Название | Der geduldete Klassenfeind: Als West - Korrespondent in der DDR |
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Автор произведения | Peter Pragal |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788711449400 |
Die Stasi hat sie beobachtet, aber gewähren lassen. Frau Freitag besitze einen Schlüssel zur Wohnung des Pragal, steht in einem Aktenvermerk, den ich ihr bei unserem Besuch mitgebracht habe. »Somit ist sie in der Lage, diese auch in der Abwesenheit von Pragal aufzusuchen.« Nie, sagt Frau Freitag, sei sie von der Stasi angesprochen worden. Warum habe man nicht versucht, sie zu erpressen. Die Frage lässt ihr keine Ruhe. »Sie waren zu nahe an uns«, mutmaße ich. »Sie hätten uns davon erzählen, und ich hätte darüber berichten können. Das wollte man vermeiden.« Stattdessen hat das MfS sie ausgeforscht. Ihre Familien- und Verwandtschaftsverhältnisse ebenso wie die Arbeitsstelle ihres Lebensgefährten. »Anlage: Kontaktübersicht zum Material Freitag«, steht am Schluss des Vermerks von Leutnant R. Das Papier fehlt. Schade, wir hätten gern gewusst, was der Offizier noch alles aufgeschrieben hat.
Abgesehen von Einkaufs- und Besorgungsfahrten führte uns in den siebziger Jahren selten der Weg nach Berlin (West). In Ost-Berlin kannten wir uns aus. Hier lebten die Menschen, mit denen wir Umgang hatten. Ich lernte, mich zu bewegen, ohne als Westler aufzufallen. »Pragal war bemüht, wie ein DDR-Bürger zu leben und zu denken«, stellte ein Stasi-Offizier fest. Das stimmte. Mehr und mehr nahm ich die Umwelt im realen Sozialismus mit den Augen meiner Freunde wahr. Ich lernte zwischen den Zeilen zu lesen, Vorgänge wahrzunehmen, die sich nicht einfach in ein Schwarz-Weiß-Klischee einfügen ließen. Ich legte auch ihre Maßstäbe an, verglich ideologischen Anspruch mit der sozialen Realität. Und da ich darüber schrieb, die wachsende Diskrepanz an Beispielen aus dem Alltag darstellte, hielten manche Staatsdiener mich, den erklärten Anhänger einer selbstbewussten, offensiven Entspannungspolitik, für gefährlicher als einen kalten Krieger aus dem erzkonservativen Lager.
In Ost-Berlin bekamen wir auch Besuch von westdeutschen Freunden und Bekannten. Sie waren neugierig und wollten wissen, wie wir leben. Sie reisten mit Tagesvisum ein und mussten »die Hauptstadt« um Mitternacht verlassen. Eines Tages war unser Wohnzimmer mal wieder voll von Menschen. Bürger Ost und Bürger West. Ab 22 Uhr wurden die Wessis unruhig. Sie blickten auf die Uhr und meinten, sie müssten uns bald verlassen, um rechtzeitig zum Grenzübergang zu kommen. Ab 23 Uhr bestand die verbliebene Runde nur noch aus Ostlern, meiner Frau und mir. »So, jetzt sind wir unter uns«, sagte eine Nachbarin, als der letzte Bundesbürger gegangen war. Da wussten wir: Jetzt sind wir wirklich angekommen und gehören dazu.
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