Seewölfe - Piraten der Weltmeere 688. Fred McMason

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 688
Автор произведения Fred McMason
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783966881029



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Gewässern?“

      Er erhielt keine Antwort darauf. Der Kutscher deutete lediglich an, daß man sie wohl erobert haben könnte, aber auch das sei ziemlich unwahrscheinlich.

      „Glaube ich nicht“, sagte Ferris. „Man hätte sie dann durch das gesamte Mittelmeer und um den afrikanischen Kontinent herumbringen müssen. Das ist ein Törn, der länger als ein Jahr dauern kann. Zudem ist die Galeere nicht geeignet, durch die Ozeane zu schwimmen.“

      Es war müßig, darüber nachzudenken. Jedenfalls war das Ungetüm jetzt hier und bewegte sich provozierend langsam auf die Schebecke zu. Der Rammsporn ragte aus dem Wasser – eine fürchterliche Waffe, mit der man andere Schiffe durchbohren oder vom Sporn aus auch entern konnte.

      Die schon halbaufgetuchten Segel hingen jetzt schlapp herab. Der warme Wind bewegte das Tuch kaum.

      Anfangs sah es so aus, als versuchten sie auf der Galeere, die Hafenausfahrt zu blockieren. Aber jetzt hatte sich die schwimmende Festung bereits hindurchgeschoben und nahm Kurs auf die Schebecke.

      „Das werden doch nicht wieder ein paar Höllenhunde sein, die hinter unserer Ladung her sind?“ fragte Carberry stirnrunzelnd. „Da hätten die Herrschaften allerdings etwas früher aufstehen müssen. Jetzt ist der ganze Klumpatsch fort.“

      Kommandos erklangen jetzt auf der Galeere. Die Ruderer auf den Bänken gingen mit der Schlagzahl zurück. Gleichzeitig wurde auch der Kurs ein wenig nach Steuerbord geändert.

      Ein dumpfer Trommelschlag war zu hören. Die Riemen an Backbord hoben sich ein Stück aus dem Wasser. An Steuerbord wurde langsam weitergepullt, so daß das Prunkschiff einen Halbkreis beschrieb.

      „Die scheinen nicht viele Leute zu haben“, bemerkte Matt Davies und zeigte mit der Hakenprothese auf etliche leere Bänke. „Vielleicht holen sie sich hier neue Arbeitskräfte.“

      „Dann wären die Leute schon verschwunden und hätten sich in Sicherheit gebracht“, meinte der Seewolf. „Sie stehen aber sehr andächtig da und sind fast in Verehrung versunken.“

      Über dem Hafen lag ein eigentümliches Schweigen. Noch kurz zuvor war hier alles in lebhafter Bewegung gewesen, doch jetzt wirkte die Szenerie wie erstarrt. Fast ehrfürchtig starrten die Inder zu dem Riesenschiff.

      „Sie scheint hier bekannt zu sein“, murmelte Ben Brighton. „Muß sich wohl doch um recht hohe Würdenträger handeln. Aber warum werden sie nicht vom Sultan empfangen?“

      „Weil der mit den Elefanten unterwegs ins Landesinnere ist“, erwiderte Hasard. „Wahrscheinlich ist der Besuch nicht angemeldet worden.“

      „Ob das der große Akbar persönlich ist?“ fragte Dan O’Flynn in die Stille, die nur vom leisen Plätschern der Langriemen unterbrochen wurde. „Die Ladung gehörte ihm doch. Der Sultan will sie jedenfalls an ihn weiterleiten, wie uns erzählt wurde.“

      Hasard hatte wieder dieses Gefühl entsetzlicher Leere im Magen, das er nicht definieren konnte.

      Auf dem Achterdeck nahe der großen Hütte tauchte jetzt ein Mann auf.

      Er trug eine hüftlange Jacke aus teurem Brokattuch und darunter trotz der brüllenden Hitze, eine Art Weste, die mit silbernen Knöpfen besetzt war. Seine Beine steckten in engen weißen Röhrenhosen, um das Gewand schlang sich ein golden schimmernder Gürtel. In dem Gürtel steckte in einer reichverzierten Scheide ein Krummdolch.

      Unter dem hellen Turban waren schwarze Haare zu sehen. Der Mann hatte ein gutgeschnittenes Gesicht von Mahagonifarbe. Seine Nase war gerade, das Kinn energisch. Die Erscheinung strahlte Autorität aus. Kohlschwarze Augen blickten über den Hafen und blieben dann an der Schebecke für Augenblicke hängen.

      Der schlanke und hochgewachsene Inder deutete eine leichte Verbeugung an, sehr knapp und kurz, die Hasard seinerseits mit einem leichten Kopfneigen etwas irritiert beantwortete.

      Jetzt zeigte der Inder auf die gegenüberliegende Pier. Seine ringgeschmückte Hand wies nur einmal kurz dahin, und schon änderte die Galeere wie durch Zauberhand abermals den Kurs und hielt auf die Pier zu.

      Ein paar Fischer pullten mit ihren Kähnen eilig davon und verholten in einen anderen Teil des Hafens, als sie die Handbewegung sahen.

      Kein Zweifel. Die Galeere wollte dort anlegen.

      Die Besatzung bestand zum größten Teil aus Sklaven, Leibeigenen oder Verbrechern, denn ausnahmslos alle Ruderknechte waren angekettet.

      Auf dem oberen Deck gab es jedoch auch einige Männer, die einen Turban trugen und nur mit einem Lendenschurz bekleidet waren. Sie gehörten offenbar zu den wenigen Freiwilligen, die die Galeere ruderten, denn wie der Seewolf sah, wurden sie bevorzugt behandelt.

      „Der sieht ebenfalls wie ein Sultan aus“, sagte Dan O’Flynn leise. „Der Mann strahlt Autorität aus. Ich glaube fast, es scheint sich tatsächlich um den großen Akbar persönlich zu handeln. Das beweist schon der ganze pompöse Aufwand und die Prunk-Galeere.“

      „Akbar hält sich irgendwo tief im Landesinnern auf“, sagte Hasard so biestig, daß es Dan sofort auffiel. „Also kann er nicht hier sein.“

      „Aye, Sir“, murmelte Dan ergeben. „Darf man bescheiden anfragen, ob deine schlechte Laune wetterabhängig ist?“

      Der Seewolf wollte erst aufbrausen, doch dann zwang er sich gewaltsam zur Ruhe.

      „Ich habe ein flaues Gefühl im Magen. Weiß der Teufel, woran das liegt. Mir ist, als wandere eine ganze Horde Ameisen in meinem Bauch herum.“

      „Verstehe. Feuerameisen vermutlich. Die verursachen so ein scheußliches Brennen.“

      Hasard wandte sich etwas zu brüsk ab und konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf das Anlegemanöver der Galeere.

      Die Kerle verstanden ihr Handwerk, das mußte ihnen der Neid lassen. Sie begingen keinen Fehler beim Manövrieren. Alles klappte reibungslos wie bei einer gut eingespielten Crew.

      Das mußte sogar der Profos anerkennen, der mit vorgeschobenem Rammkinn zur Galeere starrte.

      „Die haben was drauf, die Burschen, was, wie? Scheinen in eine harte Lehre gegangen zu sein. Die sputen sich wirklich.“

      „Wenn du jedesmal eins übergezogen kriegst“, sagte Bill, „dann bleibt dir auch gar nichts anderes übrig. Den meisten sitzt doch die Angst im Genick, denn der Bullenbeißer ist mit seiner Peitsche nicht gerade zimperlich.“

      Der Kerl, den Bill als Bullenbeißer bezeichnete, trug ebenfalls einen Turban, aber einen von hellblauer Farbe. Seine Augen waren überall. Nicht die kleinste Bewegung entging ihm. Und als einer der Ruderer auf das Kommando nur einen winzigen Augenblick zu spät reagierte, zuckte die zusammengerollte Peitsche wie eine Schlange vor.

      Es war ein kurzer, aber heftiger Schlag aus dem Handgelenk, eine kaum sichtbare Bewegung. Aber das Ende der giftigen Schlange erwischte den Mann im Rücken, und er bog vor Schmerzen das Kreuz durch. Sein Gesicht verzerrte sich, und durch seinen Körper lief ein krampfartiges Zucken. Er gab aber keinen Ton von sich.

      Hasard fand das widerlich und abstoßend, und sein Gesicht drückte das auch nur allzu deutlich aus.

      Der Sultan von Golkonda hatte ihn eingeladen, einer Hinrichtung beizuwohnen, als ein Verräter durch das Schwert sterben sollte, und er hatte es zwangsläufig mitansehen müssen. Doch an derartige Sitten und Gebräuche würde er sich nie gewöhnen. Die Mentalität dieser Leute war wohl nicht mit christlichen Maßstäben zu messen.

      Die Langriemen wurden eingezogen. An der Pier standen inzwischen etliche Inder, die die Leinen wahrnahmen.

      Etwas später war die Galeere vertäut.

      Die Ruderer blieben in der brüllenden Hitze an Deck. Ein paar andere verließen die Bänke und verschwanden nach unten in den Bauch des Schiffes.

      Ein Mann brachte den Angeketteten Wasser, und mit wem er es ganz besonders gut meinte, dem goß er zur Erfrischung noch eine Kelle voll Wasser über den Rücken.

      Diese