Название | Praxis und Methoden der Heimerziehung |
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Автор произведения | Katja Nowacki |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783784133041 |
•Art, Ziel und Qualität des Leistungsangebots,
•den in der Einrichtung zu betreuenden Personenkreis,
•die erforderliche sächliche und personelle Ausstattung,
•die Qualifikation des Personals sowie
•die betriebsnotwendigen Anlagen der Einrichtungen festlegen“ (§ 78c KJHG auszugsweise).
Die Leistungsangebote müssen geeignet sowie ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich, die Entgelte entsprechend der festgelegten Leistungs- und Qualitätsvereinbarung leistungsgerecht sein.
Durch diese neuen Finanzierungsregelungen sollten Kosten und Leistungen transparenter werden. Insbesondere auch im Bereich der stationären Hilfen zur Erziehung wurde eine Kostendämpfung erwartet. „Das Ziel der Kostendämpfung wurde nicht erreicht“ (Frankfurter Kommentar 2013, S. 720).
Im Zusammenhang mit der Diskussion über Leistungsvereinbarungen und der Qualitätssicherung wurde der Begriff der Fachleistungsstunde eingeführt.
„Die Fachleistungsstunde ist eine Verrechnungsform für Leistungsentgelte, die insbesondere bei ambulanten Leistungen der Kinder-und Jugendhilfe auf der Basis von § 77 SGB VIII angewandt wird. … Die kalkulierten Gesamtkosten eines Leistungsangebots (Personal-, Sach-, Investitions- und Vorhaltekosten) werden dabei bezogen auf eine Zeitstunde berechnet“ (Struck 2017, S. 276).
Die Institutionen der stationären Erziehungshilfe vereinbaren mit dem örtlichen zuständigen Träger der Jugendhilfe die Höhe des Entgelts, welches pro Kind/Jugendlichen und Tag gezahlt wird. In partnerschaftlichen Verhandlungen sollen die Sätze einvernehmlich festgesetzt werden. Einer solchen Entgeltvereinbarung gehen immer eine Leistungsbeschreibung, eine Kostenkalkulation sowie eine Qualitätsentwicklungsvereinbarung voraus. Das vereinbarte Entgelt für die Grundleistungen deckt die „normale“ Versorgung, die Erziehung und Förderung, das Wohnen, die Freizeitgestaltung etc. eines Kindes oder Jugendlichen innerhalb der stationären Erziehungshilfe ab. Weitere für notwendig erachtete und für den jeweiligen jungen Menschen mit dem Kostenträger im Hilfeplan zu vereinbarende fachliche Leistungen wie beispielsweise eine kontinuierlich notwendige besonders intensive Hausaufgabenbetreuung, heilpädagogische oder psychologische Therapiestunden, Angebote der Motopädagogik und der Spieltherapie, therapeutisches Reiten etc. werden durch Fachleistungsstunden zusätzlich vergütet. Neue Verhandlungen über die Entgelte sind immer mit Qualitätsdialogen verbunden. Die Höhe des täglichen Entgelts für die Grundleistungen beträgt heute durchschnittlich pro Kind/Jugendlichen zwischen 150 bis 190 Euro. Somit kostet ein Heimplatz in der Grundversorgung zwischen 4.500 bis 5.700 Euro pro Monat. Die Kosten pro Fachleistungsstunde liegen, in Abhängigkeit von der Qualifikation des Anbieters, aber auch anderen Faktoren, wie z. B. regionaler Verortung, durchschnittlich zwischen 70 bis 100 Euro. Wenn beispielsweise im Rahmen der Hilfeplanung vereinbart wurde, dass ein bestimmtes Kind eine zweistündige Spieltherapie pro Woche durch eine Heilpädagogin benötigt und eine solche Fachleistungsstunde 85 Euro kostet, dann würde für den Zeitraum dieser besonderen Förderung monatlich ein zusätzlicher Betrag zu den Grundleistungen in Höhe von 640 Euro hinzukommen. Kosten für Intensivwohngruppen mit einem engeren Betreuungsschlüssel oder weitere Spezialangebote mit therapeutischen Leistungen können nochmal deutlich über den Kosten der Regelwohngruppe hinausgehen und zwischen 230 und mehr als 300 Euro pro Tagessatz ausmachen.
Kapitel 3
Das differenzierte Leistungsangebot der stationären Erziehungshilfe
Heimerziehung hat sich verändert
Die in den 1970er- und 1980er-Jahren initiierten und realisierten Reformen der Heimerziehung haben innerhalb des Praxisfeldes zu erheblichen quantitativen und strukturierenden Veränderungen geführt und damit zu einer starken Differenzierung der institutionellen Rahmenbedingungen beigetragen. Größere Heime verloren infolge der Dezentralisierung mehr und mehr ihren Anstaltscharakter: Überversorgungssituationen wurden abgebaut, weil beispielsweise Großküche, Speisesäle und zentrale Wäschereien aufgelöst und deren Funktionen auf die Gruppen verlagert wurden. Alltägliche Verrichtungen waren damit den jungen Menschen nicht länger vorenthalten, sondern nun in pädagogische Prozesse integriert. Im Zuge der Reformen kam es auch zu Auslagerungen von Heimgruppen in andere Häuser und Stadtteile – zur Gründung von Außenwohngruppen und selbstständigen Wohngemeinschaften, etwas später kamen Vorläufer des Betreuten Wohnens auf. Heute reicht das differenzierte und spezialisierte Feld der stationären Erziehungshilfe bis hin zu Erziehungsstellen – einer besonderen Form der „Heim“-Unterbringung, die starke konzeptuelle Überscheidungen mit einer „professionellen Pflegefamilie“ hat.
Außenwohngruppen und Wohngruppen
Die ersten Außenwohngruppen entstanden zu Beginn der 1970er-Jahre. Sie waren eine Antwort auf die Kritik an der Heimerziehung, die unselbstständige junge Menschen produziere (Kiehn 1990, S. 31 ff.). Im Zuge der allgemeinen Dezentralisierung wurden Gruppen aus dem Heim in andere Gebäude, beispielsweise in Einfamilienhäuser oder in größere Etagenwohnungen, ausgelagert. Damit konnte erreicht werden, dass der negative Heimcharakter mit den entsprechenden Etikettierungen erheblich reduziert wurde oder auch ganz verschwand, denn Außenwohngruppen sind in das normale Wohnumfeld integriert. Durchschnittlich fünf bis acht junge Menschen bilden eine solche Gruppe. Sie werden von pädagogischen Mitarbeiter*innen betreut, die ähnlich wie im Heim im Schichtdienst arbeiten, oder von einer Erziehungsperson bzw. einem Paar, welches innerhalb der Außenwohngruppe lebt und von zusätzlichen Fachkräften, die dort ebenfalls arbeiten aber außerhalb leben. Ursprünglich waren Außenwohngruppen vor allem Jugendlichen vorbehalten, die schon längere Zeit im Heim lebten und sich nun zunehmend verselbstständigen sollten. Demgemäß stellt die Selbstversorgung ein wichtiges Prinzip in Außenwohngruppen dar. Im Laufe der Zeit wurden allerdings zunehmend Kinder in Außenwohngruppen aufgenommen, auch solche, die bislang nicht in einem Heim gelebt hatten. Es handelte sich dabei vorwiegend um Kinder, die voraussichtlich bis zu ihrer Selbstständigkeit auf öffentliche Erziehung angewiesen waren. Die Serviceleistungen eines Heimes können von der Außenwohngruppe in Anspruch genommen werden, so beispielsweise die therapeutischen Dienstleistungen, aber auch Aushilfen in Urlaubsoder in Krankheitsfällen. Die Verbindung zum Stammheim ist jedoch nicht nur positiv zu beurteilen, sie kann auch negativ wahrgenommen werden, wenn etwa eine zu große Abhängigkeit entsteht und die hierarchische Struktur des Heimes sich auch auf die Außenwohngruppe niederschlägt.
Demgegenüber sind Wohngruppen oder Wohngemeinschaften vollkommen selbstständige Institutionen der stationären Jugendhilfe, die in den vergangenen Jahren zunehmend entstanden sind. Um etwaige Nachteile zu kompensieren, weil beispielsweise keine Serviceleistungen einer großen Einrichtung in Anspruch genommen werden können, haben sich oftmals Wohngruppen zu einem Verbund zusammengeschlossen. Sie nutzen zudem deutlich mehr Angebote des öffentlichen Nahraums, wie z. B. Jugendzentren, therapeutische Einrichtungen o. ä.
Betreutes Wohnen
Das Betreute Wohnen umfasst die früheren Jugendhilfeformen Sozialpädagogisch betreutes Wohnen und Mobile Betreuung.
Das Betreute Wohnen kann als Betreuungsangebot für Jugendliche und junge Volljährige verwirklicht werden:
(1) Für solche Jugendlichen und junge Volljährige, die bislang in einem Heim oder in einer Wohngruppe der Jugendhilfe lebten und dort bereits ein hohes Maß an Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit unter Beweis stellen konnten. Diese jungen Menschen können sich nun in einer eigenen Wohnung, in der sie alleine oder mit anderen zusammenleben, weiter verselbstständigen. Sie werden bei diesem Prozess, vor allem in Fragen der Ausbildung und Lebensführung, durch sozialpädagogische Fachkräfte beraten und unterstützt.
(2) Für solche Jugendlichen und junge Volljährige, die in der Heimerziehung nicht zurechtkommen, weil sie nicht in der Gruppengemeinschaft leben wollen oder können und weil