Seewölfe - Piraten der Weltmeere 671. Fred McMason

Читать онлайн.
Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 671
Автор произведения Fred McMason
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783966880855



Скачать книгу

trat ihm von der Seite her in die linke Kniekehle und ließ blitzschnell los. Der Büffel von Profos landete krachend auf den Planken, Gesicht voran und einen wilden Brüller ausstoßend. Der Kerl war dem Wahnsinn nahe und sah nur noch rot.

      Noch einmal rappelte er sich auf und schlug mit den Armen wie mit Dreschflegeln wild um sich.

      Dan wich aus und spürte, daß über seinen Rücken Blut lief. Die Wunden brachen wieder auf, die nur verkrustet gewesen waren.

      Whistler drosch wie ein Wilder drauflos, aber in seiner rasenden Wut konnte er keinen gezielten Schlag landen. Als ein weiterer Hieb ins Leere ging – Dan war rechtzeitig untergetaucht –, schoß O’Flynn hoch, packte Whistlers Arm und drehte ihn hart auf den Rücken, bis der Profos mit den Fingerspitzen den hinteren Teil seiner Glatze berühren konnte. Tränen schossen ihm aus den geschlossenen Augen. Gegen den Griff konnte er sich nicht wehren.

      „Und jetzt Sturmschritt, du Ratte!“ fauchte Dan und rannte los.

      Das erste, was im Weg stand, war ein vierkantiger Eichenbalken, den der Profos im Schnellschritt nahm. Er donnerte dagegen, und die Wucht des Aufpralls erschütterte das Deck.

      Dan O’Flynn hielt den Mann eisern fest. Whistler war halb bewußtlos, aber er mußte weiter laufen, diesmal in Richtung Back und einen Niedergang hinunter.

      Im Sturmschritt ging es bis zu den unappetitlichen Stallungen der sogenannten Pißback, wo Schweine, Ziegen, Kühe, Ochsen und Federvieh gehalten wurden. Hier war es ziemlich düster, aber man konnte sich gut an dem penetranten Gestank orientieren.

      In der Bilge stand die Jauche, und es gab da eine Box, wo ein Ochse durch die Planken gebrochen war. Natürlich hatte sich niemand der Mühe unterzogen, dieses Loch über der Bilge zu flicken, da die Box ohnehin leer war und nicht mehr gebraucht wurde.

      In Whistler regte sich noch mal Widerstand, als er erkannte, was Dan O’Flynn mit ihm vorhatte. Er zappelte und trat wieder aus, und Dan mußte einen harten Schlag in den Unterleib einstecken, was seine Wut nur noch mehr anstachelte.

      „Ich bring dich dahin, wo du hingehörst, nämlich zu den Schweinen“, keuchte er. „Dort kannst du Halunke dich in die Bilge legen und hören, wie die Fische laichen.“

      Whistler gab Flüche von sich, die selbst Dan noch nie gehört hatte.

      Unvermittelt ließ er ihn los. Aber noch bevor der hinterhältige Profos sich orientieren konnte, traf ihn ein brettharter Schlag. Er tat zwei Schritte rückwärts, verlor den Halt und landete in dem großen Loch, in dem es gluckerte.

      Die Jauche aus den Stallungen stand hier gut ein halbes Yard hoch. Gelenzt wurde immer erst dann, wenn der Geruch unerträglich wurde oder die Brühe über die Dielen schwappte. Im Vordeck nahm man es nicht so genau, und die ehrenwerten Lords kümmerten sich nicht darum, denn der Geruch beleidigte ja nicht ihre empfindlichen Nasen auf dem Achterdeck.

      „Darin kannst du dich jetzt in aller Ruhe suhlen“, sagte Dan. Er fuhr herum, als er Schritte hörte und erkannte Smoky und Edwin Carberry.

      „Da bist du ja“, sagte Ed erleichtert. „Wir dachten schon, einer der unvergleichlich netten Leute hätte dich außenbords befördert, oder der Profos hätte dir irgendwo aufgelauert. Was tust du hier?“

      „Eben ist ein ziemlich dicker Mensch in die Jauche gefallen“, erwiderte Dan mit einem schiefen Grinsen. „Jetzt zappelt er und kann nicht mehr heraus.“

      „Na und – ist das unsere Sache?“ fragte Carberry. „Dafür sind die Ausmister zuständig, nicht wir. Wir müssen wieder an Deck, sonst gibt es Ärger.“

      „Warum grinst du denn so dämlich?“ fragte Smoky. Er blickte erst Dan an, dann in das gezackte Loch, wo es plätscherte und grunzte.

      „Mit dem dicken Menschen habe ich den Profos gemeint“, erklärte Dan. „Er hat mir tatsächlich aufgelauert und wollte mir eine Spillspake über den Schädel hauen. Ich hab ihm ein bißchen gut zugeredet, damit er mal ein Bad nimmt. Der Kerl stinkt nämlich schlimmer als das ganze Viehzeug zusammen.“

      „Was – der Profos ist in dem Loch?“ fragte Carberry ungläubig. „Na, das ist ja mal eine feine Abwechslung. Tatsächlich!“ rief er aus, als der blanke Schädel aus der schwarzen Brühe auftauchte und eine triefende Hand nach den gezackten Planken griff.

      Sie grinsten sich zu, und Carberry trat ein wenig zur Seite, aber man durfte ihm keine schlechte Absicht unterstellen, denn es war sehr düster hier unten. Kein Wunder also, daß er dem „Kollegen“ mit seinen riesigen Themsekähnen auf die Wurstfinger trat.

      Die Folge war ein erstickter Schrei, ein schnelles Loslassen und ein erneutes Untergehen in der Brühe.

      „Er horcht gerade die Planken ab, ob die Heringe schon laichen“, erklärte Dan. „Dieses Monster hätte mich aus dem Hinterhalt glatt erschlagen, wenn ich nicht zufällig gestolpert wäre.“

      Das Gesicht des Profos war hart und kantig. Im düsteren Schatten des Decks wirkte es noch gefährlicher als sonst. Die Narben erschienen wie tiefe Krater und Rinnen.

      „Es bleibt zu überlegen, ob man diesen Bastard nicht wirklich ersäufen sollte“, sagte er mit seltsam klirrender Stimme. „Sein Tod würde vielen anderen Erleichterung bringen und etlichen das Leben retten. Kein Hahn würde nach diesem Hundesohn krähen. Wenn er hier wieder rauskommt, wird er es immer wieder versuchen. Gestern hatte der Kerl anscheinend begriffen, daß er sich mit den falschen Leuten angelegt hat, aber heute ist sein Gehirn wieder leer. Das hat der Überfall auf dich gerade bewiesen.“

      Carberry ging in die Hocke und beugte sich über das Loch, in dem der Länge nach ausgestreckt der Profos lag.

      „Hör zu, du lausiger Jauchetreter“, sagte er mit einer so leisen und eindringlichen Stimme, daß selbst Smoky ein Frösteln überlief. „Ich habe dir gestern schon versprochen, dich gefesselt über Bord zu werfen, und wir werden auch nicht davor zurückschrecken. Sprich dein letztes Gebet, falls du überhaupt eins kennst.“

      Carberry sah ganz so aus, als würde es er nicht bei bloßen Worten bewenden lassen. Er war von diesem gemeinen Bastard restlos bedient, und seiner Meinung nach hatte er den Tod hundertmal verdient.

      Whistler tauchte auf, diesmal sah er noch schlimmer aus. Er hatte den Mund geöffnet und starrte sie an. Er war am Ende, keuchte und sah den Tod in dreifacher Gestalt vor sich stehen, hart, gnadenlos und bis zum Äußersten entschlossen. Seine Zähne schlugen wie im Fieber aufeinander. Er war fix und fertig – und er hatte eine hündische Angst, wie er sie bisher nur selten empfunden hatte.

      „Ich – ich werde euch nie mehr was tun“, stammelte er mit halberstickter Stimme.

      Der Profos war im Kern ein herzensguter Mensch, allerdings kein frommer Pilger, wie er selbst oft betonte. Er war schon drauf und dran, diesen Halunken aus dem Loch klettern zu lassen, überlegte es sich dann aber anders und schlug ihm die Faust auf die Nase, daß Whistler mit einem Aufschrei zurücksank.

      „Wiederhole es noch einmal“, sagte Carberry.

      Whistler stieß einen wimmernden Schrei aus. Nur mit größter Anstrengung konnte er die Worte wiederholen. Er spuckte einen Zahn auf die Planken und konnte sich kaum noch halten.

      „Ich glaube dir trotzdem nicht“, sagte Carberry. Diesmal setzte es mit dem Handrücken eine knallharte Ohrfeige. „Du hast uns bis jetzt immer betrogen und wolltest Dan umbringen. Merk dir gut, daß wir freie Männer sind und man uns gegen unseren Willen auf diesen dreckigen Eimer gepreßt hat. Wir sind damit nicht einverstanden, doch wir fügen uns in das Unvermeidliche. Aber dafür wollen wir nicht auch noch bestraft werden. Geht das in dein Gehirn rein, oder müssen wir dich tatsächlich hier ersäufen?“

      „Ich tu euch nichts mehr.“

      Die Stimme war nur ein ersticktes Keuchen und kaum zu verstehen.

      „Na schön“, sagte Smoky. „Damit du das auch von meiner Seite aus kapierst. Merke es dir gut!“

      Die Arwenacks hielten nichts davon,