Название | Beschreibung der Welt |
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Автор произведения | Марко Поло |
Жанр | Книги о Путешествиях |
Серия | |
Издательство | Книги о Путешествиях |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783843806794 |
Was hinter dieser künstliche Wurzeln bildenden Klitterung hervorklingt, ist der Selbstbehauptungswille von Menschen in Bedrängnis: Im 5. Jahrhundert hatten sie vor den Hunnen zurückweichen müssen und keine andere Zuflucht gefunden als auf den Halligen im Morast der Lagune, wohin die Reiter Attilas nicht folgen konnten. Das wiederholte sich ein Jahrhundert später beim Ansturm der Langobarden. Und es ist bezeichnend, dass wir ausgerechnet aus der Vita eines unter diesem Volk amtierenden Papstes, Zacharias, erfahren, womit die Venezianer ihr Fortbestehen sicherten, während sie wie Vögel auf Pfählen im Wasser auf ihren Inseln vor der Küste hockten. »In jener Zeit geschah es«, berichtet die Quelle, »dass mehrere venezianische Kaufleute nach der Stadt Rom kamen und, Handelsgeschäfte vorgebend, eine große Anzahl von Sklaven männlichen und weiblichen Geschlechts aufkauften, um sie nach Afrika zu dem Volk der Heiden zu führen.«
Faktisch war ihnen ohne Territorium, auf dem sich Landbau betreiben oder Rohstoff gewinnen ließ, nichts anderes übrig geblieben als: Händler zu werden. Ohne Skrupel, wie man sieht, und von Anfang an mit einem weiten Betätigungsfeld.
Nachdem dann Karl der Große dem Langobardenregime in Italien ein Ende gemacht und es 812, im Frieden von Aachen, hingenommen hatte, dass die Stadt dem »Basileus Romaion« von Konstantinopel anheimfiel, sollten sich die Aktivitäten der Venezianer vorzugsweise nach Osten und Südosten richten – in die Levante, ins Schwarze Meer, bis zum Kaukasus hin.
Einen ersten Coup landeten sie, als die beiden Kaufherren Bonus aus Malmocco und Rusticus aus Torcello gemeinsam mit zwei Spießgesellen um die Jahreswende 828/829 bei einem Aufenthalt im ägyptischen Alexandria die Hüter des dort aufbewahrten Leichnams des heiligen Markus übertölpelten. »Die Wächter«, berichtet die Legende, »wurden durch die List der Venezianer und ihrer beiden griechischen Helfer hinters Licht geführt, indem man in das Grab des Evangelisten einen anderen heiligen [na, immerhin!] Leib legte, während man die Zöllner dadurch täuschte, dass Bonus und Rusticus im oberen Teil der Kiste, die die Reliquie aufgenommen hatte, Schinken und Schweinefleisch aufschichteten, die bekanntlich für die Sarazenen wie für die Juden ein Gegenstand der Abscheu sind. Als nun die Kiste an der Zollstation geöffnet wurde, riefen die Zöllner: ›Kazir! Kazir!‹ [›Schwein! Schwein!‹], was wohl ein Ausdruck des Entsetzens ist, und fertigten die Ladung ohne Weiteres ab. Freudig brachten Bonus und Rusticus ihren Schatz nach Venedig.«
Abermals finden wir das hier: dieses Gemenge aus Geschäftemacherei, Frömmigkeit und Reisefreude. Es sollte Venedig, das sich fortan mit dem Symbol des Markus, dem – geflügelten – Löwen, schmückte, Wohlstand bescheren und Macht – Macht im handfesten Sinn. Denn neben seiner Handelsflotte rüstete die Stadt bald Schiffsverbände aus, die zunächst die Hoheit über die Adria und hernach auch über den östlichen Mittelmeerraum gewannen. Venedig beteiligte sich am Ersten Kreuzzug von 1099 bis 1100 sowie am Dritten von 1188 bis 1191. Und als dann die frommen Gewalttäter im Jahre 1203 zum vierten Male ausrückten, um durch Mord und Totschlag im Heiligen Land die Gedenkstätten des Erlösers zu »befreien«, nahm das Geschehen eine Wendung, deren Anlass kein Historiker je herausgefunden hat: Statt ihren Kurs auf Akko beizubehalten, drehte die Armada unter Führung von Enrico Dandolo nach Backbord, fuhr die Ägäis hinan und stürmte Konstantinopel. Am 13. April 1204 fiel die Stadt. Aus dem Kreuzzug war ein Beutezug geworden.
Von da an war Venedig eigenständig. Der Doge firmierte in krämerseliger Pi-mal-Daumen-Berechnung als »Herr über ein Viertel und die Hälfte eines Viertels des (Oströmischen) Reiches«, er hatte auf Kreta das Sagen, ließ Koron und Modon auf der Peloponnes okkupieren – und binnen Kurzem gab es kaum eine Siedlung in jener Region, in der den Venezianern nicht eine Niederlassung gehörte. Venedig war vermögend. »Eine Stadt reich an Gold«, nannte sie Francesco Petrarca in einem seiner Rerum senilium libri, seiner »Bücher über Altersangelegenheiten« (1501), »doch reicher an Ruhm; mächtig durch Wohlstand, doch mächtiger durch Gesittung; auf marmornen Fundamenten gegründet, doch auf dem solideren Sockel der Einheit der Bürger verankert; von Salzfluten umgeben, doch von weisen Ratschlüssen beschützt.«
Ungeachtet der Rivalität mit dem aufstrebenden Genua setzte Venedig die Ausdehnung seines Einflusses fort: Es unterwarf 1269 Umago in Istrien, 1270 Cittanova in Slowenien und 1271 San Lorenzo, wiederum in Istrien.
Es war eine glorreiche Epoche, in welche die Brüder Polo heimgekehrt waren. Und vermutlich war es auch der Schwung jener Jahre, das Was-kostet-die-Welt!, von dem sie um Ostern 1271 angetrieben wurden, ihr Wort beim Großkhan einzulösen. Ein Nachfolger für Klemens IV. war noch nicht gefunden und die Sache mit den hundert Gelehrten demnach nicht zu regeln; aber wenigstens das Oleum Sanctum ließ sich aus Jerusalem beschaffen. Daher schien es ihnen ratsam, in Bälde erneut nach Akko aufzubrechen. Wobei sie diesmal den jungen Marco Polo mitnehmen wollten. Der war jetzt siebzehn Jahre alt.
Niccolò hatte nach dem Tod seiner Frau die Jahre von 1269 bis 1271 genutzt und war noch einmal auf Brautschau gegangen. Seine zweite Auserkorene hieß Fiordelise Trevisan und sollte dem jungen Marco Polo während dessen Reise mit Vater und Onkel einen Stiefbruder bescheren, Maffeo (den Jüngeren).
Niccolò hatte sein Haus gut bestellt. Und so machten sie sich zu dritt, Niccolò Polo, sein Sohn Marco und dessen Oheim Maffeo (der Ältere), um Ostern 1271 nach Akko auf den Weg. Sie besorgten das Öl, um das der Großkhan sie gebeten hatte, erhielten – da ein neuer Pontifex maximus noch immer nicht bestimmt war – ersatzweise vom päpstlichen Legaten in Akko, Tedaldo Visconti da Piacenza, ein Beglaubigungsschreiben und segelten gen Nordosten nach Iskenderun. Dort erfuhren sie zu ihrer Verblüffung, dass jener Würdenträger, den sie jüngst verlassen hatten, am 9. September 1271 als Gregor X. zum Stellvertreter Jesu Christi gewählt worden war. Also machten sie kehrt. Sie empfingen den apostolischen Segen, überdies ein paar Botschaften an den Großkhan, ferner Geschenke. Dann wurden sie entlassen – wenn auch nicht mit einem Geleit von hundert Kirchenmännern, so doch mit einem Gefolge von zweien: den Dominikanern Niccolò da Vicenza und Guglielmo da Tripoli. Nun konnte der Gran Viaggio beginnen …
Es liest sich wie eine Burleske aus der Feder Boccaccios, dass die beiden Fratres, als das Fähnlein der fünf Aufrechten hinter Iskenderun zwischen die Fronten eines Krieges geriet, all ihr Gottvertrauen verloren. Zitternd und zagend drückten sie den Polos die Legitimationen des Heiligen Vaters in die Hände und machten sich unter »Addio!« und »Valete!« mit wehenden Kutten aus dem Staub. Der Mission kam es zugute.
Im Familientross, unbelastet von den Dreinreden Fremder, zogen Niccolò, Maffeo und Marco Polo gen Südosten in Richtung Hormus (= Ormus) weiter. Von Westen her drang mancherorts – und dergleichen sollte sich auf der ganzen Reise wiederholen – die Kunde von entlegenen Städten und Stätten: vom Ararat, auf dem die Arche Noah gelandet sein sollte, von Mossul (= Mosul) und Shiraz (= Siras), von Isfahan (= Spaan) und Bagdad (= Baidach), wo ein frommer Schuhmacher vordem zum Nachweis der Stärke des christlichen Glaubens einen Berg versetzt hatte: Und die Erde bebte zur gleichen Zeit »in einer wunderbaren und erschrecklichen Weise«. Das gab der Chronik Würze.
Auch wenn es nicht ausdrücklich angekündigt wurde, hatten die drei offenbar die Absicht, ab Hormus mit Schiffen um Indien herumzufahren – vielleicht bis Quanzhou (= Zaitum), zum bedeutendsten Hafen im Reich Kublais, um dann von dort aus die vergleichsweise kurze Strecke zum Sommer-Hoflager des Großkhans in Shangdu (= Clemen-fu) in der Nähe des heutigen Zhenglan Qi in der Inneren Mongolei mit Pferden zurückzulegen.
Indes hatten die Signori Polo aus der maritimen Metropole Venedig die Rechnung ohne die Schiffbaukunst in den Werften von Hormus gemacht, in denen weder eiserne Nägel verwendet noch Pech gebraucht wurden, wo man die Boote lediglich mit Einzelmast und -segel versah und als Anker – »Inschallah!« – zwei, drei Steinbrocken mitgab. Die mehr zusammengezurrten denn gezimmerten Fahrzeuge erschienen den kundigen Blicken der Vielgewandten »von der schlechtesten Art und sehr gefährlich«, sodass sie es vorzogen, ihr Unternehmen statt auf dem See-, auf dem Landweg fortzusetzen.
Sie ritten in nordöstlicher Richtung, erfreuten sich an der