Worauf die Affen warten - Krimi. Yasmina Khadra

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Название Worauf die Affen warten - Krimi
Автор произведения Yasmina Khadra
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788726355086



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      J’ha wittert einen brenzligen Geruch in der Luft.

      »Und von wem ist das?«, fragt er.

      »Von meiner Wenigkeit«, ruft der Magnat stolz aus.

      »Seltsam ...«

      Ed Dayem wendet sich wieder an den Nachwuchsautor: »Sagen Sie mal, Monsieur Llaz, wer ist denn dieser berüchtigte Jonathan Klein, dass Sie ihn wie ein Beweisstück am Ende Ihrer flammenden Machwerke schwenken?«

      »Ein Amerikaner, von der Universität Bakersfield.«

      »Merkwürdig. Wir haben bei der Universität Bakersfield nachgefragt – der Knabe ist dort völlig unbekannt. Und was sein berühmtes Lexikon anbelangt, in dem er den Stolz unserer Nation des Plagiats beschuldigt: völlig unauffindbar.«

      »Jonathan Klein existiert aber. Er hat mir geschrieben.«

      »Vielleicht hat J’ha Ihnen geschrieben. Er macht das gerne, seine kleinen Gemeinheiten von seinen neu eingestellten Mitarbeitern signieren zu lassen. Und ganz unter uns: Wer sind Sie denn schon, dass man Ihnen schreibt? Die Washington Post, der Canard Enchaîné, El País, Politiken, der Spiegel? Und wenn was dran wäre, glauben Sie denn, die Medien, die unseren berühmten Autor gefeiert haben, würden erst auf Ihr Signal warten, um ihn zu lynchen? Das Ganze ist wohl eine Nummer zu groß für Sie, Monsieur Llaz. Jonathan Klein ist kein Amerikaner, sondern ein waschechter Algerier, ein absolut typischer kahl-arras, einer dieser undankbaren Intellektuellen von der Art, wie sie nur unser liebes Vaterland exkrementieren kann, ein echt beknackter Kamelbremser, der krank vor Neid und Eifersucht ist und denkt, er würde einen Tsunami auslösen, wenn er nur einen Stein ins Wasser wirft ... Ist es nicht so, J’ha?«, fügt er hinzu, während er eindringlich den Verleger mustert, der sich nicht rührt.

      »Das glaube ich Ihnen nicht!«, ruft der junge Autor.

      »Glauben Sie denn überhaupt noch an irgendetwas, Monsieur Llaz?«

      »Und wie heißt Jonathan Klein denn nun wirklich?«

      »Das behalten wir lieber für uns, für alle Fälle ... Eines sollten Sie wissen, Monsieur Llaz: Die Diffamierung ist eine hohe Kunst, nur die Eingeweihten blicken da durch. Und ihre Wirkung beruht ausschließlich auf zwei Faktoren: der Leichtgläubigkeit der Durchschnittsleser und der Nichtüberprüfbarkeit der Aussagen. Ihre Behauptungen indes, Monsieur Llaz, lassen sich allesamt mit ein paar Mausklicks überprüfen – und widerlegen. Aber das dürfte ja wohl Ihre geringste Sorge sein. Für Sie zählt nur das Rampenlicht der Öffentlichkeit, ganz gleich, wie Sie dorthin gelangen. Wissen Sie, wie es dem Nachtfalter ergeht? Er flattert so lange ums Licht, bis er darin verbrennt ... An Ihren stupiden Hirngespinsten finden nur Jammergestalten Ihres Formats und die Paranoiker des Internets Gefallen.«

      »Ich bin keine Jammergestalt.«

      »Wie würden Sie sich denn definieren?«

      »Das geht Sie nichts an. Und außerdem haben Sie überhaupt nichts überprüft. Sie nehmen mich auf den Arm. Sie wissen doch gar nichts!«

      »Oh doch! Wir wissen so einiges über eine ganze Menge Leute, die über jeden Zweifel erhaben sind. Wir wissen zum Beispiel, dass unser Freund J’ha hier über ein riesiges Netz obskurer Schreiberlinge, frustrierter Zeitungsfritzen und vereidigter Verunglimpfer verfügt, dass er ein Manipulator ohnegleichen ist und wie sonst keiner den Franzosen den Arsch leckt.«

      »Das hat jedenfalls mehr Stil, als maghrebinischen Landpomeranzen den Arsch zu lecken«, kontert der Verleger in aller Gelassenheit.

      »Vielleicht hat es mehr Stil, aber hygienisch ist es um einiges bedenklicher. Eine maghrebinische Landpomeranze führt fünfmal am Tag ihre rituellen Waschungen durch.«

      Ed zielt mit seiner Zigarette auf den jungen Autor: »Über Sie wissen wir auch so einiges, Monsieur Llaz.«

      Llaz lacht laut los: »Ich habe mir nichts vorzuwerfen, Monsieur Dayem. Ich bin weder Politiker noch Geschäftsmann.«

      Ed Dayem grinst höhnisch, ohne den Pariser Autor aus den Augen zu lassen: »Die Korruption steckt manchmal woanders, als man denkt. Die kleine Welt, der Sie sich angeschlossen haben, ist eine Mafia, allerdings ohne deren Ehrenkodex ...«

      »Und was haben Sie gegen mich in der Hand, Monsieur Dayem?«, fragt der junge Autor herausfordernd.

      »So einiges. Wir wissen zum Beispiel, dass Sie jedes Mal, wenn unser berühmter Schriftsteller ein neues Buch herausbringt, unverzüglich auf die fnac.com-Seite gehen, um dem Buch, ohne es überhaupt gelesen zu haben, einen einsamen Stern und einen vernichtenden Kommentar zu verpassen – in der Hoffnung, damit potentielle Leser abzuschrecken. Wir wissen auch, dass Sie nach dieser Großtat etliche Monate damit zubringen, Ihre eigenen Kommentare zu bewerten. Man muss schon ein echter maghrebinischer Schmierfink sein, um die Infamie derart auf die Spitze zu treiben ... Sagen Sie, Monsieur Llaz, bewerten Sie Ihre Kommentare eigentlich alle in Eigenregie? Oder lassen Sie sich dabei von Ihren Freunden helfen? Stellen Sie sich vor, ich hab mir mal den Spaß gemacht, nachzuzählen: Sie haben Ihre eigenen Kommentare über dreitausendfünfhundertmal bewertet. Enorm! Und das, mein Junge, das ist kein Mobbing mehr, das ist der helle Wahnsinn.«

      Verärgert springt der Verleger auf: »Jetzt gehst du wirklich zu weit, Eddie!«

      »Ich fürchte, da bin ich nicht der Einzige.«

      »Du musst uns keine Morallektionen erteilen.«

      »Daran zweifle ich keine Sekunde.«

      »Mir scheint, du vergisst da eine Kleinigkeit, Eddie. Was das Streuen falscher Gerüchte angeht, sehe ich weit und breit niemanden, der es mit dir aufnehmen kann. Du bist doch der König der Nachrichtenwelt, du verbringst deine Zeit damit, die einen wie die anderen mit banalen Skandalmeldungen und schlüpfrigen Enthüllungsgeschichten in Grund und Boden zu rammen. Kein Tag vergeht, an dem du nicht beim Lynchen derer mitmachst, die nicht deine Sprache sprechen, und den letzten Blindgänger in den Himmel hebst ...«

      »Das bestreite ich ja gar nicht. Aber ich muss ein komplettes Imperium absichern, Bündnisse konsolidieren, einen Harem von Prostituierten unterhalten und einen Dschungel gieriger Tatzen schmieren. Und Sie? Was ist denn Ihr übergeordnetes Ziel, wenn Sie unseren großen Schriftsteller diffamieren? Glauben Sie, es täte Ihrem Image gut, wenn Sie ihn verleumden? Wollen Sie an seiner Stelle glänzen? Hier geht es um Talent. Das hat man oder man hat es nicht ... Wenn ich einen Rivalen ausschalte, fallen mir seine ganzen Geschäftsbeziehungen zu. Aber was bringt es Ihnen, wenn Sie einen Konkurrenten vernichten? Die Genugtuung, ein Licht ausgeknipst zu haben, damit alle Welt wieder im Dunkeln sitzt?«

      Weder J’ha noch Llaz noch Ed Dayem ist bewusst, dass sie in diesem Moment das algerische Paradox verkörpern. Dass sie zwar der Spezies Mensch angehören, aber in Wahrheit bar jeder Menschlichkeit sind: blindwütige Fanatiker, denen jede Form von Edelmut, Hilfsbereitschaft und Güte fremd ist, und die das morbide Bedürfnis antreibt, anderen zu schaden, wo es nur geht. Die derart erbärmlich sind, dass sie selbst, wenn man vor ihren Augen alle Pracht der Erde entfaltete, doch nur die eigene Hässlichkeit sähen. Ist Dayem am Ende vielleicht nur deshalb wütend, weil er im Vergleich zu seinen umnachteten Doppelgängern wenigstens einen Funken Licht retten will? An jemandem, der das Image Algeriens in der Welt blankpoliert, dessen Person eine Art nationaler Errungenschaft darstellt, deren Existenz über den Niedergang der Nation ein wenig hinwegtröstet, darf man sich nicht vergreifen, findet der Magnat.

      Wenngleich ihm sehr wohl klar ist, wie tief er gesunken ist, steht Eddie dank seiner patriotischen Ader, die in dem ganzen Wust aus Gewalt und Verkommenheit, aus dem seine Person besteht, noch irgendwie überlebt hat, auf dem Standpunkt, dass gewisse Werte, vor allem jene, die es über die Staatsgrenzen geschafft haben, verteidigt gehören. Wenn die zwei Schreiberlinge in ihm einen alten Dämon wecken, dann wohl auch deshalb, weil sie ihn widerspiegeln. Er sieht in ihnen sein eigenes Bild – jenes, das ihn verstört, wenn er nachts allein in seinem Bett liegt: das Bild des doppelköpfigen Horrors, in den er sich verwandelt hat.

      Der Verleger beißt die Zähne zusammen und unterdrückt seine Wut. Mit einer Kopfbewegung signalisiert