Secret Places Mallorca. Lothar Schmidt

erkennbar. Ein Gipfel der Götter und der Geister soll er gewesen sein: Die Schafhirten, so heißt es, hätten ihn gemieden, den Besitzern der wenigen Landgüter am Fuß des Berges wären ihre Arbeiter davongelaufen und hätten jeden noch so guten Lohn ausgeschlagen.

      Vom Grafen zum Kinderschreck

      Einer gab dem Unaussprechlichen, das die Menschen so lange Zeit fürchteten, ein Gesicht und einen Namen: Ramón Burguez Zaforteza y Fuster, Graf von Santa Maria de Formiguera – der Comte Mal, der »böse Graf«. Er besaß tatsächlich im 17. Jahrhundert das Landgut Galatzó im Norden des Dorfes Es Capdellà. Unzählige Bluttaten wurden dem verhassten Adligen zugeschrieben. So dürfte er vor der Verfolgung zum Galatzó geflüchtet sein, wurde festgenommen und verurteilt, aber nach der Zahlung einer Kaution ins Militär des Königs aufgenommen. Seit er 1694 – in allen Ehren – verstorben ist, soll seine unerlöste Seele in Sturmnächten über die Abhänge des Galatzó reiten. In den Felsen, so heißt es, erinnern Hufabdrücke daran, und im ehemaligen Stall seines Landguts will man Teile eines Galgens gefunden haben. Da wundert es nicht, dass zu quengelnden Kindern auf Mallorca nicht der Rübezahl kommt, sondern der böse Graf: Mira de vidra …, »du wirst schon sehen …«

      Alte Mauern in neuem Glanz

      Zu sehen gibt es auf der Finca Galatzó wirklich einiges. Wie die meisten der rund 500 possessios, der großen Besitztümer der Insel, geht auch dieses auf eine arabische alqueria zurück. Nach der christlichen Wiedereroberung im Jahre 1229 wurde fast ganz Mallorca auf Mitstreiter oder Finanziers des Königs aufgeteilt. Die riesigen Güter verhalfen ihren Eigentümern, die meist in Palma residierten, nicht nur zu Wohlstand, sondern oft auch zu Beinamen und Wappen. Später wurden viele Flächen aufgeteilt und an Kleinbauern oder Tagelöhner verpachtet. Rentabel ist heute kaum noch einer dieser Betriebe. Dieses 1350 Hektar große Landgut wurde 2006 von der Inselregierung erworben und ist seither als finca pùblica von April bis September täglich zwischen 8 und 19 Uhr zugänglich (im Winter bis 17 Uhr). Mustergültig renoviert wurden nicht nur das stattliche Herrenhaus mit seiner Kapelle, sondern auch die Stallungen, die Ölpresse, ein reizvoller Garten und zwei Wassermühlen; ein Picknickplatz lädt zur Rast ein.

      Urnatur unter Felsriesen

      Im einsamen Tal, das sich hinter der Finca zwischen den schroffen Felsflanken des Puig de Galatzó und der Mola de s’Esclop öffnet, lässt sich Mallorcas Natur- und Kulturlandschaft auf einem Lehrweg mit acht Stationen (und zwei kurzen Abstechern) erleben. Diese gemütliche Talwanderung für die ganze Familie führt in eine wildromantische Gebirgslandschaft – über eine Bachfurt, durch ein Spalier aus unzähligen Zwergpalmen, vorbei an mit Gras gedeckten Hütten und einem Köhlerplatz mit einem nachgebauten Meiler. Schließlich erreicht man im Talgrund den Brunnen Pou de ses Sínies und einen Mirador (Aussichtspunkt), bei dem man wieder umkehrt.

      EIN HAUS MIT HISTORIE: HINTER DER STOLZEN FASSADE DER FINCA GALATZÓ

       ES CAPDELLÀ

      Alt ist das kleine Dorf, das zur Gemeinde Calvià gehört, nicht: Es entstand im 17. Jahrhundert als Siedlung jener Arbeiter, die beim Bau der Villen und Gutshöfe in der Region beschäftigt waren. Davon gibt es etliche, denn das Land am Südrand des Gebirges war damals bei den Adligen beliebt. Obwohl sogar um die Kirche Virgen del Carmen einige Herrenhäuser zu sehen sind, blieb das Dorf einfach – und sehr ruhig. Die Mandelblüte beginnt hier sehr früh, meist noch im Januar; zur Zeit der Olivenernte im Spätsommer oder Frühherbst werden hier noch die Netze unter den Bäumen ausgelegt. Authentisch wie das Dorf ist auch seine Gastronomie: Das Angebot in der Bar Nou am Carrer Major oder im Restaurant Sa Vinya direkt beim örtlichen Schwimmbad ist gut, ehrlich und preiswert.

       WEITERE INFORMATIONEN

      Finca Galatzó, Carretera de Es Capdellà a Galilea, Calvià, Tel. [phone]

      Bar Nou, Tel. [phone]

      Restaurant Sa Vinya, Tel. [phone]