Название | Der Dreißigjährige Krieg |
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Автор произведения | Ricarda Huch |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Sachbücher bei Null Papier |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962818555 |
Nach feierlicher Eröffnung durch den Kaiser leitete der Konvent seine Tätigkeit dadurch ein, dass er von mehreren Universitäten Gutachten über die verwickelte Jülicher Erbfolge einzuholen beschloss, welcher denn von den verschiedenen Erbansprechern, zu denen auch der Kurfürst von Sachsen gehörte, das beste Recht hätte. Sie waren noch in Erwartung der Antworten, als die Nachricht von der Ermordung Heinrichs IV. von Frankreich eintraf, wodurch die Kriegsgefahr sich erheblich verringerte. Herzog Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel, der wegen seines Streites mit der Stadt Braunschweig sich schon vor mehreren Jahren persönlich mit dem Kaiser in Verbindung gesetzt und ihn ganz auf seine Seite gebracht hatte und der auch jetzt wieder in Prag anwesend und von dem ihm besonders vertrauten Kaiser zum Konvente zugezogen war, gab bei dieser Gelegenheit ein Gastmahl, dessen vornehmste Tafelzierde ein die Judith mit dem Haupte des Holofernes darstellendes Schaustück bildete. Es bestand aus Mandeln, Honig und Mehlteig und war dadurch merkwürdig, dass der Zuckerbäcker auf Anweisung des Herzogs von Braunschweig dem von der Judith am Schopfe gehaltenen Haupte die Züge Heinrichs IV. zu geben versucht hatte. Er sei selbst in der Werkstatt des Meisters gewesen und habe nicht ungeschickt mit zugegriffen, erzählte der Herzog seinen Gästen, die denn auch die Arbeit wohlgelungen und des Königs Nase und Bart wohlgetroffen fanden. Der rüstigen Mörderin, erklärte der Herzog, habe er nur das Gesicht eines beliebigen schönen, gesunden Weibsbildes geben lassen, denn er wisse nicht, wie der Mann beschaffen sei, der den König erstochen habe, auch sei das Ganze mehr als ein Symbolum aufzufassen. Wer er auch sei und ob man auch die Mordtat nicht billigen könne, sagte der Erzbischof von Köln, so sei sie, wenn nicht auf Anstiftung, doch unter Zulassung Gottes geschehen, der das fromme Kaiserhaus augenscheinlich beschütze. Der kecke und unruhige Geist des Königs hätte ein hübsches Kriegsfeuer am Rheine anzünden können, daran sie lange zu löschen gehabt hätten. Ja, sagte Kurfürst Christian von Sachsen, mit Frommsein und Zuwarten übe man meist die feinste Politik aus, indem Gott die Entscheidung in allen Dingen zustehe und er alles zum Besten der Frommen einrichte.
Um nun die Jülicher Frage vollends zum Ende zu bringen, erklärte sich der Kaiser einverstanden, den Kurfürsten von Sachsen mit dem erledigten Herzogtum zu belehnen, welche Handlung gleich während des Konventes feierlich vollzogen werden sollte. Hatte Rudolf es auch bereits seinem Neffen Leopold versprochen, so konnte doch inzwischen der sächsische Kurfürst damit zufriedengestellt werden, den als den mächtigsten evangelischen Fürsten von Zeit zu Zeit durch eine unvorgreifliche Vergünstigung zu verpflichten ein Hauptstück der kaiserlichen Regierungskunst im Reiche war. Mit Eifer nahm sich dieser Sache der Herzog von Wolfenbüttel an, indem er für die richtige Ausführung des Belehnungsaktes nach den Vorschriften der Goldenen Bulle, die er auswendig wusste, Sorge trug. Die Fürsten, welche seine Gelehrsamkeit bewunderten, fügten sich seinen Anordnungen und kamen in dem Gasthof, den er bewohnte, zusammen, um dem Kurfürsten von Sachsen seine Rolle einzustudieren. Christian nämlich war von großer, breiter, muskelstarker Gestalt, hatte sich als Jüngling bei Turnieren ausgezeichnet und pflegte sich von den Bildhauern als Herkules darstellen zu lassen; aber das übermäßige Trinken hatte ihn aufgeschwemmt und zu einer trägen, unförmigen Masse gemacht, sodass es nicht leicht war, ihn seinem alten Ruhme gemäß eindrucksvoll zu verwenden. Vornehmlich schwer wurde ihm das Niederknien vor dem Kaiser, das den wichtigsten Punkt der Darstellung bildete, da er in der engen und schweren Rüstung, die dazu gehörte, noch unbeweglicher als sonst war. Die Erzbischöfe musterten etwas besorgt das rotgedunsene Gesicht mit den schlaff hängenden Backen unter dem Kurhute, an dem der Schweiß hinunterzulaufen begann, während der Herzog ihn unnachsichtig den Kniefall wiederholen ließ, bis es ohne Anstoß gelungen wäre. Es habe nichts auf sich, sagte der Herzog, wenn der Kurfürst sich etwas langsam und unanstellig gebärde, nur dürfe er weder lachen noch greinen oder das Maul hängen lassen, ebensowenig taumeln oder stolpern oder schnaufen, was alles der fürstlichen Majestät Abbruch tue, vor allen Dingen aber beim Niederknien nicht wie ein voller Sack zu Boden plumpsen, sondern sich gelinde und gleichsam aus freien Stücken niederlassen und wieder aufstehen. Schließlich kamen die Fürsten überein, dass es besser wäre, dem Kurfürsten zwei Knappen beizugeben, die ihm beim Niederknien und Wiederaufstehen unter die Arme griffen, da man sonst doch sich eines Unfalls besorgen müsse.
Der Kurfürst, den das häufige Proben etwas verdrossen hatte, gewann bei dem sich daranschließenden Gelage seine gute Laune wieder, übernahm sich aber im Trinken so sehr, dass er am folgenden Morgen, als die Belehnung vorgenommen werden sollte, gänzlich unfähig und seiner nicht mächtig war und dadurch die Fürsten in nicht geringen Schrecken versetzte. Sie sollten ihm einen Humpen voll zu trinken geben, sagte Christian übellaunig zu ihnen, die ihn vorwurfsvoll umstanden, dann werde er alles ordentlich ausrichten, erst müsste er allemal den Schlaf, der ihm wie Blei in den Gliedern liege, mit einem Frühtrunk fortspülen. Dem widersetzte sich anfangs der Herzog von Braunschweig, da es erstens der Güldenen Bulle nicht gemäß sei und zweitens auch gefährlich, indem der Kurfürst sich wieder übernehmen und dadurch alles zum Scheitern bringen könne; allein auf Zureden der anderen, dass Christian in einer mäßigen Trunkenheit besser figurieren könne als nüchtern, ließ ihm der Herzog einen Krug Bier verabreichen, worauf er sich erholte und die Zeremonie unter großem Gepränge und Zulauf vorgenommen wurde und auch leidlich abging. Das Gesicht des Kaisers blickte fahl und traurig aus dem starrenden Ornat, mit dem er behangen war; er hatte sich in der letzten Zeit von den gemeinsamen Zusammenkünften zurückgezogen, da die Fürsten allmählich abreisen und vorher dasjenige Geschäft erledigen wollten, das ihm widerwärtig war, nämlich die Aussöhnung mit Matthias.
Auch dieser wollte anfangs nichts davon hören, aber der Herzog von Braunschweig, der unverdrossen nach Wien reiste, um ihn zu bearbeiten, brachte ihn dahin, dass er die Waffen niederzulegen versprach, wenn der Kaiser das Kriegsvolk entließe, das er im Bistum Passau geworben hatte und das gegen ihn bestimmt sei. Darauf wollte Rudolf jedoch nicht eingehen: das Passauer Kriegsvolk, sagte er, gehöre seinem Neffen Leopold und solle in der Jülicher Fehde verwendet werden; er habe nichts damit gegen Matthias im Sinne, aber er und seine übrigen Brüder und Neffen, mit Ausnahme Leopolds, wären ein vatermörderisches Geschlecht