Seewölfe Paket 34. Fred McMason

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Название Seewölfe Paket 34
Автор произведения Fred McMason
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783966881081



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der Masse und schossen schräg abwärts. Fast ohne Spritzer tauchten sie ins Wasser und spießten Fische auf.

      „Genau. Dahinter können sich ganze Flotten verstecken“, antwortete der Profos.

      Wieder vergingen etliche Minuten. Der Nebel löste sich fast völlig auf. Die Sonne stieg rötlichgelb zwei Handbreiten über die Kimm und überschüttete das Wasser mit ihren fast waagerechten Strahlen. Rund um die Schebecke, drei Seemeilen oder mehr in jeder Richtung, zeigten sich die Ufer der Inseln und Halbinseln. Nur in den Buchten hielt sich noch der hellgraue Dunst.

      Zwei Glasen. Sieben Stunden nach Mitternacht richtete Dan O’Flynn seinen Kieker auf etwa ein Dutzend breite Abschnitte der unbekannten Küste. Er musterte schweigend jeden Abschnitt des Strandes, jede Sandbank und jeden größeren Baum.

      „Kein Schiff – außer uns“, sagte er enttäuscht.

      Sie schienen sich in einem riesigen Kreis zu befinden, in einer großen Bucht, die sternförmig vom Festland und unzähligen vorgelagerten Inseln und Halbinseln umgeben war. An drei Stellen zeigten sich, gekennzeichnet durch das Fehlen von Schatten hinter dem Nebel, breitere Passagen. Aber auch dahinter konnten sich wieder neue Inseln befinden, wenn der Nebel völlig verschwunden war.

      Als Dan seinen Kieker nach Norden richtete, erkannte er zwischen zwei Vorsprüngen eine Bucht im Nebel.

      Die Landzungen sahen wenig aufregend aus: vorgelagerte Bänke aus Sand und Schlick, in denen sich altes und weniger ausgebleichtes Treibholz festgesetzt hatte. Dazwischen wuchsen und wucherten Pflanzen, die Brackwasser vertrugen. Fast unmittelbar dahinter sah Dan die charakteristischen Stelzwurzeln der Mangroven.

      Aus dem Nebel zwischen den dunklen Vorsprüngen schienen zwei Masten hervorzuwachsen. Schräg darüber entdeckte Dan die Rahruten und die angeschlagenen Dreieckssegeln.

      Zuerst glaubte er nicht recht, was er sah. Daher setzte er das Spektiv ab, putzte sorgfältig die Linsen an beiden Enden mit dem Hemdzipfel und starrte, während er auf das Glas hauchte, mit bloßem Auge hinüber.

      Das Bild änderte sich nicht. Im Gegenteil: nach ein paar Minuten war der Nebel noch eine Spur dünner geworden, er sah den Bugspriet und dahinter, dunkel wie der Hintergrund, unverkennbar Bug und Rumpf einer Karavelle.

      Er holte tief Luft, lief zum Achterdeck, blieb neben Hasard stehen und stieß hervor: „Steuerbord schräg voraus eine Bucht, Sir! Dort ankert eine Karavelle.“

      „Verstanden.“

      Hasard war zusammengezuckt. Er starrte in die angegebene Richtung und sagte eine Minute später in unüberhörbarer Schärfe zum Rudergänger: „Ein Strich nach Steuerbord abfallen.“

      „Aye, Sir“, entgegnete Jan und spannte die Muskeln.

      Tatsächlich versteckte sich die Karavelle im Nebel einer Bucht. Zwischen den Landvorsprüngen betrug die Entfernung höchstens drei Kabellängen. Aus dem Dunst heraus schwang sich das lange Ankertau schräg nach vorn, fast direkt auf die Beobachter zu.

      Die Schebecke drehte nach Steuerbord ab und wandte der Bucht die Backbordseite zu. Die Entfernung betrug etwa zwei Meilen. Mit brennenden Augen blickte der Seewolf zu der Karavelle, dann nickte er Dan O’Flynn zu.

      „Das ist der verdammte Schurke“, sagte er laut. „Mister Conroy!“

      „Schon bereit, Sir.“

      Füße trampelten über die Decksplanken. Die Schebecke bewegte sich schräg auf das Ziel zu. Jeder der Seewölfe wußte, was zu tun war. Zuerst bändselten die Männer die Persenninge von den Geschützen.

      Die Zwillinge tauchten an Deck auf und schleppten die geladenen Drehbassen, um sie vorn und achtern in die Halterungen zu stecken. Das dumpfe, polternde Rumpeln der Lafettenräder erschütterte die Schebecke, als die Brooktaue festgezurrt wurden.

      „Es ist ja mehr als unwahrscheinlich, Sir“, bemerkte Jan Ranse mit deutlicher Erleichterung, „daß es in dieser abgelegenen Ecke von englischen Karavellen wimmelt.“

      Für ihn war die Hetzjagd im Regen vorbei. Dort drüben hatte sich die „Ghost“ versteckt gehalten.

      Hasard erwiderte kalt: „Das ist Ruthlands Schiff. Dan mit seinen scharfen Augen hat ihn im Nebelversteck aufgespürt. Da hätten wir noch eine Woche suchen können. Bist du bereit, Al?“

      Becken voller glühender Holzkohle und Luntenstäbe wurden an Deck geschleppt.

      „Zwei Minuten, Sir!“ rief der Stückmeister zurück.

      Während ein Teil der Crew die Segel trimmte und Jan Ranse leise mit Ben Brighton über die einzelnen Manöver sprach, wurde die letzte der zwölf Culverinen ausgerannt. Die schwarzen Mündungslöcher deuteten drohend nach beiden Seiten des Schiffes.

      Al Conroy packte Richtscheit und Richthebel. Die sorgfältig gereinigten Zündlöcher wurden mit frischem Pulver gefüllt. Gebückte Gestalten rannten über Deck.

      Jemand knurrte angriffslustig: „Aus dem Weg! Verzieh dich!“

      „Schon gut.“

      Die Bucht befand sich Backbord voraus. Die Schebecke war auf Nordkurs gebracht worden und driftete mit dem Sog einer Strömung auf eine Position zu, die weniger als eine Meile entfernt querab von der Bucht lag.

      „Feuerbereit, Sir“, meldete Al Conroy und fing an, den Schußwinkel auszurechnen und ein Rohr nach dem anderen einzurichten. Die Lunten brannten und rauchten knisternd.

      Hasard und Dan standen auf dem Grätingsdeck und richteten unverwandt ihre Kieker auf den Feind. Noch war nicht zu erkennen, ob sich an Deck jemand aufhielt. Der Nebel hing hartnäckig in der Bucht und löste sich, wie es schien, nicht auf. Noch immer blieben die Umrisse der Karavelle zwar hinreichend deutlich, aber nicht jetzt, als sich die Schebecke näherte, waren die Einzelheiten schärfer und klarer geworden. Gerade noch die Masttopps ragten aus der Nebelschicht hervor. Über dem Schiff kreiste ein Schwarm großer Vögel.

      „Al! Wenn wir genau querab sind, feuerst du die Backbordgeschütze ab, klar?“

      „Verstanden, Sir.“

      Wer nichts zu tun hatte, kauerte sich hinter das Schanzkleid und blickte zum Ziel. Die Geschützbedienung wechselte zum ersten Rohr in Richtung Bug. Wieder hob und senkte sich das lange Bronzerohr um winzige Unterschiede. Al Conroy konzentrierte sich schweigend und stand schließlich auf.

      Zufrieden stemmte er die Spitze des Richthebels auf die Planken. Die mit feuchtem Sand gefüllte Pütz, in der die Luntenstäbe steckten, befand sich dicht neben seinem Knie. Er drehte den Kopf und blickte zum Heck.

      Die Zeit schien plötzlich viel langsamer zu verstreichen. Mit Wind und Wellen glitt die Schebecke nach Norden und schien eine Ewigkeit zu brauchen, bis sie in der richtigen Position für den Angriff war.

      „Die pennen noch alle dort drüben“, stellte der Profos grimmig fest.

      „Nicht mehr lange!“ rief Old Donegal. „Sie werden recht nachdrücklich aufgeweckt!“

      „Das kann ich dir versprechen“, sagte Al Conroy, nahm einen Luntenstab und blies auf die Glut der Lunte. Er stand hinter dem Rohr und visierte an ihm entlang.

      Noch immer zog quälend das Land mit seinen Sandbänken und Mangrovenwurzeln vorbei, an denen sich die unterschiedlichen Wasserhöhen abzeichneten. Dann wurde das Bild undeutlicher. Der Nebel schob sich vor die Mündungen, und schließlich boten sich die Umrisse der Karavelle den Blicken.

      „Feuer frei!“ rief Hasard und federte die nächste Bewegung des Schiffes mit den Knien ab.

      Al Conroy wartete einen Atemzug lang, bis sich die Lage des Rumpfes wieder stabilisiert hatte, dann senkte er die Lunte auf das Zündloch.

      „Geht in Ordnung, Mister Ruthland“, sagte er.

      Das Pulver brannte blitzesprühend ab, dann zuckte die mehr als halbarmlange Flamme aus der Mündung. Rohr und Lafette wurden hart zurückgeworfen, eine graue Wolke Pulverdampf stieg auf und wurde bugwärts davongetrieben.