Название | Verbot, Verfolgung und Neubeginn |
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Автор произведения | Helmut Reinalter |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Quellen und Darstellungen zur europäischen Freimaurerei |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783706561495 |
90 H. Reinalter, Aufgeklärter Absolutismus und Revolution; H. Reinalter, Revolutionstheorien deutscher und österreichischer Jakobiner im Vergleich, in: Weimarer Beiträge 12 (1983), S. 2052 ff.; F. Schuh, Franz Hebenstreit, Jakobiner und Kommunist, in: Studien zu Jakobinismus und Sozialismus, hg. von H. Pelger, Berlin-Bonn-Bad Godesberg 1974, S. 103 ff.
91 Vgl. dazu A. Körner, Andreas Riedel. Ein politisches Schicksal im Zeitalter der Französischen Revolution, Köln 1969; H. Reinalter, Aufgeklärter Absolutismus und Revolution, S. 417 ff.
92 Vgl. dazu H. Reinalter, Freimaurerei, Politik und Gesellschaft. Die Wirkungsgeschichte des diskreten Bundes, Wien 2018, S. 125 ff.
93 Das Kriminalpatent ist abgedruckt bei H. Reinalter, Aufklärung, Absolutismus, Reaktion. Die Geschichte Tirols in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, Wien 1974, S. 326 f. (Anhang XIX).
94 Vgl. dazu H. Obrecht, Der Kampf um die staatliche Anerkennung der Freimaurerei in Österreich und die katholische Öffentlichkeit, ungedruckte Diss., Wien 1950, S. 32.
III. Die Zeit der Restauration und des Vormärz
Vorübergehend wurden im Rahmen der napoleonischen Feldzüge auch einige Militärlogen errichtet, die aber nur kurze Zeit Bestand hatten. Napoleon selbst war zwar höchstwahrscheinlich kein Freimaurer, obwohl seine Zugehörigkeit zum Bund öfter behauptet wurde. Was jedoch als sicher gilt, ist, dass der Kaiser der Franzosen in der Freimaurerei einen geistigen und ethischen Machtfaktor sah. Zudem gehörten seine Brüder dem Bund an, die an der Spitze freimaurerischer Körperschaften standen.95 Militär- und Feldlogen hatten sich schon vor der Zeit Napoleons gebildet, dann aber stärker während seiner Herrschaft in den gegründeten Republiken, die zur Ausbreitung der Bruderkette beigetragen haben. In diesen Feldlogen wurden rituelle Arbeiten durchgeführt und Reden über Vaterlandsliebe und Patriotismus gehalten, obwohl die Freimaurer stark kosmopolitisch orientiert waren. Diese Haltung stand nicht unbedingt in einem Gegensatz zu Heimatliebe und Patriotismus. Im Juni 1809 hielt z.B. der Gouverneur Napoleons in Kärnten, Divisionsgeneral Jean-Baptiste Rusca, in Klagenfurt eine Tafelloge ab, zu der auch österreichische Freimaurer, sofern sie bekannt waren, eine Einladung erhielten. Diese Logenarbeit bot Anlass zu einer Flut von Berichten, die von Polizeispitzeln abgefasst wurden. Im Jahre 1814 erließ Papst Pius VII. nach dem Sturz Napoleons erneut gegen den Freimaurerbund und die nationale Freiheitsbewegung der Carbonari wegen Staatsgefährdung eine Bulle. Die Freimaurerei wurde darin mit einem gefährlichen politischen Geheimbund gleichgesetzt.96
1. Der Geheimbund der Carbonari
Über die Bespitzelung und Überwachung von Mitgliedern der Freimaurerei gaben mehrere Schreiben des damaligen Polizeiministers Graf Josef Sedlnitzky Aufschluss. Darin wurde betont, dass der Entwicklung des geheimen Sektenwesens Einhalt geboten und die Verbindungen zum Ausland aufgedeckt werden sollten. Gemeint war hier u.a. auch der Geheimbund der Carbonari, der auf das Gebiet der Habsburgermonarchie übergegriffen hatte.97 Der Geheimbund verbreitete sich sehr schnell unter den Kleinbürgern und Handwerkern der Haupt- und Provinzstädte Italiens. Zu dieser raschen Verbreitung trug sicher das einfache Ritual bei, das auf dem christlichen Glauben und der Verehrung des hl. Theobald, des Schutzheiligen der Kohlenhändler, aufbaute. Da die Polizei weitere Logenarbeiten befürchtete, sandte Sedlnitzky an den Gouverneur für Steiermark und Kärnten am 06. September 1821 folgendes Schreiben: „Durch die revolutionären Ereignisse, von denen wir in der neuesten Zeit Zeugen gewesen sind, und deren Ursprung, Vorbereitung und Entwicklung dem geheimen Sektenwesen … doch größtenteils zugeschrieben werden muß, haben sich S.e. Majestät Anlaß gefunden, mir allergnädigst zu befehlen, daß Alles aufgeboten, und mit dem angestrengtesten Eifer dahin gebracht werden soll, um genaue Kenntnis von allen im Auslande bestehenden, öffentlich oder connivendo geduldeten, sowohl älteren, als auch erst in der neuesten Zeit entstandenen, oder sich in Zukunft bildenden geheimen Gesellschaften von ihren Statuten und Umtrieben zu erlagen und in ihre Geheimnisse einzudringen …“.98 Auch dieses Schreiben wurde in einem engen Zusammenhang mit dem Geheimbund der Carbonari verfasst. In einem Aktenvermerk wurde darauf besonders hingewiesen: Die Polizeihofstelle empfiehlt, auf Jahrmärkte große Aufmerksamkeit zu verwenden, weil verschiedene Symbole an Erinnerungsstücken Hinweise auf die Carbonari-Bewegung enthalten. Innerhalb der Carboneria gab es zwar auch Freimaurer, doch kann dieser politische Geheimbund mit der Freimaurerei nicht gleichgesetzt werden. Selbst in der päpstlichen Bulle „Ecclesiam“ vom September 1821 wurde die „Carboneria“ nur als Ableger oder Nachahmung der Freimaurerei bezeichnet. Die Carboneria war ein Geheimbund, der am Beginn seiner Tätigkeit noch stark der Ideologie der Aufklärung verpflichtet war, dann aber nach dem Sturz Napoleons politischer wurde und besonders in der italienischen Nationalbewegung, im Risorgimento, eine wichtige Rolle spielte. Sie bestand aus verstreuten Einzelgruppen, die sich dann 1809 zu einer ersten Hauptloge („Vendita“) in Capua zusammenschlossen. Sie breitete sich sehr rasch über ganz Italien aus. Ihre Zielsetzung war freimaurerähnlich, philanthropisch, politisch konstitutionell und republikanisch orientiert.99
Abwehrmaßnahmen wurden auch gegen das „Junge Italien“ und „Junge Deutschland“ ergriffen. Hatte noch 1821 der Kaiser vor dem Geheimbund der Carbonari gewarnt, so betraf diese Warnung auch die geheime Gesellschaft „Junges Italien“, die als staatsgefährlich eingestuft wurde. Im entsprechenden Circulare des k.k. illyrischen Guberniums zu Laibach wird besonders die Tendenz dieser Vereinigung hervorgehoben, die bestehenden Regierungen zu stürzen und die bürgerliche Ordnung zu zerstören.100 Die Polizei befürchtete, dass der Geheimbund der Carbonari vor allem von Norditalien aus auf die Habsburgermonarchie übergreifen könnte. So hatte Polizeiminister Sedlnitzky der Gefahr eines Übergreifens der Carbonari vorgebeugt, indem er alle Länderchefs die Anweisung erteilte, strengste Wachsamkeit auf Reisende aus Italien und aus der Schweiz zu üben. Ein genaues Verzeichnis aller Personen, die dieser Vereinigung angehörten, bot ihm Gelegenheit, diesen den Eintritt in die Monarchie zu verweigern. Trotzdem konnte, wie das Beispiel Tirol zeigt, nicht verhindert werden, dass Ideen der Carbonari-Bewegung nach Österreich gelangten und besonders bei Handwerkergesellen Resonanz fanden.
Nach Berichten der Polizeihofstelle in Wien gab es offenbar eine eigene Kommission der „Carboneria“ für Tirol. In einem der Berichte heißt es u.a., dass nach einer Anzeige des Kreishauptmanns von Trient in Bozen einige Schriftstücke aufrührerischen Inhalts gefunden wurden, die von den Führern der Carbonari in Tirol verfasst worden seien.101 Darin heißt es:
„Werte Tyroler!
Auf! Auf! Rächet die Tyranney des Kaiseres, schüttelt das eiserne Joch, welches eure Belohnung für die treue Anhänglichkeit an das Erzhaus war, ab. Der 20.te dieses um ½ 8 Abends am Virgelberg wird auf das Signal zur Rebellion, indem zu gleicher Zeit ganz Süd Tyrol, das venetianisch – lombardische König Reich etc. ihre Freyheit zu erkämpfen, aufstehen werden. Auf also zu den Waffen, wir empfehlen Euch Schonung. Auf! Die Commission der Carbonari in Tyrol“.102
Graf