Название | Bekenntnisse-Confessiones |
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Автор произведения | Aurelius Augustinus |
Жанр | Афоризмы и цитаты |
Серия | Kleine philosophische Reihe |
Издательство | Афоризмы и цитаты |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783843800365 |
Doch nun rufe mir in meine Seele, o Gott, und deine Wahrheit sage: »So ist es nicht, jener erste Unterricht ist bei weitem besser«, denn ich bin viel bereiter dazu, die Irrfahrten des Äneas und alles andere Derartige zu vergessen als Schreiben und Lesen. Vorhänge sind vor den Türen der Gelehrtenschulen; sie bedeuten aber nicht sosehr ein Ehrfurcht gebietendes Geheimnis als vielmehr eine Fülle des Irrtums. Und nicht mögen gegen mich diejenigen ein Geschrei erheben, die ich nicht fürchte, wenn ich dir bekenne, was meine Seele will, o mein Gott, und Ruhe finde ich im Verwerfen der bösen Wege, dass ich seine guten Wege lieben lerne. Auftreten mögen auch nicht wider mich die Verkäufer oder Käufer der weltlichen Literatur; denn wende ich mich mit der Frage an sie, ob Äneas wirklich einst nach Karthago gekommen sei, wie der Dichter sagt, dann werden die Ungelehrteren sich mit ihrer Unwissenheit entschuldigen, die Gelehrteren aber werden es sogar verneinen. Wenn ich aber frage, mit welchen Buchstaben Äneas geschrieben wird, dann werden wir alle, welche dies gelernt haben, die richtige Antwort geben nach dem Übereinkommen und Gutdünken, durch welche die Menschen jene Zeichen unter sich festgesetzt haben. Ebenso, gesetzt ich früge, was von beiden wohl zum größeren Nachteil für das Leben vergessen würde, Lesen und Schreiben oder jene poetischen Erfindungen, weiß wohl jeder die Antwort, der sich nicht gänzlich vergessen hat. Ich fehlte also, da ich als Knabe jene unnützen Dinge diesen nützlichen eifrig vorzog oder vielmehr diese hasste, jene aber liebte. Nun aber war mir das eins und eins ist zwei, zwei und zwei ist vier ein Lied von gar verhasstem Klang und das angenehmste Schauspiel für meine Eitelkeit das hölzerne Pferd von Bewaffneten, der Brand Trojas und der Schatten Creusas.
Vierzehntes Kapitel
Warum hasste ich denn aber die griechische Literatur, die doch solches besang? Denn auch Homer verstand es, das Gewebe solcher Märlein, und ist in seiner Eitelkeit so süß und doch mir Knaben so bitter. Ich glaube, auch den griechischen Knaben wäre es mit Vergilius also ergangen, wenn man sie gezwungen hätte, ihn auf solche Art verstehen zu lernen wie mich jenen. Natürlich vergällte die Schwierigkeit, eine gänzlich fremde Sprache zu erlernen, mir alle Schönheiten der griechischen Mythen. Ich verstand die Worte nicht und wurde dennoch mit harten Drohungen und Strafen gewaltsam dazu angetrieben, sie zu erlernen. Freilich kannte ich als Kind einst die lateinische Sprache noch nicht, und doch lernte ich sie mit Aufmerksamkeit ohne jegliche Furcht und Qual unter den Liebkosungen meiner Ammen, unter den Scherzen derer, die mir zulachten, und unter fröhlichen Spielen. So lernte ich jene ohne die peinliche Belästigung von Drängen, wenn mich mein Herz dazu antrieb, Empfangenes wiederzugeben, was ich nicht imstande gewesen wäre, wenn ich nicht schon die Kenntnis einiger Worte gehabt hätte, nicht von Lehrern, sondern von Sprechenden, für deren Ohr ich meine Gedanken kundgab. Hieraus geht deutlich hervor, dass die freie Wissbegierde eine größere Macht besitzt zum Erlernen als Furcht einflößender Zwang. Aber dieser hemmt nach deinem Gesetz den Strom jener Wissbegierde, o Gott, nach deinem Gesetz von der Rute der Lehrer bis zu den Versuchungen der Märtyrer; heilsame Bitterkeit mischt sich nach deinem gewaltigen Willen bei, welche uns wieder zurückruft zu dir von der verderblichen Lust, durch welche wir uns von dir entfernt haben.
Fünfzehntes Kapitel
Erhöre, o Gott, mein Gebet, dass meine Seele nicht müde werde unter deiner Zucht und dass ich nicht lasch werde im Bekenntnis deines unendlichen Erbarmens, durch welches du mich von allen Irrwegen abgebracht hast, dass du mir süßer wirst als alle Verführungen, denen ich folgte, dass ich dich liebe mit allen Kräften und deine Hand erfasse mit ganzem Herzen und du mich entreißest aller Versuchung bis ans Ende. Denn dir, o Herr, mein König und mein Gott, deinem Dienste sei gewidmet, was ich als Knabe Nützliches erlernte, was ich spreche, schreibe, lese und zähle; wenn ich Eitles erlernte, züchtigtest und vergabst du mir meine sündhafte Lust an solcherlei Eitelkeiten. Und ich lernte durch sie wohl viel nützliche Worte, die aber auch ohne eitle Dinge erlernt werden können, und das ist der sichere Weg, auf dem die Knaben wandeln sollten.
Sechzehntes Kapitel
Aber wehe dir, Strom menschlicher Gewohnheit! Wer kann dir widerstehen? Wann wirst du endlich versiegen? Wie lange wirst du noch die Söhne Evas hinaustreiben in das große, furchtbare Meer, welches kaum die durchsegeln, welche das Kreuzesschiff der Kirche besteigen? Las ich nicht zur Zeit (da ich noch von dir fortgerissen wurde) von einem Donnerer und Ehebrecher Jupiter? Zwar vermochte er keines von beidem, sondern es wurde erdichtet, damit man sich auf seine Autorität berufen könne, um einen wahren Ehebruch nachzuahmen, wobei der falsche Donnerer den Kuppler machte. Wer aber von den Lehrern, die da in ihren Mänteln umherstolzieren, kann es ruhig mit anhören, wenn ein Mensch, der Staub ist, ausruft: »Dies fabelte Homer und übertrug Menschliches auf die Götter; wollte er doch lieber Göttliches auf uns übertragen!« Mit mehr Recht sagt man aber wohl, er ersann dieses zwar, aber so, dass er den lasterhaften Menschen Göttliches beilegte, damit ihre Laster nicht für Laster geachtet würden und damit jeder, der solche verübte, nicht Missetäter, sondern die Götter im Himmel nachzuahmen schiene. Und doch werden die Menschenkinder in dich, du Höllenfluss, hineingeworfen mit dem Lohne, wofür sie dies lernen sollen, und Großes – so glaubt man – steht auf dem Spiele, wenn dafür öffentlich auf dem Forum verhandelt wird, angesichts der Gesetze, die dem Lehrer obendrein noch festes Gehalt bestimmen außer den Honoraren, wenn du die Steine zu erschüttern suchst, prahlst und mit rauschendem Wortschwall sprichst: »Hier ist die Quelle, da man reden lernt; hier erwirbt man die Beredsamkeit, um Leute zu beschwatzen, hier lernt man die Kunst, die unumgänglich nötig ist, Meinungen auseinanderzusetzen.« Wir würden so nichts von den Worten: goldener Regen, Schoß, Trug, Tempel des Himmels und was da noch für andere derartige Ausdrücke sind, die dort vorkommen, verstehen, wenn nicht Terenz einen jungen Taugenichts einführte, der sich den Jupiter zum Vorbild der Unzucht nimmt, indem er ein Wandgemälde beschaut, welches Jupiter darstellt, »wie er der Danae einst einen Goldregen in den Schoß habe fallen lassen und so das Weib überlistete«. Und nun sieh hin, wie er sich selbst gleichsam unter der Anleitung des Gottes zur Wollust reizt: »Welch ein Gott, der mit seinem Donner des Himmels Zinnen erschüttert. Und ich schwaches Menschlein sollte es nicht tun? Ich hab’s getan, und zwar mit Freuden.« Keineswegs lernte man durch solche Schändlichkeit derartige Worte mit größerer Leichtigkeit, nur wurde man dadurch um so vertrauter mit der Schändlichkeit. Nicht die Worte klage ich an, die nur erwählten köstlichen Gefäßen gleichen, sondern den Wein (in solchen Gefäßen), der uns auf Irrwege führte und uns von trunkenen Lehrern aus ihnen gereicht wurde; tranken wir nicht, dann drohte uns Züchtigung, und an einen nüchternen Richter uns zu wenden blieb uns versagt. Und doch, o Gott, vor dessen Angesicht ich mich sicher dessen erinnere, habe ich solches gern gelernt und habe – o ich Elender! – daran Freude gefunden und wurde demzufolge ein Knabe genannt, der zu schönen Hoffnungen berechtige.
Siebzehntes Kapitel
Lass mich, o Gott, auch darüber sprechen, mit wie törichtem Treiben sich mein Geist, deine Gabe, abarbeitete. Mir wurde eine Aufgabe gestellt, die mein Gemüt nicht wenig durch die Verheißung von Lob oder Schmach und durch die Furcht vor Schlägen in Unruhe versetzte. Sie bestand nämlich darin, dass ich die Worte der Juno, die in zornigem Schmerze trauert, dass sie den König der Teukrer nicht von Italien fernzuhalten vermag, vortragen sollte, Worte, die ich doch natürlich die Juno nie hatte sprechen hören; wir wurden genötigt, irrenden Fußes den Spuren des fabelnden Dichters zu folgen und in ungebundener Rede vorzutragen, was der Dichter in Versen ausgesprochen; dessen Vortrag errang das höchste Lob, der die Affekte des Zornes und des Schmerzes der Stellung der von ihm dargestellten Person möglichst entsprechend wiedergab in Sätzen, die den Gedanken auch in ihrer äußeren Form möglichst angepasst waren. Warum aber erntete ich, o Gott, der du wahrlich mein Leben bist, bei meinem Vortrage von vielen Altersgenossen und Mitschülern Beifall? War das nicht eitel Rauch und Wind? Dein Lob, o Herr, dein Lob in den heiligen Schriften hätte den schwachen Keim in meinem Herzen erstarken lassen sollen, und nicht wäre er geworden ein Raub eitler Nichtswürdigkeiten, nicht eine schmähliche Beute der gefiederten Kreatur. Aber freilich,