Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter

Читать онлайн.
Название Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman
Автор произведения Tessa Hofreiter
Жанр Языкознание
Серия Der neue Landdoktor
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740980672



Скачать книгу

Junghundbegrüßung und verschwand im Bad, um sich die Hände zu waschen. Anschließend ging er zu Traudel in die Küche, die gerade Rote Grütze gekocht hatte. Er drückte ihr einen Kuss auf die Wange und fragte gutgelaunt: »Wo sind denn alle hin?«

      »Dein Vater ist hinten im Obstgarten, Pfirsiche ernten, und Emilia ist mit Markus auf dem Brunnenhof bei Tonis Familie. Sie haben seit gestern Zwillingsfohlen, und die wollten sie zum ersten Mal anschauen. Emmchen hat gesagt, sie kommt heute etwas später, ist aber zum Abendbrot wieder zuhause.«

      »Hm, schade, ich hatte gedacht, sie und ich könnten heute Abend zusammen kochen«, antwortete Sebastian. »Aber es macht nichts, dann tue ich es eben allein. Ich habe gedacht, ich könnte etwas Kanadisches für Sophia kochen. Hat sie irgendetwas gesagt, wann sie heute Abend kommt?«

      Traudel drehte sich um und schaute ihren Beinahe-Sohn aufmerksam an. »Sie kommt nicht zum Essen, Bub. Sofia Corelli ist heute Abend mit dem Orgelbauer Florentin verabredet.«

      »Oh!« Sebastian sah für einen Augenblick enttäuscht aus, aber er fing sich schnell und ging mit einem Achselzucken über die Nachricht hinweg. »Na, macht nichts. Wir anderen essen Hirschsteak mit Cranberries und Süßkartoffelauflauf ja auch sehr gern und von Anna weiß ich, dass sie es ebenfalls mag.«

      »Du hast auch die Hebamme eingeladen?«, erkundigte sich Traudel. Sie klang leicht erstaunt.

      »Warum fragst du?« Überrascht schaute Sebastian die ältere Frau an. »Das ist doch nichts Besonderes, Anna geht inzwischen bei uns ein und aus.«

      »Ach, nur so«, lenkte Traudel ab. »Was planst du als Dessert?«

      »Ähm, ich kenne da eine Zauberin, die macht einmaliges Schokoladeneis. Und wie ich gehört habe, soll sie gerade eines sogar mit karamellisierten Pekannüssen gemacht haben?«

      Traudel musste lachen. »In Ordnung, Bub, das ist dann der Nachtisch.«

      »Fantastisch! Dann werde ich jetzt mal in den Garten gehen und Salatzutaten holen.« Sebastian griff nach Korb und Küchenmesser und verschwand nach draußen.

      Traudel ließ ihre Hände für einen Augenblick untätig ins warme Spülwasser sinken und schaute dem Mann nachdenklich hinterher. Sie hatte die veränderte Atmosphäre im Haus genau gespürt. Seitdem Sophia Corelli hier wohnte, wirkte Sebastian lebhafter, so als wäre er aus einem langen Schlaf erwacht. Auch Emilia schien fröhlicher zu sein, und Benedikt verhielt sich der italienischen Malerin gegenüber charmant, ausgesprochen charmant. Traudel griff zur Bürste und bearbeitete energisch ihre Töpfe. Sie hatte nichts gegen Sophia Corelli; im Gegenteil, die Malerin war ein angenehmer, höflicher Gast. Die warmherzige, bodenständige Traudel konnte nur nicht verstehen, worin die kühle Anziehungskraft dieser Frau bestand, und sie hatte so eine Ahnung, dass es der Hebamme ähnlich ergehen könnte. Im Stillen war Traudel froh, dass heute Abend nur Anna mit in der Runde im Doktorhaus sitzen würde.

      Die Vermutung der klugen älteren Frau war richtig gewesen.

      Zum ersten Mal ging Anna nicht voller Freude und geheimem Herzklopfen zu Familie Seefeld. Die Hebamme war voller Unbehagen und Unsicherheit, denn sie wusste nicht, was sie an diesem Abend erwartete. Sebastian, der sich um eine andere Frau bemühte? Eine Frau, die ebenfalls Malerin war, wie Helen? Eine verwandte Künstlerseele, in der Sebastian seine verstorbene Frau erkannte, an der immer noch sein Herz hing?

      Kritisch musterte Anna ihre Erscheinung im Spiegel. Nein, apart und zerbrechlich war sie nicht, aber sportlich und hübsch mit einer gesunden Gesichtsfarbe, funkelnden grünen Augen und brünetten Haaren. Sie hatte sich für ein kurzes, sommerliches Wickelkleid entschieden, das sowohl ihre schlanke Figur als auch ihre langen, sonnengebräunten Beine zur Geltung brachte. Jetzt noch Lippenstift und einen Hauch ihres fruchtigen Parfums, und sie war bereit für das Treffen mit Sebastian und der eleganten Künstlerin.

      »Na ja, vielleicht nicht wirklich bereit, aber was soll man machen?«, wandte sie sich an ihre geliebte Mitbewohnerin, ein grau-schwarz getigertes Katzenkind namens Betty. »Ich bin nun mal die, die ich bin, und bisher hat Sebastian mich doch ganz nett gefunden, oder?«

      Mit gespitzten Öhrchen hatte Betty aufmerksam zugehört. Jetzt schmiegte sie sich in die streichelnde Hand der jungen Frau und erzählte ihr mit hingerissenem Schnurren, dass sie sowieso die Allerbeste weit und breit sei!

      »Danke, Betty, jetzt geht’s mir gleich besser!« Anna gab dem Katzenkind ein Küsschen zwischen die winzigen Ohren und machte sich auf den Weg.

      Sebastian selbst öffnete die Tür. »Hallo, Anna!« Bewundernd schaute er die junge Frau an. Sie war durch leichten Nieselregen gelaufen, und das Licht der Eingangslampe zauberte Hunderte schimmernde Punkte in die Feuchtigkeit auf ihrem langen, dunklen Haar. »Du siehst fantastisch aus.«

      »Was? Oh! Danke«, stammelte Anna überrascht.

      »So lebendig und voller Leben. Man sieht dir an, dass du dich viel an frischer Luft bewegst«, fuhr Sebastian fort.

      Die junge Frau schwieg verunsichert. Sie wusste, dass der Arzt ihr ein Kompliment gemacht hatte, aber leider fühlte sie sich nach seinen Worten eher wie eine nette, rustikale Landpomeranze.

      In der Küche wurde sie mit der üblichen Herzlichkeit begrüßt und half Traudel beim Anrichten des Salats. Während Sebastian sich dem Braten der Hirschsteaks widmete, unterhielten sich die anderen sowohl über das Dorfgeschehen als auch die Weltpolitik. Dann wurde die Hintertür aufgerissen und Emilia, übervoll mit den Ereignissen auf dem Brunnenhof, und Nolan stürmten herein. Es wurde lebhaft und bunt, und Anna fühlte sich zu Hause.

      Ein winziger Stich in die Herzgrube kam, als alle bei Tisch saßen, Emilia sich umschaute und erstaunt fragte: »Und wo ist Sophia?«

      »Sie kommt nicht«, informierte ihr Vater das Mädchen. »Heute Abend ist sie mit dem Orgelbauer verabredet.«

      Anna hörte aufmerksam zu, aber zu ihrer Erleichterung konnte sie keinen enttäuschten Unterton in Sebastians Worten erkennen.

      Anders als bei Emilia. »Och, schade! Ich finde es toll, wenn sie hier ist.« Das Mädchen schaute zu Anna hinüber. »Hast du sie schon kennengelernt?«, fragte sie.

      »Flüchtig. Ich bin ihr heute Morgen begegnet, als ich kurz hier war.«

      »Sie ist klasse, findest du nicht?«, fuhr Emilia eifrig fort. »Und sie hat sofort Mamas Bilder erkannt!«

      »Das ist bestimmt schön für euch gewesen«, antwortete die junge Frau aufrichtig, obwohl diese Antwort sie einige Überwindung kostete.

      »Ja!«, sagte Sebastian mit jenem leisen Lächeln, das Anna so sehr liebte. »Ich hatte gar nicht gewusst, dass Helens Bilder auch nach Europa verkauft worden sind. Jedenfalls ist eines auf Umwegen bei Freunden von Sophia gelandet, und sie hat Helens Stil hier gleich wiedererkannt.«

      Traudels aufmerksamem Blick entging nicht, dass Anna angestrengt wirkte, und auf ihrer runden Stirn erschien eine leichte Falte. Sie mochte es nicht, wenn das atmosphärische Gleichgewicht innerhalb ihrer Familie beeinträchtigt wurde, und die junge Hebamme tat ihr leid. Traudel hatte längst gespürt, dass Annas Gefühle für Sebastian über berufliches Interesse hinausgingen.

      »Aber lasst uns doch jetzt von etwas anderem reden«, wechselte Sebastian das Thema. »Anna, ich habe gehört, dass Frau Graubner Drillinge erwarten soll? Das ist allerdings ein reicher Kindersegen auf einmal!«

      »Das bedeutet für mich enge Zusammenarbeit mit der Uni-Klinik. Sanna Graubner möchte, dass ich sie mitbetreue und auch bei der Entbindung dabei bin.«

      Die Gespräche drehten sich nun um berufliche Themen, Emilias anstehende Klassenfahrt nach Prag und Traudels Kalligraphie-Kursus, den sie seit kurzem besuchte. Dann verwandelte das sensationelle Schokoladeneis jedes Gespräch in genießerisches Schweigen, und anschließend wurde Schafkopf gespielt. Weder Helen oder – noch beunruhigender – Sophia wurden erwähnt, und letztendlich konnte die junge Hebamme den Abend doch noch genießen. Vor allem deshalb, weil Sebastian eine letzte Runde mit Nolan drehen und Anna dabei nach Hause begleiten wollte!

      Immer noch fiel angenehmer, hauchfeiner Nieselregen,