Название | Notarzt Dr. Winter Staffel 1 – Arztroman |
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Автор произведения | Nina Kayser-Darius |
Жанр | Языкознание |
Серия | Notarzt Dr. Winter |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740976835 |
Als Lisa und Paul erschrocken auseinanderfuhren, setzte er aber großzügig hinzu:
»Macht ruhig weiter. Wir wollten euch nicht stören. Nicht, Pablo?«
Pablo fing an zu kichern, und da kicherte Alexander auch. Sie schlossen die Tür wieder und rannten wie übermütige junge Hunde über den Stationsflur.
Im Zimmer fragte Lisa: »Und du meinst wirklich, wir sollten ihn adoptieren?«
Paul nickte. »Ja, das meine ich wirklich.« Dann küßte er sie wieder.
*
Dr. Adrian Winter ließ sich in einem der bequemen Sessel in der Bar des King’s Palace nieder und sah sich unauffällig um. Natürlich war nirgends eine Spur von Stefanie Wagner zu sehen. Er war enttäuscht, dabei hatte er es eigentlich nicht anders erwartet. Die Assistentin des Direktors kam wahrscheinlich nur in Ausnahmefällen hierher.
Aber in einem versteckten Winkel seines Herzens hatte er eben doch gehofft, sie möge vielleicht unverhofft auftauchen. Seufzend nahm er einen Schluck des wirklich ausgezeichneten Kaffees.
»Herr Dr. Winter!«
Er fuhr so hastig in die Höhe, daß ein großer Teil des Kaffees auf sein blütenweißes Hemd überschwappte.
»O je!« rief Stefanie. »Tut mir leid, ich wollte Sie nicht erschrecken, aber als ich Sie auf einmal hier sitzen sah, da dachte ich, ich sage Ihnen wenigstens schnell guten Tag.«
»Frau Wagner!« sagte er und kam sich wie ein Volltrottel vor. Hier stand er nun mit kaffeebeflecktem Hemd vor der Frau, die ihm in den letzten Wochen nicht aus dem Kopf gegangen war, und brachte mit Mühe ihren Namen heraus.
Sie schien seine Unsicherheit nicht zu bemerken. »Kommen Sie mit mir in mein Büro«, sagte sie lächelnd. »Wir werden Ihr Hemd schon irgendwie retten. Oder haben Sie einen dringenden Termin?«
»Ich?« fragte er und riß sich dann energisch zusammen. Er würde doch wohl noch einen kompletten Satz herausbringen! »Nein, ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen, als Ihnen in Ihr Büro zu folgen«, sagte er ernsthaft.
»Na dann«, meinte sie und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, »folgen Sie mir bitte.«
Das tat er nur zu gern. Das Leben erschien ihm auf einmal so herrlich wie nie zuvor.
»Wahnsinn!« murmelte Dr.
Adrian Winter vor sich hin und fuhr sich mit der rechten Hand durch seine dunkelblonden Haare. »Echter Wahnsinn! Wer hätte das gedacht?« Wie angewurzelt stand er da, den Kopf in den Nacken gelegt und sah sich bewundernd um.
Er hatte seinen freien Sonntag dazu benutzt, allein ein wenig aufs Land zu fahren – und nun stand er in dieser kleinen Kirche, die er eigentlich nur aus einer Laune heraus betreten hatte. Denn daß sie eine Sehenswürdigkeit war, hatte er nach ihrem unscheinbaren Äußeren nicht annehmen können. Und jetzt also das: Wunderbare Fresken, meisterlich restauriert, zogen sich an den Wänden entlang. Er hielt den Atem an. »Wirklich unglaublich!«
»Freut mich, daß Sie so beeindruckt sind«, sagte eine sanfte Stimme in seinem Rücken.
Er fuhr herum. »Meine Güte, haben Sie mir einen Schrecken eingejagt«, sagte er zu dem schlanken dunkelhaarigen Mann mit dem schmalen Gesicht, der hinter ihm stand. Er hatte auffallende blaue Augen, die Adrian voller Interesse betrachteten. »Ich dachte, ich bin allein, ich habe Sie überhaupt nicht kommen hören.«
»Ich bin auch nicht gekommen, ich war schon die ganze Zeit da«, erklärte der andere lächelnd. »Sie haben mich bloß nicht bemerkt, als Sie hereingekommen sind.«
»Ich weiß nicht einmal, warum ich überhaupt in diese Kirche gegangen bin«, meinte Adrian nachdenklich. »Jedenfalls habe ich nicht solche Sehenswürdigkeiten erwartet, das muß ich sagen.«
»Es gefällt Ihnen also wirklich?«
»Natürlich! Wem gefiele das nicht? Wenn Sie die ganze Zeit in der Kirche waren, müssen Sie doch gehört haben, was ich gesagt habe.« Adrian lächelte. »Normalerweise spreche ich nicht mit mir selbst, aber in diesem Fall mußte ich meine Bewunderung einfach laut zum Ausdruck bringen.«
Neugierig sah er den anderen an. »Interessieren Sie sich aus einem bestimmten Grund für diese Fresken?« fragte er.
»Ja«, lautete die schlichte Antwort. »Ich habe sie restauriert und frage mich manchmal, ob die Farben nicht zu üppig für diese bescheidene kleine Kirche ausgefallen sind.«
»Aber nein!« rief Adrian. »Wie kommen Sie denn auf die Idee? Dadurch wird doch alles so plastisch, daß man beinahe das Gefühl hat, ein Teil der dargestellten Szenen zu sein.«
»So empfinden Sie das also?« fragte der andere nachdenklich. »Das ist sehr schön. Übrigens: mein Name ist John Tanner.«
»John?« fragte Adrian. »Sind Sie Engländer oder Amerikaner? Sie haben gar keinen Akzent.«
»Ich bin Berliner«, lachte der junge Mann. »Mein kompletter Vorname ist Jonathan, und daraus ist schon sehr früh ›John‹ geworden.«
»Ich bin Adrian Winter und arbeite in der Notaufnahme an der Kurfürsten-Klinik.«
»Arzt?«
Adrian nickte. »Unfallchirurgie.«
Die beiden Männer schüttelten einander die Hand, dann bat Adrian: »Erklären Sie mir noch ein wenig, was Sie hier gemacht haben. Es interessiert mich wirklich sehr.«
John Tanner lachte, und sein schmales Gesicht bekam auf einmal etwas Jungenhaftes. Sonst wirkte er eher ernst, aber in diesem Augenblick sah er aus wie ein Lausejunge. »Sie hätten die Kirche mal sehen sollen, als ich mit der Arbeit begonnen habe, Herr Winter. Armselig sah sie aus, anders kann man es nicht ausdrücken. Kalt und zugig war es hier, die Farben an den Wänden blätterten ab. Verrottetes Gestühl, kaputte Fliesen auf dem Fußboden. Schlechte Beleuchtung, marode Heizung. Es war reiner Zufall, daß die Fresken entdeckt worden sind. Eine elektrische Leitung war defekt, die Wände mußten zum Teil aufgeklopft werden – und da fand man auf einmal ›so komische Zeichnungen‹, wie sich einer der Handwerker damals ausgedrückt hat.«
Er lächelte bei der Erinnerung. »Na ja, dann wurde ich gebeten, mir die Sache anzusehen. Meine Hoffnung, etwas wirklich Wertvolles zu finden, war nicht sehr groß – aber ich hatte mich geirrt. Doch mit dieser Entdeckung fingen die Probleme erst an, denn natürlich war kein Geld da, um mich für meine Arbeit zu bezahlen.«
»Und wie wurde dieses Problem gelöst?«
»Spendenaufrufe«, antwortete John Tanner sachlich. »Man glaubt es nicht, aber wenn man es schafft, die Menschen für etwas zu begeistern, dann mobilisieren sie ungeheure Kräfte. Jedenfalls war nach kurzer Zeit zumindest so viel da, daß ich mich bereiterklärt habe, mit der Arbeit zu beginnen…«
Er sagte es nicht, aber Adrian konnte sich denken, daß er mit weniger Geld zufrieden gewesen war, als ihm eigentlich zugestanden hätte. Wenn er John Tanner richtig einschätzte, dann war dieser ein Mann, der seine Arbeit liebte und dem Geld nicht so wichtig war.
»Und während ich gearbeitet habe, konnten die Leute ja immer verfolgen, was mit ihrem Geld geschah. Offenbar waren sie zufrieden, denn sie haben weiterhin gespendet, und heute sind sie sehr stolz auf ihre kleine Kirche.«
»Mit Recht«, sagte Adrian und ließ seinen Blick erneut in die Runde schweifen. »Sie ist wunderschön.«
»Ich habe zwei Jahre hier zugebracht, können Sie sich das vorstellen?«
»Und wann sind Sie mit der Arbeit fertig geworden?« erkundigte sich Adrian.
»Erst vor einem