Название | Die Melodie unserer Zukunft |
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Автор произведения | Anne Barwell |
Жанр | Языкознание |
Серия | BELOVED |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783958238510 |
Seine Schwester und seine Mutter lebten beide in Tawa, daher wechselten sie sich normalerweise darin ab, zweimal pro Monat zu ihrem Samstagsbrunch zu fahren. Sie hatten Wellington City als Treffpunkt gewählt, da es für beide Parteien auf halber Strecke lag. Joel hatte angeboten, sie irgendwo in Tawa zu treffen, aber seine Mutter hatte darauf bestanden, dass es so zweckmäßiger wäre.
Joel vermutete, dass es weniger mit Zweckmäßigkeit zu tun hatte und mehr damit, dass sein Vater samstags nicht in die Stadt fuhr, da er es vorzog, eines der örtlichen Rugby-Spiele anzusehen. Der Zeitpunkt und Ort ermöglichten es seiner Mutter, Joel zu treffen, ohne seinem Vater davon erzählen zu müssen.
Seine Mutter war schon immer ein wenig passiv-aggressiv gewesen. Ein Problem offen anzusprechen, war noch nie ihr Stil gewesen. Nachdem Joel ausgezogen war, hatte sie Jahre gebraucht, bevor sie ihn direkt kontaktiert hatte, und selbst dann hatte sie nie darüber gesprochen, warum er ausgezogen war. Joel vermutete, dass seine Schwester das erste Treffen organisiert hatte, aber sie hatte es nie zugegeben und Joel hatte nicht gefragt.
Auch wenn er es normalerweise vorzog zu wissen, wo er stand, war das eine der wenigen Situationen, in denen Unwissenheit ein Segen war.
Jill hatte sich aus dem Streit zwischen ihrem Ehemann und ihrem Sohn herausgehalten. Joel fragte sich oft, wieso sie sich nie für ihn eingesetzt hatte, aber sie hatte sich auch nie direkt auf die Seite ihres Mannes gestellt oder ihre Meinung zu der Situation geäußert.
Joel hatte nie mit seiner Mutter über seine Sexualität gesprochen. Jedes Mal, wenn er Reed erwähnt hatte, hatte sie das Thema gewechselt oder ihn als Joels Freund bezeichnet. Sie hatten einander nie kennengelernt. Reed hatte sich nie die Mühe gemacht, obwohl Joel ihn ein paar Mal zum Brunch eingeladen hatte, und ehrlich gesagt, war es so einfacher.
»Joel!« Bernadette rief seinen Namen von der Tür und blieb dann stehen, um ein paar Worte mit Wendy zu wechseln, bevor sie sich Joel gegenübersetzten. Er hatte einen Tisch im Inneren des Cafés ausgewählt statt draußen, was er meistens tat. Im Moment war das Café ruhig, aber zur Mittagszeit war mehr los. Früher einmal war an diesem Ort ein Musikgeschäft gewesen und das Wandgemälde an einer Wand zeigte Noten und verschiedene Instrumente vor dem Hintergrund des Hafens.
Joel fand es entspannend und er nahm an, dass Bernadette den Treffpunkt wegen ihrer gemeinsamen Leidenschaft für Musik gewählt hatte. Vor Jahren hatte sie Bratsche gespielt, aber während Joel sich für Musik als Beruf entschieden hatte, hatte sie Betriebswirtschaft studiert. Sie hatte ihr Instrument nie weggegeben, aber seit sie von zu Hause ausgezogen war, um zu studieren, hatte sie es nicht mehr angerührt.
»Wo ist Mum?«, fragte Joel.
»Ihr Handy hat geklingelt, als ich den Parkschein geholt habe, daher hat sie mir gesagt, dass ich vorgehen soll.« Bernadette studierte die Speisekarte, obwohl sie jedes Mal dasselbe Gericht bestellte.
»Gut«, sagte Joel. »So haben wir Zeit, uns zu unterhalten, bevor sie kommt.«
Bernadette spähte über die Speisekarte hinweg und hob eine Augenbraue. »Was ist los?«, fragte sie. »Du siehst müde aus. Schläfst du schlecht?«
»Keine Ahnung, woran das liegen könnte. Du?« Joel legte seinen Kopf schief und starrte sie finster an. So viel zu seinem Plan, seinen Vater subtil in die Unterhaltung einfließen zu lassen, nachdem sie eine Weile miteinander gesprochen hatten.
»Wieso sollte ich?« Bernadette musterte ihn einen Moment lang und strich sich dann eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. Während Joel mit seinem dunklen Haar nach seinem Vater kam, war Bernadette blond wie ihre Mutter, aber die Geschwister hatten beide die hellblauen Augen ihres Vaters geerbt.
»Ich habe vor ein paar Tagen im Supermarkt Mrs. Wakeman getroffen und sie hat mir von Dad erzählt.« Joel nickte Wendy zu, als sie eine Tasse Chai Latte vor Bernadette hinstellte. »Danke, Wendy«, sagte er, bevor Bernadette sprechen konnte.
»Ja, danke, Wendy«, echote Bernadette. »Es geht ihm gut, Joel, ehrlich«, sagte sie, sobald Wendy ihren Tisch verlassen hatte. »Wenn das etwas Ernstes gewesen wäre, hätte ich dich sofort angerufen.«
»Hättest du?«, fragte Joel kälter als beabsichtigt.
»Natürlich hätte ich das.« Bernadette legte kurz ihre Hand auf Joels und zog sie dann zurück, als er auf die Geste nicht reagierte.
Joel wusste, dass er sich wie ein Arschloch benahm, aber verdammt, das tat weh. »Mrs. Wakeman hat angenommen, dass ich es schon wusste. Wie viele andere Leute wussten es vor mir? Er ist trotzdem noch mein Vater, Bernie.«
»Hättest du alles stehen und liegen lassen und wärst an sein Bett geeilt, wenn ich dich angerufen hätte?« Bernadette passte ihre Stimme Joels kühlem Tonfall an. Sie schnaubte, als er mit den Schultern zuckte. »Ich habe nichts anderes erwartet. Ganz ehrlich, ihr beide seid euch so ähnlich. Einer von euch muss in dieser Sache nachgeben.« Sie wandte sich zur Tür, als die Türglocke die Ankunft ihrer Mutter ankündigte. »Ich habe echt die Nase voll von diesem Problem. Das geht schon lang genug so.«
»Er könnte sich entschuldigen«, sagte Joel. »Ich bin nicht freiwillig gegangen. Er hat mich rausgeworfen und wie zur Hölle sollte ich nachgeben? Ich bin schwul. Es ist ja nicht so, dass ich damit aufhören kann, nur weil es ihm nicht gefällt.«
»Ja, das weiß ich, aber –«
»Tust du das wirklich? Du warst in Otago an der Uni, als es passiert ist. Du hast nicht gehört, was er gesagt hat.« Joel zuckte mit den Schultern und verschränkte die Arme vor seiner Brust. Bernadette hatte während des Studiums ihren Ehemann kennengelernt und sich nach ihrer Hochzeit mit ihm in Christchurch niedergelassen. Vor zehn Jahren war sie zurück nach Wellington gezogen und sie hatte keine besonderen Anstalten gemacht, sich mit Joel zu treffen, erst nachdem Reed nach Australien gegangen war. Reed und Bernadette hatten sich nicht gut miteinander verstanden, weshalb es für Joel einfacher gewesen war, Situationen zu meiden, in denen sie alle zusammen sein mussten. Er und seine Schwester hatten zu viele Jahre damit verbracht, sich via SMS und E-Mails zu unterhalten, während sie versucht hatten, die beiden Probleme zu meiden, die zwischen ihnen im Raum standen – Joels Partner und die Ablehnung von Joels Sexualität durch ihren Vater. »Morgen, Mum. Soll ich dir einen Tee bestellen?«
Jill setzte sich neben Bernadette und sah zwischen ihren Kindern hin und her. »Oh je«, sagte sie. »Ihr habt gestritten, oder? Ich wünschte, das würdet ihr nicht tun.«
»Wir sind nicht mehr fünf, Mum«, murmelte Bernadette. »Ich werde dir eine Kanne Tee bestellen und Joel kann dich auf den neusten Stand bringen.« Sie warf Joel ein nicht ganz entschuldigendes Lächeln zu und flüchtete dann zur Theke, statt die Kellnerin herüberzuwinken.
»Feigling«, murmelte Joel. »Wie geht's Dad?«, fragte er seine Mutter.
»Oh je«, sagte Jill erneut. Sie streifte ihren Mantel ab, sodass er über der Rückenlehne ihres Stuhls hing. »Es geht ihm gut, Liebling. Es war eine Warnung, dass er einen Gang zurückschalten muss, das ist alles. Du weißt, wie hart dein Vater arbeitet, und er hatte in letzter Zeit wirklich viel zu tun, besonders nach dem letzten Erdbeben.«
Claude Ashcroft betrieb ein Bauunternehmen. Neben dem Bau neuer Wohngebäude und Bürokomplexe hatte das Unternehmen einen Ruf für qualitativ hochwertige Restaurationen älterer Gebäude, besonders solche, die als Denkmäler galten. Nach den Erdbeben in Christchurch hatten sie viel zu tun gehabt, da Unternehmen ihre Gebäude möglichst schnell vor weiteren Beben stabilisiert wissen wollten. Das letzte Erdbeben im November hatte gezeigt, dass noch mehr Gebäude in Wellington verstärkt werden mussten. Claude beaufsichtigte einen Großteil der Arbeiten seiner Firma. Er war noch nie gut darin gewesen, Aufgaben an andere abzugeben.
»Wird er sich zurücknehmen?«, fragte Joel.
»Es ist Dad«, sagte Bernadette, während sie zurück an ihren Platz glitt. »Natürlich nicht. Ich habe dir Tee bestellt«, sagte sie zu ihrer Mutter.«
»Danke, Liebling.« Jill nahm die Speisekarte und sah hinein. »Ich