Название | Passkontrolle! |
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Автор произведения | Thomas Claes |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783940621573 |
Eine der einfachsten Methoden zur Überprüfung der Echtheit eines Dokuments war das Register. Diese wichtigste Neuerung der mittelalterlichen Identifizierungsgeschichte war so simpel wie revolutionär. Hiermit wurden erstmals die ausgegeben Dokumente verdoppelt, eine Kopie des Dokuments verblieb bei der ausstellenden Behörde. Eines der ältesten bekannten Register stammt aus der Kanzlei Kaiser Friedrich II. und entstand in den Jahren 1239/40 als einfaches Papierheft mit 116 Seiten. Das Register kann als der Beginn eines systematischen bürokratischen Gedächtnisses über einzelne Individuen und ihre staatlich verbürgte Identität angesehen werden.
Nicht nur die Kanzlei des Kaisers nutze die Register zur Erleichterung der Verwaltung. Ab etwa 1250 erstellten Städte Listen von gesuchten und geächteten Verbrechern und tauschten diese auch untereinander aus. Auch die Inquisition baute einen gewaltigen Verwaltungsapparat auf, in ihre Listen wurden alle vermeintlichen und tatsächlichen Ketzer und Häretiker aufgenommen.
Register konnten jedoch nur sehr eingeschränkt zur Überprüfung von Dokumenten benutzt werden. In der Praxis wurde die Echtheit eines Dokuments durch die Zeichen (Siegel, Stempel und Unterschriften) der ausstellenden Behörde oder des ausstellenden Souveräns festgelegt. Personenbeschreibungen fehlten auf den frühen Pässen ganz, schon der Name war nicht immer verzeichnet. Mit der zunehmenden Ausgabe von Pässen verloren diese aber bald ihren Status als vom Fürsten oder König selbst beglaubigte Dokumente. Eine ausstellende Kanzlei konnte nicht denselben formellen Charakter für sich beanspruchen. Ohne diese formelle Bestätigung der Echtheit durch den Souverän selbst wurde eine genaue Identifikation des Trägers wichtiger, neben dem Namen der Person dienten daher auch Abzeichen und Wappen sowie die Kleidung als Identifikationsmerkmale. Ab dem 15. Jahrhundert wurden zunehmend auch die „besonderen Zeichen“ einer Person wichtig, wie sie auch noch in Pässen des 19. und 20. Jahrhunderts Verwendung fanden. Zu diesen besonderen Zeichen gehörten Narben und Muttermale (meist im Gesicht oder auf den Händen), Pockennarben oder die Hautfarbe.
Fälschungen waren allgegenwärtig im Mittelalter und der frühen Neuzeit. Es ist davon auszugehen, dass ein großer Teil der erhaltenen Urkunden des Mittelalters gefälscht oder verfälscht wurde.11 Auch Pässe und Ausweisdokumente waren daher anfällig für Fälschungen. Zahlreich sind die frühneuzeitlichen Geschichten von kunstvoll nachgeahmten Siegeln und Stempeln oder Personen, die sich unter Verstellung als jemand anderes ausgaben. Die Bandbreite reicht hier von verkleideten Bettlern, die sich als Leprakranke oder Amputierte ausgaben, bis hin zu professionellen Spionen. Als beispielhaft für die leichte Täuschung der Behörden mag hier die Geschichte des Baseler Arztsohnes Thomas Platter gelten, der von 1595 bis 1600 weite Teile Europas bereiste. Der reformierte Platter reiste beispielsweise in das katholische Spanien, indem er sich als französischer Kaufmann ausgab. Bei anderen Gelegenheiten nannte er den Kontrolleuren falsche Namen, oder er flunkerte über seine Religion und Herkunft.12
Auch in späteren Jahren gelang es den Staaten meist nicht, einen Reisenden wie Thomas Platter, der sicher keinen Einzelfall darstellte, zu identifizieren. In den Jahren 1623 und 1669 bestimmten die französischen Könige, dass niemand Frankreich ohne eine Erlaubnis in Form eines gültigen Passes verlassen dürfe. Eine bürokratische Verwaltung war zwar damit beauftragt, die Pässe der Reisenden immer wieder mit internen Registern abzugleichen. Das Ziel, eine umfassende Kontrolle des Reiseverkehrs, konnte jedoch nicht realisiert werden. Denn in der Praxis gab es kaum präzise Systeme zum Abgleich von Pass und Register, eine effektive Grenzkontrolle war nicht immer möglich. Diese beiden Beispiele, wie auch die oben genannte Entwicklung in Spanien unter König Philipp II., ist beispielhaft für das Ausweiswesen in der frühen Neuzeit: Ausweisung und Kontrolle wurden zwar überall proklamiert, aber kaum lückenlos durchgesetzt.
Einen besonders rigorosen Umgang mit potentiellen Fälschungen schrieb die Reichspolizeiordnung von 1551 vor. Diese forderte sämtliche Beamte des Reiches auf, alle Papiere, mit denen sich Sinti und Roma ausweisen wollten, vollständig zu beschlagnahmen und zu vernichten. Die Zigeuner, so begründete die Reichspolizeiordnung das Vorgehen, könnten gar keine echten Dokumente besitzen.
Gänzlich ausgehebelt wurden die staatlichen Kontrollen letztlich durch die adeligen „Touristen“ der frühen Neuzeit. Die sogenannten Kavalierstouren führten die jungen Adeligen durch halb Europa bis nach Italien und Spanien, teilweise sogar bis in die Levante. Die „Grand Tour“, wie dieses Ereignis auch genannt wurde, entwickelte sich zur Zeit der Renaissance zu einer regelrechten Institution für den Hochadel und das gehobene Bürgertum. Diese Reisenden ließen sich kaum durch Zollschranken und Passbestimmungen aufhalten. Geld hatten sie reichlich und es öffnete ihnen alle nötigen Wege und Türen. Der „Ausweis“ wurde für die jungen Adeligen mehr zu einer Metapher für ein Trinkgeld als für ein Dokument.13
Eine neue Entwicklung im europäischen Pass- und Ausweiswesen brachte erst die Französische Revolution 1789. Das Ende des Adels- und Ständesystems führte zu vielen Veränderungen der Bürgerrechte und förderte die Entstehung allgemeiner Identifikationsdokumente. Die Französische Revolution machte alle Bürger zu freien und gleichen Teilhabern des Staates. Freies Reisen war jedem erlaubt. Dennoch sah der Staat die Notwendigkeit, seine Bürger zu überwachen. Die Entstehung neuer Dokumente und Systeme zur Kontrolle war die Folge.
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