Das Mitteldeutsche Seenland. Vom Wandel einer Landschaft. Lothar Eißmann

Читать онлайн.
Название Das Mitteldeutsche Seenland. Vom Wandel einer Landschaft
Автор произведения Lothar Eißmann
Жанр Книги о Путешествиях
Серия
Издательство Книги о Путешествиях
Год выпуска 0
isbn 9783867295093



Скачать книгу

Inkohlungsprozesse die Braunkohle entwickelte, begann noch im Mitteleozän vor rund 50 Mio. Jahren. Die bis 100 m mächtigen Flöze des Geiseltals westlich von Merseburg sind die ältesten abbauwürdigen der Region. Das Sächsisch-Thüringische Unterflöz ist der älteste flächenhaft verbreitete Kohlekörper der Leipziger Bucht und eine der Hauptadern der Kohlegewinnung in ihrem südlichen Teil zwischen Neukieritzsch, Lucka und Profen (Tagebaue Schleenhain, Groitzscher Dreieck, Profen) und den südlichsten ehemaligen Kohlegewinnungsstätten bis Teuchern, Zeitz, Meuselwitz und Altenburg. Doch erreicht diese Flözfolge längst nicht die Ausdehnung des obereozänen Bornaer-Thüringer Hauptflözes (II/III) und unteroligozänen Böhlener Oberflözes, die in den Tagebauen Zwenkau, Cospuden und Espenhain und in jenen um Borna (Tagebaue Witznitz, Bockwitz) gewonnen wurden und die bis in das nördliche Stadtgebiet von Leipzig weiterziehen, wobei die Mächtigkeit des Bornaer Hauptflözes stark ab-, die des Böhlener Oberflözes bis in den Süden Leipzigs zunimmt. Unter dem Augustusplatz besitzt das Bornaer Flöz nur noch eine Stärke von rund 1 m, das Böhlener Flöz hingegen 12 m, bei einem trennenden Ton von rund 1 m Mächtigkeit.

image

      image Aufrechtstehender Baumstubben im gebänderten Bornaer Hauptflöz (Flöz II) des Tagebaues Schleenhain. 2001.

      Noch vor der Moorbildung des Böhlener Oberflözes drang die tertiäre Nordsee zum ersten Male in einer flachen, durch schmale Landzungen gegliederten Bucht mit Lagunen hinter den Stränden in die mittlere Leipziger Bucht bis in die Gegend südlich von Markkleeberg und südlich von Pegau vor. Während des Meeresrückzuges setzte die Moorbildung des Böhlener Oberflözes ein, die bis zum Zeitpunkt einer erneuten Meeresüberflutung fast ohne Unterbrechung weiterging. In zwei Überflutungsphasen schob sich das mindestens 50 m tiefe Meer bis Zeitz, vielleicht bis Gera nach Süden vor. Es kamen die überwiegend aus Feinsanden, im mittleren Teil aus Schluff und Ton bestehenden unteroligozänen Böhlener Schichten zum Absatz. Sie bilden in der Leipziger Bucht die Hauptfundschicht von Moostierchen, Armfüßern, Muscheln, Schnecken, Krebstieren, Stachelhäutern, Fischen (Knorpel- und Knochenfischen), Reptilien (Krokodile, Schildkröten), Vögeln und Säugetieren, darunter Resten von eingeschwemmten Landsäugern wie Nashorn, Tapir und Schreckschwein, sowie Grab- und Wühlgefügen von Würmern, Mollusken, Seeigeln und Krabben. Das Landschaftsbild dieser Zeit war geprägt von breiten, weichen Sandstränden, die von Dünen überragt wurden. Lagunen oder kleine Haffseen im Hinterland, Schilfgürtel und Mangrovenwälder in Buchten vervollkommneten das Bild der anmutig-stillen Küstenszenerie an den südlichsten Gestaden der oligozänen Urnordsee in Mitteleuropa, in der Bucht von Leipzig.

      Die sicher braunkohlenzeitliche Folge in der weiteren Umgebung von Leipzig schließt ab mit Sanden, Kiesen und Tonen der oberoligozänen Thierbacher Schichten und hellen Tonen, glimmerreichen Sanden mit Relikten eines unreinen Braunkohlenflözes des unteren Miozäns (Bitterfelder Schichten).

image

      image Die ältesten Meeressedimente der tertiären Urnordsee in der südlichen Leipziger Bucht. Die bis mehr als 30 m mächtige, weiß-gelb, gelbbraun bis schwarz gefärbte, durch Grabgänge (Bioturbation), durch Anreicherung von Schwermineralen und Verkieselungen (Tertiärquarzite) charakterisierte Schluff-Sand-Abfolge der Domsener Schichten im Liegenden des Böhlener Oberflözes zählt zu den geologisch interessantesten und rätselhaftesten Sedimenten des Tagebaues Profen. 1993.

       Flussschotter und Gletscherablagerungen

       Eiszeit und Nacheiszeit (Quartär)

      Nach der Braunkohlenzeit schnitten sich die Flüsse mit Unterbrechungen durch Schotterüberfrachtung während der Kaltzeiten bis 40 m in die braunkohlenzeitlichen Schichten ein. Während dieser Halte wurden in bis 15 km breiten Tälern 6 bis 12 m mächtige Flussschotter abgesetzt. Ein bemerkenswertes Tal aus dieser Zeit zieht in 25 bis 35 m Tiefe südöstlich von Leipzig, von Grimma bzw. Borna kommend, über Wachau nach Leipzig-Connewitz. Es wurde von der Wyhra, einem Arm der Zwickauer Mulde und dem heute nicht mehr existierenden Großpösnaer Fluss, angelegt. Diese Gewässer vereinigten sich in der inneren Südstadt Leipzigs mit der aus dem Weißenfels – Lützener Gebiet zuströmenden Saale und der ihr tributären Weißen Elster, die ihren Weg über das Gebiet der Tagebaue Profen, Zwenkau, Cospuden und Espenhain genommen hatte. Das elstereiszeitliche Inlandeis stieß, einen großen Stausee vor sich her schiebend, zweimal über den Leipziger Raum bis in die Gegend von Zwickau bzw. Altenburg vor. Die zurückgelassenen Sedimente sind in Form von Grundmoränen (Geschiebemergeln), Schmelzwassersanden und Seeablagerungen (Bändertone), darunter die des großen Wachauer Sees, vor allem in dem vom Tagebau Espenhain (Restloch Störmthal) erschlossenen fossilen Tal südöstlich von Leipzig und im frühelstereiszeitlichen Saale-Weißelster-Tal um Knautnaundorf erhalten. Bemerkenswert ist der Befund, dass während des Zerfalls des elstereiszeitlichen Inlandeises die Zwickauer Mulde mit der Zschopau und wohl Armen der Freiberger Mulde aus der Gegend von Grimma kommend in Richtung des Göseltales, über Gaschwitz und Leipzig-Windorf und -Plagwitz das unmittelbar südlich an Leipzig angrenzende Gebiet in nordwestlicher Richtung querte. Aus der Holsteinwarmzeit sind im Umfeld der Großstadt Leipzig einige Sedimentvorkommen bekannt, nämlich die von Gaschwitz, Seehausen und Jesewitz bei Taucha. Die große Abkühlung der Saaleeiszeit führte zur Aufschüttung eines mächtigen Schotterkörpers der Gösel, Pleiße und westlich der Weißelsteraue der Weißen Elster. Es entstand die durch ihre reichen alt- und mittelpaläolithischen Artefaktfunde um Markkleeberg und Eythra – Knautnaundorf berühmt gewordene Hauptterrasse. Das Inlandeis der Saaleeiszeit staute wiederum einen bedeutenden Glazialsee in den Tälern auf, in dem sich der Böhlener Bänderton absetzte. Es überfuhr diese Region zweimal. In der ersten Vereisungsphase drang es bis in die Gegend von Altenburg und Zeitz, in der zweiten mindestens bis in das Göselgebiet bei Magdeborn vor. Zwischen den Vorstößen kam hier ein durchschnittlich 2 m, maximal 4 bis 5 m mächtiges Seesediment, der Bruckdorf-Böhlener Bänderton, zum Absatz.

      Aus der folgenden Warmzeit, dem Eeminterglazial, sind nur außerhalb der beschriebenen Region Sedimente bekannt; genannt seien die von Grabschütz und Rabutz nördlich von Schkeuditz. In der Weichseleiszeit entstanden in der Weißelster- und Pleiße-Gösel-Aue bis 8 m mächtige Flussschotter. Auf den Hochflächen und Talhängen wurden ein 0,5 bis maximal 1,5 m mächtiger Sandlöß und sandiger Löß, südlich Weißenfels – Pegau – Borna bis über 5 m Löß, von Winden aufgeweht, die vom weichseleiszeitlichen Inlandeis in Brandenburg und Mecklenburg als Fallwinde nach Süden strömten. In der erdgeschichtlichen Gegenwart, dem Holozän, setzten die Flüsse in den heutigen Tälern geringmächtige Schotter und seit der beginnenden Jungsteinzeit vor ca. 7000 Jahren (Bandkeramik) zunächst geringmächtige, seit dem Hochmittelalter um 1200 n. Chr. die ganze Breite der Auen überziehende 2 bis 4 m starke Auelehme ab. In den Flussablagerungen dieser Zeit fanden sich mehrere tausend Stämme, Stubben und Äste der Eiche, die um 8500 v. Chr. hier wieder Fuß fasste. Zahlreiche archäologische Befunde in den holozänen Auensedimenten zeigen, dass der Mensch in den Talauen der Leipziger Bucht mindestens seit der Jungsteinzeit (ca. 5500 bis 2000 v. Chr.) mit ihren in den Keramiken erkennbaren verschiedenen Kulturstufen durchgängig sesshaft ist.

image

      image Die Sedimentabfolge der Elstereiszeit im Zentralteil der Leipziger Bucht. Über schräg geschichteten Flusssanden liegt das älteste westund mitteleuropäische Gletscherseesediment des quartären Eiszeitalters, der Dehlitz-Leipziger Bänderton mit seiner typischen Wechsellagerung aus dunklen im Eiszeitwinter und hellen im Eiszeitsommer abgesetzten Schichten. Darüber lagert das vom Inlandeis hinterlassene Gletschersediment, der Geschiebemergel der Elstereiszeit. Tagebau Schleenhain. 1993.

image