Human Punk For Real. Marco Thiede

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Название Human Punk For Real
Автор произведения Marco Thiede
Жанр Философия
Серия
Издательство Философия
Год выпуска 0
isbn 9783862871384



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und nicht besonders erwähnenswert – im Gegensatz dazu, was uns später mit den rechten Skinheads erwarten sollte!

      Im Oktober 1979 sorgte Sid Vicious mit dem angeblichen Mord an Nancy Spungen weltweit für Aufsehen. Mein Vater stellte mich zur Rede, während er mir die Vorderseite der Bild-Zeitung mit Sid Vicious vor die Nase hielt. Was sollte ich dazu sagen?

      In England und anderswo gab es derweil unzählige geniale Bands: The Ruts, Siouxsie and the Banshees, Buzzcocks, Rezillos, ...

      Aus den Staaten die genialen Dead Boys, Ramones, Blondie, … Die Liste war und ist endlos.

      Bei John Peels Music auf BFBS konnte man es kaum erwarten, die neuesten Sachen aus England zu hören und auf Tape aufzunehmen.

      Natürlich bekamen die großen Konzerne Wind vom schnellen Geld und heimsten ein, was sie kriegen konnten. The Clash, einstige politische Rebellen-Vorzeigeband, kippte als erstes und unterzeichneten bei ‘nem großen Major Label. Der große Sell Out begann, so waren The Clash in Hamburg auch nicht lange auf der Bühne, weil das enttäuschte Publikum rebellierte. Schließlich hatte man neben der Musik auch eine Vision.

Foto

      ZK im Bremer Schlachthof.

      Dann kam es im Punk Rock zu einer Art Stagnation, und immer mehr Bands gingen gen Mainstream. Von New Wave, anstelle von Punk Rock, war nun die Rede. Das war so um 1980.

      Von wegen - aber nicht mit uns, dachten zum Glück sehr viele.

      Und auf einmal schossen neue, härtere, auch politische Bands, wie Discharge, Varukers, Crass, Chaos UK, Conflict und unzählige andere aus dem Boden. Harter, kompromissloser, energiegeladener und politischer Punk Rock vom Allerfeinsten.

      Der Nietenkult war geboren. Uns Bremer zog es immer öfter nach Hamburg Bergedorf, zu ‘nem Eisenwarenhandel namens Gebrüder Glunsch. Dort kauften wir massenhaft Nieten für unsere Jacken und waren jedes Mal ein nerviges Highlight für die Lehrlinge beim Nieten abzählen.

      Vielen Punks wurden Szene und Musik zu hart und einige verließen sie. Wir Norder zogen dann immer mehr mit den Oslebs rum, wobei sich speziell ein Punk griechischer Abstammung, nennen wir ihn mal GG, in Sachen Hauereien hervortat. GG und ich sind beide im Hartmannstift, Bremen-Vegesack, geboren. Im Abstand von 12 Tagen. Ich bin mir sicher, dass wir uns damals auf ‘m Krankenhausflur zugebäuert haben: Punk Rock, unser Ding, in 12 Jahren! Damals mussten schwangere Frauen noch bis zu drei Wochen nach der Geburt im Krankenhaus verweilen.

      GG war dann auch so was wie ’ne hervorragende Geheimwaffe wenn es um Schlägereien mit Skinheads ging. Dazu aber später mehr.

      Zig Leute hatten nun die teils wirrsten Spitznamen: Fickfrosch, Kröte, Katja Ohne Zahn, Krankenhaus Anke (RIP), Blöd, Eierpfeile, Tommy Rinnstein, Doris Killcat, Staffi, Bloody, Burp, Banane, Dröhnung (RIP), Gockel, Schaschlik, Koma, ... die Liste ist endlos! Das ging dann weiter bis Ines Bohrteufel, Sonja Säufertochter, Smeagol, Nikki Bum Bum, Hüftschaden Ute, etc.

      Nun gab es immer mehr Konzerte, und der Schlachthof in Bremen wurde immer mehr unser Domizil. In anderen Städten gab’s auch schon viele Läden. So fuhr man mal nach Hannover in die Korn, Glocksee oder öfter nach Hamburg in die Markthalle oder andere Standorte.

      Das Krawall 2000 hatte in Hamburg nicht lange überlebt und aus den Reibereien mit Teds entwickelten sich nun Schlägereien mit Skinheads.

      Richtig linke Skinheads gab’s zu Anfangszeiten weniger. Umso verdutzter war man, wenn man hörte, dass die Hamburger einen schwarzen „Naziführer“ namens Heiner G. in ihren Reihen hatten.

      Wie hohl ist das denn bitte?

      Man hörte immer mehr über Stresssituationen mit Glatzen in anderen Städten. In Bremen sagten wir uns von Anfang an: No Skinheads auf unseren Konzerten!

      1981 war dann die Tournee zum Untergang im Freizi Marienwerderstraße in Bremen-Gröpelingen.

      Es spielten Slime, Betoncombo, Middle Class Fantasies und Aheads aus Herford.

      Zu unserer großen Überraschung tauchten auf einmal jede Menge Skinheads aus Hamburg auf. Selbst dieser Schwachkopf namens Michael David, von dem der NDR ‘ne Sendung produzierte, „Vom Nazi zum Punk“, war anwesend.

      Michael David war eigentlich eher ein Jeansjacken-Proll mit einem stupiden, unverkennbaren Sprachfehler. Vom Nazi zum Punk? Und jetzt tauchte dieser Asi mit ‘ner Horde Fascho-Glatzen auf?

      Es dauerte nicht lange, und es gab in jeder Ecke Raufereien. Der Höhepunkt war dann, als die komplette Betoncombo die Instrumente beiseitelegte und von der Bühne in den Prügelmob sprang!

      Das Ganze verlagerte sich dann nach draußen, wo es weiter zur Sache ging.

      Das war’s. Ab jetzt war Krieg in Bremen. Alles was ‘ne Bomberjacke und keine Haare hatte, wurde angegriffen! Nun ging es wirklich zur Sache, zumal die Skinheadszene in Bremen bedenklich anschwoll.

      Die Bremer Skins reagierten und versuchten einzelne Punks auf dem Weg zum Schlachthof, im Bahnhof oder Findorff-Tunnel abzufangen. Somit wurde der Schlachthof, speziell in den 80ern, bei Punk-Konzerten regelmäßig attackiert. Des Öfteren spielten Bands, wie zum Beispiel GBH, vor leerem Saal, da alle Leute draußen waren, um die Glatzen zu jagen. In den Schlachthof gelangten sie nie, denn sie wussten: das wäre ein schnelles Ende für jeden von ihnen gewesen.

      Es dauerte auch nicht lange, bis die ersten Ami Punkbands auf Tour kamen.

      In Hannover hab ich dann auch endlich Dead Kennedys und MDC aus San Francisco gesehen. Was für ein Hammer-Konzert! Aber überall Glatzen. Irgendwann war ich beim Pogen komplett von ‘nem Glatzenmob umzingelt und weiß bis heute nicht, wie ich da heil rausgekommen bin. Andere hatten dabei weniger Glück.

      Das Konzert fand in der Rotation statt, und das war nach Aussage Jello Biafras einer der widerlichsten Konzertsäle in dem sie jemals gespielt haben. Vor der Bühne befand sich ein breiter Graben, der mehrere Meter tief nach unten ging. Biafra hatte es sich dennoch nicht nehmen lassen, über die Absperrung zu springen, hinein in den tobenden Mob. Komischerweise waren überall Bodybuilder Securitys auf der Bühne!?

      Kurze Zeit später kam dann auch Black Flag nach Europa. Ich hab sie zuerst in Hannover, und am nächsten Tag in Hamburg gesehen.

      48 Stunden ohne Schlaf und ohne Drogen - danach zur Arbeit gehen.

      Mit Drogen hatte ich zum Glück noch nie was am Hut. Was für ein Segen.

      Auch auf diesen beiden Konzerten gab’s jede Menge Glatzenstress ohne Ende. Es war einfach zum Kotzen, dass immer wieder ein kleiner Mob von Glatzen auftauchte und die Konzerte versaute. Die Hamburger brauchten sehr lange dafür, bis sie endlich bei ‘nem Toy Dolls-Konzert in der Markthalle den Glatzen den Garaus machten.

      In Bremen gab’s ja mittlerweile die ASL (Anti Skin Liga), welche bundesweit von sich reden machte. Es gab keine Chance, auch nur für einen Skinhead, auf unseren Konzerten aufzutauchen.

      So galt es auch an jedem zweiten Werder Bremen-Heimspiel, das Sielwalleck gegen heimische oder auswärtige Skinheads zu verteidigen. Mir war dabei immer sehr mulmig zumute, da wir dort teilweise nur mit 15 Mann standen, was zu der Zeit glücklicherweise gegen einen Übermob komplett ausreichte. Heut zu Tage ist das wohl eher ‘ne andere Geschichte!

      Aber unser schlechter Ruf hatte sich überall rumgesprochen und die meisten Glatzmaten hatten echt ‘ne Mordsschiss vor der ASL.

      Teilweise hatten wir zu der Zeit auch Unterstützung von der Sippe, einem Mob, der zu 99% aus Ausländern südlicher Herkunft bestand. Brasilianer, Türken, Libanesen...

      Die Sippe war ‘ne coole Gang, die Woche für Woche Jagd gegen Glatzen machte. Drei von denen, gegen 25 oder mehr von der anderen Seite, haben gereicht. Alles kampferprobte Kamikazetypen,