Die Templer im Schatten 2: Blutregen. Stefan Burban

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Название Die Templer im Schatten 2: Blutregen
Автор произведения Stefan Burban
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783864027642



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zurückgelassen hatte. Etwas amüsiert verbarg er sein Schmunzeln.

      »Kehrt zum Vatikan zurück. Überbringt folgende Botschaft: Die Templer im Schatten werden sich der Bedrohung stellen.«

      Der Gardist wirkte eindeutig erleichtert, verbeugte sich tief und verschwand durch die verstärkte Eichenholztür, mit der der Unterschlupf gesichert war. Christian wusste nicht zu sagen, was jenen mehr zur Eile trieb: dem Vatikan die Botschaft zu überbringen oder aus dem Unterschlupf voller Vampire zu entkommen. Vermutlich beides.

      Addison Pembroke beobachtete aus den Schatten heraus, wie der Leibgardist des Papstes den Unterschlupf der Verräter verließ. Der Vampir knurrte, als er die in Rüstung gehüllten Templer bemerkte, die das Gebäude sowohl innen beschützten als auch außen bewachten.

      Und dieser Abschaum nannte sich tatsächlich Vampire. Sie nannten sich Vampire und gaben sich gleichzeitig mit Menschen ab. Menschen waren Nahrung, nichts weiter. Selbst der niederste Vampir stand weit über einem von denen. Am liebsten hätte er sich ein paar von ihnen gerissen, nur so aus Spaß. Doch sein Auftrag verhinderte dies. Seine Aufmerksamkeit richtete sich auf den Boten des Vatikans.

      Der Mann marschierte am Ufer der Seine entlang. Pembroke konnte dessen Herzschlag so deutlich hören, als würde er neben ihm stehen. Der Geruch seines Blutes stieg ihm in die Nase. Er sah das rhythmische Pulsen der Halsschlagader des vatikanischen Boten. Pembrokes Magen knurrte. Der Durst regte sich. Die Killerinstinkte des Vampires erwachten. Nur mit der angeeigneten Disziplin vieler Jahre des Dienstes hielt er sich im Zaum.

      Pembroke lächelte kalt. »Erst die Arbeit, dann das Vergnügen«, hielt er sich selbst leise vor.

      Er folgte dem Boten einige Zeit lang. Die Menschen zogen sich mittlerweile in die Sicherheit ihrer Behausungen zurück. Die Straßen waren fast wie leer gefegt. Pembroke knurrte vor unterdrückter Vorfreude.

      Mit einem Mal bewegte er sich mit unfassbarer Geschwindigkeit. Er packte den Soldaten am Genick und schleuderte ihn gegen die nächste Mauer. Pembroke achtete peinlich genau darauf, nicht zu viel Kraft aufzuwenden. Er wollte den Mann nicht töten. Noch nicht. Tote Männer konnten keine Fragen mehr beantworten.

      Der Kopf des Boten knallte mit lautem Geräusch gegen das Gemäuer. Er ächzte und taumelte zur Seite. Pembroke griff erneut an. Der Soldat reagierte trotz der Überraschung und der bereits erlittenen Verletzung verblüffend schnell und behände. Der Mann zog sein Schwert. Es zischte durch die Luft und erwischte Pembroke an der Wange. Der Attentäter zögerte und erwartete im nächsten Augenblick, dass sein Fleisch zu qualmen anfangen würde. Doch nichts dergleichen geschah. Der Attentäter lachte hämisch. Die Waffe war nicht mit Silber überzogen. Es handelte sich um ein ganz gewöhnliches Schwert.

      Der Bote holte noch einmal aus. Dieses Mal war Pembroke vorbereitet. Er wich seitlich aus. Seine Hand packte schneller zu, als ein menschliches Auge der Bewegung hätte folgen können. Mit einer beinahe sanften Drehung brach er dem Boten das Handgelenk. Der Mann schrie vor Schmerz schrill auf. Das Schwert klapperte nutzlos über die spröden Asphaltsteine.

      Pembroke packte den Mann an der Kehle und hob ihn ohne Anstrengung so hoch, dass seine Zehenspitzen gerade noch den Boden berührten. Mit schnellen, präzisen Bewegungen durchsuchte er die Taschen des Mannes und wurde sogleich fündig. Er förderte den Brief des Papstes zutage, entfaltete ihn und begann begierig zu lesen. Nachdem er fertig war, richtete er sein Augenmerk auf den immer noch in seinem unerbittlichen Griff zappelnden Leibgardisten.

      »Und wie lautet die Antwort, die du überbringen sollst?«, fragte er den Boten betont freundlich. »Werden Christian d’Orléans und seine lächerlichen Weltverbesserer den Engländern zu Hilfe eilen?«

      Das Gesicht des Boten lief langsam rot an und der Vampir lockerte seinen Griff etwas, damit der Mann zu reden imstande war. Die Antwort fiel jedoch etwas weniger höflich aus, als Pembroke gehofft hatte.

      »Brenn … in der … Hölle, Hurensohn!«, zischte der Bote zurück.

      Pembroke neigte leicht den Kopf zur Seite und betrachtete den Mann mit vor Vergnügen funkelnden Augen. »Das sehe ich einfach mal als ein Ja an.«

      Ohne weiteres Wort zog er den Boten dicht zu sich heran, entblößte dessen Hals und stieß seine Reißzähne tief in dessen Halsschlagader. Er spürte Verzweiflung und Entsetzen des Mannes und ergötzte sich daran. Das Blut rann seine Kehle hinab. Ein kleines Rinnsal ergoss sich über sein Kinn und befleckte sein Hemd. Die Bewegungen des Boten erlahmten. Pembroke war aber noch nicht zufrieden. Er saugte den Mann aus, bis nichts mehr übrig war und er lediglich noch eine leblose, bleiche Hülle in den Händen hielt. Er drehte sich um und warf den Leichnam in hohem Bogen über die Uferpromenade. Pembroke hörte noch, wie der Körper in den Fluten der Seine klatschend auftraf. Man würde den Boten erst in wenigen Tagen finden. Wenn überhaupt.

      Pembroke leckte sich die letzten Reste des Blutes vom Gesicht. Er sah sich verstohlen um. Niemand war zu sehen. Niemand hatte die grausame Bluttat bemerkt. Schade eigentlich. Es wäre ein Vorwand gewesen, noch eine Beute zu reißen.

      Pembroke zog sich in die Dunkelheit einer einsamen Gasse zurück. Er schloss die Augen und konzentrierte sich. »Herr? Ich habe den Boten erledigt, den der Vatikan zu den Verrätern geschickt hat.«

      »Das hast du gut gemacht.«

      Pembroke öffnete die Augen. Vor ihm stand die bullige Gestalt des Sheriffs von Nottingham. Sein Herr stand nicht wirklich hier vor ihm. Die Begegnung fand lediglich in Pembrokes Geist statt. Auf diese Weise kommunizierten Vampire einer Sippe. Und sie waren imstande, damit erstaunliche Entfernungen zurückzulegen.

      »Sie haben einen ihrer Ritter nach Norden ausgeschickt. Ich vermute nach Calais.«

      »Dann sind sie also bereits auf der Suche nach einem Schiff.«

      »Das vermute ich, Herr.«

      Der Sheriff nickte nachdenklich und sah schließlich auf. »Na schön. Dann weißt du, was du zu tun hast. Die Templer dürfen Englands Küste nicht erreichen. Wir sind zu weit gekommen, um sie in unseren Angelegenheiten herumschnüffeln zu lassen. Du erledigst das.«

      »Wie Ihr wünscht, Herr. Ich kenne einige vertrauenswürdige Männer, die für diese Art Arbeit infrage kommen.«

      Der Sheriff nickte. »Halte mich auf dem Laufenden.« Mit diesen Worten verschwand er. Pembroke erzitterte und sah sich leicht verwirrt um, als würde er aus einem Tagtraum erwachen. Er fing sich schnell wieder und lächelte boshaft. Er liebte seine Arbeit. Aber dieses Mal liebte er sie nicht nur, er würde sie darüber hinaus auch noch wahrhaft genießen.

      Kapitel 3

      Das Schiff, das Karl gefunden hatte, war nicht wirklich beeindruckend, aber dafür schnell. Das wog alles andere auf. Wie beabsichtigt stachen sie bei Anbruch der dritten Nacht nach der Ankunft des Boten in See. Christian stand am Heck und beobachtete den Hafen der Stadt Calais, der sich bemerkenswert schnell im Dunst verlor. Schon bald durchdrangen nur noch wenige Lichter in unmittelbarer Ufernähe die dicken Wolken, die sich über dem Gewässer aufbauten.

      Jemand trat leise wie eine Katze neben ihn. Christian musste gar nicht hinsehen, um zu wissen, dass es sich um Karl handelte. Bei den meisten anderen knarrten die Holzdielen an Deck bei jedem Schritt, nicht aber bei ihm.

      »Bereust du es?«, eröffnete der Mann das Gespräch ohne Einleitung.

      Christian wusste genau, wovon sein Freund sprach. »Die letzten fünf Jahre haben wir Europa vor der Dunkelheit geschützt. Und wir haben etwas Großes aufgebaut.«

      Karl nickte langsam. »Das haben wir.«

      »Ob ich es bereue, Frankreich zu verlassen?«, fragte Christian mehr zu sich selbst. Schließlich seufzte er. »Vielleicht. Aber in England braucht man uns im Moment mehr. Jedenfalls dann, wenn auch nur die Hälfte von dem stimmt, was Robin uns geschrieben hat.«

      »Wir hätten ihn wissen lassen sollen, wo er uns finden kann«, meinte Karl verkniffen. »Dann hätte er sich nicht extra an den Vatikan wenden müssen.«

      Christian zuckte die Achseln.