Название | Was geschah am 22 Juni 1941? |
---|---|
Автор произведения | Александр Усовский |
Жанр | Исторические приключения |
Серия | |
Издательство | Исторические приключения |
Год выпуска | 2019 |
isbn |
Die alte Welt war zerstört.
Der Erste Weltkrieg beerdigte Standesmonarchien der Habsburger, Romanows und Hohenzollern (und zusammen mit ihnen die Königshäuser in ganz Deutschland). Stattdessen entstand in der Welt ein Konglomerat von neuen Staaten mit vorher unbekannten Bezeichnungen und einem unvorstellbaren Ideologie-Mischmasch. Es schien, dass jener Krieg (damals hieß er einfach „Weltkrieg“) den europäischen Kontinent gerade mit dem Ziel der Vernichtung der letzten Adelsimperien erschütterte, um den Platz für eine neue, bisher unbekannte Welt, „die besser, als die Vorkriegswelt sein wird“, freizumachen.
Diese neue, im Blutherbst 1918 geborene Welt wurde keineswegs besser als die alte. Der Lebensstandard im Jahre 1920 in allen drei besiegten Ländern war auf ein kritisches Existenzminimum gefallen. In Russland wurde dieser Fall noch durch den dreijährigen Bürgerkrieg verstärkt.
Den Bolschewiken – Internationalisten schien es nicht ausreichend, dem Adel und der Bourgeoisie einfach die Macht zu entreißen; die bolschewistische Ideologie in der trotzkistischen Auslegung (und die Logik der gewaltsamen Machtergreifung) verlangte eine physische Ausrottung von „Regierungsklasse“ der Urbevölkerung. Und die Russen ließen sich drei Jahre lang mit einer blindwütigen Verbissenheit ausrotten, dabei war das Land zum Zustand der permanenten Wildheit und Barbarei gebracht worden. Der Kannibalismus während des Wolgahungers 1921 ist ein natürliches Ergebnis einer beispiellosen Innenkrise, als die Millionen von Leben für die Erschaffung eines bisher einmaligen „proletarischen Staates“ geopfert wurden. Dieser Staat versicherte sich mittels eines blutigen Bürgerkriegs gegen die eventuelle Restauration und potenzielle Landaufstände in den weitentlegenen Randgebieten. Die Bolschewiken hatten alle diejenigen ausgerottet, die in der Zukunft zum Gärstoff des politischen Unmutes hätten werden können. Daraufhin konnten sie mit ihrem sozialen Experiment in einem politisch sterilen Land beginnen.
Weder in Deutschland, noch in Österreich haben sich neue Herrscher eine physische Vernichtung des menschlichen Bestandteiles von ehemaligen Standesimperien leisten können, da in diesen Staaten bei weitem nicht so extrem gestimmte politische Kräfte an die Macht kamen. Allerdings gab es in Bayern, Ungarn und in der Slowakei Versuche einer Machtergreifung durch den radikalen Flügel der sozialistischen Bewegung, doch diese Versuche waren schnell genug von nationalistisch gestimmten Kräften erstickt.
Deutschland hatte den Krieg verloren. Das Reich war zusammengebrochen. Eigentlich verschwand 1918 eine ganze Zivilisation, doch Menschen, die vergangene Größe des Reiches in Erinnerung hatten, waren nach wie vor da.
Einige von ihnen kämpften weiter, auch dann, als Deutschland bereits seiner Niederlage zugestimmt hatte.
Die „Freikorps“ aus ehemaligen Soldaten, Unteroffizieren und Offizieren führten einen hoffnungslosen und deswegen auch undenkbar verbissenen Krieg an den vergessenen Randfronten. Gegen Bolschewiken und Letten kämpfte eine „Eiserne Division“, unter Führung von der Holz (sie wurde im August 1919 von Weimarer Republik verraten und von den Letten betrogen, denen sie praktisch die Unabhängigkeit geschenkt hatte), gegen die Polen in Oberschlesien (Ereignisse von Mai 1921) – Division „Oberland“, geführt von Josef Remer, gegen „Rote Armee von Ruhr“(nach dem Kappputsch im März 1921) kämpfte die Division „Stahlhelm“.
Für die anderen reichten einfach die Fronten nicht aus.
Die Mehrheit der Soldaten, die von der Front „unbesiegbar“(jedenfalls glaubten sie daran) zurückkamen, fingen damit an, sich zu verschiedenen Verbänden zusammenzuschließen, weil sie sich während des Krieges an Soldatenbruderschaft und Einheit im Namen der Erlangung eines Gesamtziels gewöhnt hatten und sich in der Nachkriegsrepublik nicht mehr finden konnten. „Stahlhelm“, „Kampfverein“ in München, Freikorps „Oberland“ Doktor Webers, „Reichskriegsflagge“, geführt von Kapitän Ernst Röhm, „Wikinger“, geführt von Korvettenkapitän Erhard (dieser führte Marineinfanterie nach Berlin während des Kappputsches) und mehrere andere Vereinigungen von ehemaligen Soldaten waren zu idealem Nährboden für die Entstehung der Revancheideen geworden.
Schmach und Schande Deutschlands – der Frieden von Versailles – war noch ein stärkerer Reiz für „200 000 arbeitslose Kapitäne und Leutnante“ als damalige jüdische Vormachstellung in der Wirtschaft und Politik in Deutschland. Das große deutsche Volk wurde auf das Niveau eines Straßenbettlers herabgesetzt! Man hatte ihm nicht nur Hab und Gut, Waffen, Gold und Kriegsschiffe entrissen, sondern die Ehre und Würde des deutschen Soldaten wurden zertreten! Und das war schon zuviel. Deshalb hatte so ein Versailles System nicht lange existieren können – die undenkbare Erniedrigung Deutschlands sollte zwangsläufig eine Gegenreaktion auslösen. Eine absolute Ablehnung der dem Land aufgezwungenen Fremdwerte; die Ausarbeitung einer seltsamen Mischung von Konservatismus und Sozialismus als Ersatz für die nationalen Werte, angereichert mit dickem Antisemitismus.
Wäre denn eine andere Reaktion möglich?
Die physische Ausrottung aller Träger des Reichsgedankens (wie in Russland) wäre das einzige Mittel, um den Machtantritt der NSDAP in Deutschland vermeiden zu lassen. Wenn man alle Offiziere der Kaiserarmee, alle Universitätsprofessoren, alle Landlehrer (kurzum alle, die lesen konnten und bis 1890 geboren wurden!) vernichten könnte, dann wären vielleicht die Nazis nicht an die Macht gekommen. Nach Versailles gab es kein anderes Mittel, um das Nachkriegssystem erhalten zu können!
Die Bolschewiken-Trotzkisten hatten in Russland in eben diesem Sinne gehandelt. Sie löschten aus dem Volksbewusstsein alles Positive, was in russischem Reich war. Sie überstrichen mit schwarzer Farbe die ganze tausendjährige Geschichte des Landes, indem sie sie bis zum ununterbrochenen Klassenkampf (von der Zeit Gostomysls bis zu seinem siegreichen Ende im Oktober 1917) herabgesetzt hatten.
Zu Helden des Landes wurden Gewalttäter und Mörder (Rasin, Pugatschöw, Bolotnikow und ihre Komplizen), Terroristen („Helden der Volkswillen“), Verräter und Meineidigen (Gerzen, „Dekabristen“ und andere Judas) ausgerufen. Und als ob es nicht genug wäre – sie ließen die ganze menschliche Geschichte als ein ununterbrochener Weg der Menschheit zum Schaffen des „proletarischen Staates“ (einer höchsten und vernünftigsten Art von menschlichem Gemeinschaftsleben) betrachten.
Die Deutschen jedoch hatten auf Selbstvernichtung verzichtet. Sie befassten sich mit Selbstorganisierung.
Wenn die ganze Welt dich für eine Höllenbrut, für einen „Hunnen“, für einen schwachköpfigen Kommisshengst und erbärmlichen Ignoranten hält – für wen wirst du dich selbst halten?
Wenn die ganze Welt sich stündlich an deiner Tasche vergreifen würde, um den Rest herauszuholen – wie würdest du dieser Sache gegenüberstehen?
Wenn man dir das Recht entzieht, ein Herr in eigenem Land zu sein, wenn in der Wirtschaft und Politik des „Weimarbastard“, der an der Stelle deines Deutschlands entstanden ist, am Drücker die Ausländer sitzen, die dich zu einem Gast in eigenem Haus erklärt hatten – was würdest du tun?
Die deutschen Kommunisten schlugen vor, alles „wie in Russland“ zu gestalten, Sozialisten – „wie in Frankreich“, und nur die Nazis – „wie in Deutschland“.
Hitler war keineswegs Erfinder der Ideologie des Nationalsozialismus. Man brauchte sie auch nicht zu erfinden – sie entstand in Tausend Geistern Deutschlands, als eine Gegenreaktion auf französisch-belgische Besatzung von Saar und Ruhrgebiet, auf einen himmelschreienden und zur Schau gestellten jüdischen Reichtum und auf die Raubbedingungen des Friedens von Versailles.
Hitler war auch kein Ideologe von Rassenüberlegenheit – dafür waren da Fichte („Das deutsche Volk ist von Vorsehung auserwählt worden, um den höchsten Platz in der Universumsgeschichte einzunehmen“), Hegel („Die Deutschen führen die übrige Welt zur glorreichen Spitzen einer Zwangskultur“), Nietzsche („Ein Übermensch ist über übliche Kontrolle erhaben“) und andere große Geister. Auch die „Thule-Gesellschaft“ entstand nicht in der Weimarer Republik, sondern noch im deutschen Kaiserreich.
Außer dem Nationalsozialismus gab es in Deutschland Anfang 20-er Jahre noch den National-Bolschewismus