Название | Der Dreißigjährige Krieg |
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Автор произведения | Ricarda Huch |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Sachbücher bei Null Papier |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962818555 |
Noch bevor er sich für irgendetwas entschieden hatte, war Ramée, in der Einsicht, dass er sich zwischen zwei Feinden nicht würde halten können, mit den Söldnern abgezogen. Mehrere mit Säcken voll geraubter Schätze beladene Wagen hatte er unter Bedeckung vorangeschickt. Über die Kranken und Verwundeten, die zu schwach waren, um mitzugehen, fielen die erbitterten Bürger her, bei denen sie im Quartier lagen, und schlugen, würgten oder marterten sie zu Tode.
Bald nach dem Abzuge der Passauer erschien Matthias vor Prag, von der Bevölkerung, die sich von Rudolf verraten fühlte, freudig als Retter begrüßt. Rudolf blieb nichts übrig, als auf die böhmische Krone zu verzichten; denn alle huldigten dem neuen Herrn und schienen sich kaum seiner Anwesenheit zu erinnern. Er zog sich in dasjenige seiner Gemächer zurück, wohin am wenigsten Geräusch von außen drang, und versuchte sich anzustellen, als gingen die Ereignisse in der Stadt ihn nichts an. Doch erfuhr er, dass zwei Deutsche, die in seinem Auftrage Zauberei gegen Matthias getrieben haben sollten, gefangen und gefoltert wurden, und musste dies und anderes ohnmächtig geschehen lassen. Was ihn tröstete, war, sich auszudenken, durch was für Machinationen er Matthias den Triumph wieder entreißen könne, und dazu konnten ihm jetzt nur noch die Protestanten im Reiche verhelfen. Dass Anhalt ihm nicht mehr traute, fühlte er und hätte auch den Verwegenen nicht mehr sehen mögen; aber es fehlte nicht an anderen Fürsten und Unterhändlern, die jeden Augenblick bereit waren, mit dem Kaiser anzuknüpfen.
Von Leopold war nichts mehr zu erwarten, denn er war nach dem kläglichen Misserfolg seines Unternehmens so niedergedrückt und beschämt, wurde von jedermann mit so sichtbarer Kälte und Verachtung behandelt, dass er einstweilen nur darauf bedacht war, sich zurückzuziehen und den Menschen auszuweichen. Auch seinen Hoffnungen auf die Heirat mit der bayrischen Prinzessin musste er entsagen und sich mit dem so leichtfertig abgeworfenen Bischofskleide wieder begnügen.
Magdalena hatte lange an ihrer Liebe zu Leopold festgehalten, bis es dem weitberühmten Pater Lorenz von Brindisi, den der alte Herzog eigens dazu kommen ließ, gelang, sie zum Verzicht zu bewegen, indem er ihr Leopolds Priesterstand, ihre Pflicht gegen Gott, Vater und Bruder und die Strafen im Jenseits vorstellte, die ertrotzten irdischen Freuden folgen könnten. Es war umso bitterer für sie, als Matthias sich inzwischen mit seiner Nichte Anna, der Tochter seines Bruders Ferdinand von Tirol, verheiratet hatte, und dass noch ein anderer Bewerber sieb einstellen könnte, wie ihr Vater tröstete, wollte sie nicht glauben. Eines Tages begab es sich jedoch, dass Maximilian einen Verwandten als Gast zur Tafel lud, nämlich den jungen Herzog Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg, auf welchen er Magdalena bedeutungsvoll als auf einen zukunftsreichen Fürsten aufmerksam machte, der sich in Hinsicht auf den Glauben möglicherweise eines Besseren belehren lassen würde, besonders wenn sie, als eine verständige und vorsichtige Person, sich dies Gott wohlgefällige Werk angelegen sein ließe. Ihrem Vater verhehlte Magdalena nicht, dass sie den Vetter schön und liebenswürdig finde; aber außer einigen Scherzworten, die sie erröten machten, und etwa einem besonders nachdrücklichen Händedruck waren ihm keine Annäherungsversuche nachzuweisen. Immerhin betrachtete es Maximilian als einen Erfolg, dass Wolfgang Wilhelm sich von ihm hatte bereden lassen, einer Messe beizuwohnen, und die Zeremonie mit augenscheinlichem Respekt beobachtet hatte.
14.
Um die noch nicht geregelte Frage der Nachfolge im Reiche zu ordnen, beraumten die Kurfürsten auf Michaelis 1611 eine Versammlung in Nürnberg an, auf welche die Stadt sich den Sommer über in fröhlicher und sorglicher Geschäftigkeit vorbereitete. Es erforderte reifliches Bedenken, wo und wie ein jeder nach seiner Würde solle einquartiert werden, und wenn dies auch zum Teil dem Erbmarschall Pappenheim, als dem Quartiermacher, oblag, so ging der Verkehr mit diesem wegen der vielfach sich kreuzenden Befugnisse nicht ohne Vorsicht und Spitzfindigkeit vonstatten. So waren einige Männer auf den Einfall gekommen, während des Kurfürstentages einen Glückstopf zu eröffnen, und hatten sich wegen der Erlaubnis an Pappenheim gewendet, dieselbe auch erhalten. Als sie dann den Rat in zweiter Stelle angingen, erteilte ihnen dieser einen gänzlichen Abschlag und steckte sie zum Beispiel und zur Lehre, obwohl sie zu den ehrbaren Bürgern gehörten, für mehrere Tage ins Loch; denn bei den überall ausschlüpfenden Prätentionen der Fürsten und des Adels galt es von vornherein, den Untertanen die Hoheit zu weisen.
In der sich täglich mehr mit Fremden füllenden Stadt musste streng auf Ordnung gehalten werden. Da kamen Pastetenbäcker aus Lothringen, Spitzenverkäufer aus Lyon und Perlenhändler aus Marseille, und wenn das neugierige Volk daran Ergötzen hatte, so ereiferte sich das einheimische Gewerbe, dem dadurch Schaden drohte. Die jeweiligen Beschwerden wollten gründlich untersucht werden, wie denn die Klage der Uhrmacher, dass sie auf dem Reichstage zu Augsburg im Jahre 1582 nicht zugelassen worden wären, richtig befunden und die Augsburger Uhrmacher daraufhin füglich abgewiesen werden konnten. Misshelligkeiten waren vor allen Dingen infolge des Zusammenströmens verschiedener Bekenntnisse in der Stadt zu befürchten, und es wurde deshalb der Geistlichkeit mehrfach und nachdrücklich eingeschärft, sich während dieser Zeit des überflüssigen Kritisierens und Fantasierens zu enthalten, vielmehr bescheidentlich bei der Auslegung des Textes zu bleiben.
Lustige Tage waren es, als unter heiterem Spätsommerhimmel die hohen Personen nacheinander mit ihrem Gefolge einrückten. Den meisten Beifall fand beim Volke Kurfürst Schweikhard von Mainz, des Reiches