugs schwer verletzt, die beide bleibende Schäden davontrugen. Vince zahlte 2,5 Millionen Dollar Entschädigung und kam ins Gefängnis. Einige Jahre später, nachdem er bei Mötley Crüe gefeuert worden/ausgestiegen war, saß er hilflos am Krankenbett seiner vierjährigen Tochter und musste zusehen, wie sie ihren Kampf gegen den Krebs verlor. In der Zeit danach suchte Vince sein Heil in der Flasche; heute gibt es eine Wohltätigkeitsorganisation, die den Namen seiner Tochter trägt, die Skylar Neil Foundation.

      Vince wird noch immer von vielen Dämonen geplagt, von denen er sich einige, wie ich vermute, selbst nicht erklären kann. Er bezeichnet sich als „Entertainer“. Er braucht andere, die Songs schreiben, vertonen, arrangieren und umsetzen. „Ich gehe da raus und verkaufe die Songs“, sagt er. Wie viele Diven vor ihm, fühlt auch er sich abseits der Bühne artikulationsunfähig, im kalten, gnadenlosen Licht der Realität, zu der es kein Drehbuch gibt. Allein, ohne ein Publikum, ohne Gesellschaft fühlt er sich verloren und unsicher. Soviel wissen wir. Das erklärt vieles.

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      Als er in seinem Lamborghini vorfährt, beobachte ich ihn durch eine Tür, die man offen gelassen hat, damit der Bierdunst und Pheromongestank vom vorigen Abend aus der Bar abziehen kann. Das Feelgoods ist der Prototyp einer neuen Restaurantkette; man hofft, eines Tages in den USA 40 solcher Läden zu betreiben. Vince gehören 30 Prozent an dem Unternehmen. Sie schicken ihm gelegentlich einen Scheck. Er kann hier essen und anschreiben lassen. Das Interieur besteht aus lila Samt, Leder und Leopardenfellimitat. Eine Riesenwand von Marshall-Verstärkern überragt die eher kleine Bühne, auf der sich an mehreren Abenden in der Woche Live-Bands austoben. In Vitrinen sind einige Gitarren aus seinem Fundus zu sehen, goldene Schallplatten und der feuerfeste Anzug, den er früher bei seinen Autorennen getragen hat; auf dem Weg zu den Toiletten steht ein voll verchromter und nach allen Regeln der Kunst aufgemotzter Chopper. Über die Fernsehschirme flimmert eine Greatest-Hits-Sammlung von Rockvideos; dadurch entsteht eine ähnliche Atmosphäre wie in einer Sports Bar, mit dem einzigen Unterschied, dass hier das beherrschende Thema eben Rockmusik ist; ein Museum, das sich als Kneipe getarnt hat. Ein älteres Pärchen – er mit grauem Pferdeschwanz, sie mit tiefschwarz gefärbtem Haar, beide in Leder – sitzen in einer Nische und essen. Die Mitte des Raumes wird von einem runden Tisch beherrscht, um den sich Männer in identischen Arbeitshemden geschart haben, alle mit einem Namensaufnäher auf der Brusttasche. Einige haben sich offenbar den Mittagstisch für 6,95 Dollar bestellt, der hier als Zugeständnis an den wirtschaftlichen Abschwung seit neuestem auf der Karte steht.

      Natürlich kam ich zu früh zu diesem Treffen. (Ich war allerdings auch schon am ersten Tag zu früh da gewesen.) Meine Mission: In den Kopf eines Rockstars zu klettern und daraus zu bergen, was mir in die Hände fällt – die Erinnerungen, die Sensationen, die gesammelten Erfahrungen, Sex und Drogen, phantastische Erlebnisse ebenso wie Schmerz. Die Chronik eines Lebens, das ganz im Zeichen ungezügelter Exzesse stand. Es könnte heiß und eng sein in diesem Kopf, und manchmal vielleicht auch nicht so gut riechen.

      Also schnappe ich mir mein Klemmbrett und meinen DAT-Recorder (und meine süße kleine Flipcam, die, wie sich bald herausstellen wird, überhaupt nichts taugt) und treffe mich mit ihm am Eingang. Aus der Nähe betrachtet ist er noch immer ein gut aussehender Mann, der sich seine schönen Züge mittels einer Reihe von schönheitschirurgischen Eingriffen erhalten hat, von denen einige in schmerzvollem Detail 2005 in der VH1-Serie Remaking Vince Neil dokumentiert wurden. Er ist umgeben von einer angenehmen Wolke eines Lagerfeld-Parfüms, das inzwischen nicht mehr hergestellt wird, von dem er jedoch Restbestände aufgekauft und eingelagert hat. Er schüttelt mir herzlich die Hand und führt mich ins Restaurant. Mit einem Samtband ist ein kleiner VIP-Bereich abgeteilt. Vince zeigt mir stolz die vier Tische, die er speziell für diesen Club entworfen hat. Wenn man sie zusammenschiebt, ergeben sie die Form einer riesigen Gitarre. Der untere, gerundete Teil wird von einem Ledersofa eingefasst. Wir setzen uns an den Vierertisch, der den untersten Teil des Griffbretts darstellt, auf dem auf der Gitarre die höchsten Töne gespielt werden.

      „Bist du bereit?“, frage ich ihn.

      „Frag mich, was du willst“, erwidert er. Sein Gesicht gibt nichts preis. Seine Stimme ist dünn und ein wenig heiser. Er hat die Eigenheit, am Ende eines Satzes mit der Betonung ein wenig nach oben zu gehen; sein melodischer kalifornischer Dialekt lässt viele seiner Feststellungen wie Fragen klingen.

      Mike Sager, La Jolla, Kalifornien, 3.1.2010

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      Hey – tut mir Leid wegen gestern, Alter.

      Ich wollte meinen Lamborghini von meinem Haus in Danville oben in Nord-Kalifornien nach Las Vegas bringen lassen. Gewissermaßen im Austausch gegen meinen Ferrari, der dafür nach Danville gehen sollte. Bei solchen Sportwagen muss man immer ein wenig auf die Kilometerleistung achten. Immerhin sind sie Sammlerstücke, eine echte Investition. Und der Lambo macht in Las Vegas einfach mehr Spaß; hier gibt es lange, gerade Straßen, auf denen man ihn so richtig ausfahren kann. Wobei ich natürlich nie schneller fahre als erlaubt ist, klar?

      Der Fahrer sollte gegen Mittag hier sein, aber dann hat es wohl die ganze Zeit richtig heftig geregnet; er sagte später, auf der Strecke hätte es 14 Unfälle gegeben, und daher tauchte er erst kurz vor sechs auf. Und meine Assistentin, die hier in Vegas wohnt und mir eigentlich den Rücken frei halten sollte, was solche Dinge angeht, war mit meiner Frau und meiner Schwiegermutter unterwegs, Weihnachtseinkäufe machen. Mein Schwiegervater ist vor kurzem gestorben, deshalb hat meine Frau ihre Mutter eine Weile zu uns geholt. Was kann man da machen? Du weißt doch, wie’s läuft, oder? So ist das mit dem glamourösen Rockstar-Leben. Da hast du eine Assistentin, aber wenn du sie mal brauchst, dann ist sie mit deiner Frau unterwegs, und du musst das, was getan werden muss, eben selbst erledigen. Und deshalb hockte ich gestern zu Hause und habe auf diesen Typ mit meinem Auto gewartet, um ihm die Garage aufzumachen. Und ich habe echt lange gewartet. Ich konnte nicht weg. Irgendwann habe ich meine Assistentin angerufen und gebrüllt: „Kelly? Wieso sitze ich hier rum und warte auf den Typ mit dem Auto, wo ich doch eigentlich mit den Interviews für mein Buch anfangen sollte!“ Und da sagt sie mir, echt, ich fass es nicht … sie wusste die ganze Zeit, dass der Typ zu spät kommen würde. Sie wusste Bescheid, hielt es aber nicht für nötig, mir mal was zu sagen. Niemand hat mir was gesagt! Sie meinte nur: „Ich habe doch gesagt, der Fahrer würde sich verspäten.“ Hatte sie nicht!

      Niemand erzählt mir irgendwas, ich schwör’s dir. Das kann eines Tages auf der B-Seite von meinem Grabstein stehen: „Niemand hat ihm je etwas erzählt.“ Was auf die Vorderseite soll, weiß ich noch nicht. Die Zeilen wurden noch nicht geschrieben. Da kam doch neulich das neue Mötley-Crüe-Album raus, die neue Greatest-Hits-CD. Ich wusste überhaupt nichts davon! Das war echt ein Ding. Ich sitze in diesem Interview, und der Reporter meint: „Erzähl doch mal was über das neue Greatest-Hits-Album von Mötley.“ Und ich so: „Wovon redest du da?“ Niemand hat mir erzählt, dass eine Platte erscheint. So was passiert andauernd. Weißt du, ich hab meiner Assistentin gesagt: „Kelly,