Ins Arktische Amerika. Franklin John

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Название Ins Arktische Amerika
Автор произведения Franklin John
Жанр Книги о Путешествиях
Серия Paperback
Издательство Книги о Путешествиях
Год выпуска 0
isbn 9783843806602



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zu beklagen haben und dass zwei Kanonen auf dem Unterdeck zerstört sind.« John Franklin hatte seine Feuerprobe physisch – und offenbar auch psychisch – unbeschadet überstanden. Er war nun in die Gemeinschaft der Seefahrer aufgenommen … und konnte es tatendurstig kaum erwarten, dass die »Polyphemus« ihren Hafen erreichte: Plante doch sein Onkel Matthew Flinders eine Forschungsreise nach Neuholland (dem er später den Namen »Australien« gab). »Für den Fall, dass wir vor dem Abgang der ›Investigator‹ heimkommen sollten, wäre ich euch dankbar, wenn ihr euch für mich [bei Matthew Flinders] einsetzen würdet«, hatte John in jenem Brief vom 11. März an Willingham und Hannah Franklin weitblickend gebeten.

      Und die Vorsorge zahlte sich aus! Weil Flinders nämlich nach wie vor in England aufgehalten wurde, als Franklin dort Ende Mai eintraf, und die Eltern ihrem Schwager den Filius ans Herz gelegt hatten, stieg der lediglich um: von Yarmouth nach Sheerness, von der »Polyphemus« auf die »Investigator«. Allein die Zeit zum Umpacken des Seesacks war etwas knapp bemessen. Denn der Starttermin war auf den 7. Juni anberaumt.

      Matthew Flinders war siebenundzwanzig Jahre alt und seit Kurzem mit einer Schwester von Franklins Mutter verheiratet. Er hatte von 1791 bis 1793 eine Expedition mit dem durch die Meuterei auf der »Bounty« berüchtigten Kapitän William Bligh nach Tahiti sowie Westindien unternommen und war 1795 nach Neuholland gesegelt. Dessen Südküste hatte er bis 1800 auf mehreren Erkundungsfahrten besichtigt und aufgenommen und dabei den Nachweis des Insel-Charakters von Van-Diemens-Land (später Tasmanien) erbracht. Seit er die Früchte dieser Forschung in den Observations on the Coasts of Van Diemen’s Land, on Bass’s Strait and its Islands, and on Part of the Coasts of New South Wales (»Beobachtungen an den Küsten von Van-Diemens-Land, der Bass-Straße und ihren Inseln sowie Teilen der Küste von Neusüdwales«, 1801) vorgelegt hatte, galt er neben seinem Landsmann James Cook als einer der besten europäischen Kenner des Fünften Erdteils. Wobei sich das ›Wissen‹ aller seiner Wegbereiter – darunter der Spanier Luis Váez de Torres, der Niederländer Abel Janszoon Tasman und der Franzose Jean-François de Galaup Comte de la Pérouse – immer nur auf Abschnitte von Uferstreifen bezog. Wie also sah der Kontinent in toto aus? Wo verlief die Küstenlinie? War er vielleicht doch, wie seit Jahrhunderten vermutet, mit einer Landmasse am Südpol verbunden?

      Flinders hatte seinen Report dem Präsidenten der Royal Society, Sir Joseph Banks, gewidmet und dabei mit der Wurst nach der Speckseite geworfen. Und zwar so erfolgreich, dass er nur wenige Monate später auf Empfehlung solchen Gönners durch die Großadmiralität Seiner Majestät Georgs III. damit betraut worden war, möglichst viele Befunde über jene Terra incognita zu sammeln: geographische und nautische, botanische und zoologische, anthropologische und astronomische. »Haben Sie alle diese erwähnten Untersuchungen und Erforschungen vollbracht, so verlieren Sie keine Zeit, mit der unter Ihrem Kommando stehenden Korvette für weitere Befehle nach England zurückzukehren.« Eine Order, die ins Leere ging … Aber wie konnte Flinders das ahnen, als er am 7. Juli in Sheemess auf Sheppey in der Themsemündung die Leinen kappen ließ?

      1801 – welch ein Jahr für John Franklin! Er war Seemann geworden, hatte auf der Reede von Kopenhagen unter Nelson gekämpft, und jetzt, da eben sechs Monate verstrichen waren, befand er sich auf großer Fahrt um den halben Erdball. Und in einem Wettlauf! Denn den Offizieren der »Investigator« war bekannt, dass auf Drängen des französischen Weltumseglers Louis-Antoine de Bougainville das Direktorium in Paris den Kapitän Nicolas Baudin entsandt hatte, mit der »Géographe« ein ähnliches Unternehmen durchzuführen wie Flinders.

      Da war es kein allzu gutes Vorzeichen, dass der Engländer bei der Isle of Wight auf eine Sandbank lief. Erst bei Flut ging die Reise weiter: an der Iberischen Halbinsel entlang, den Atlantik hinunter bis zum Kap der Guten Hoffnung, von wo Franklin einen launigen Brief nach Spilsby schickte: Er sei nun »für die Chronometer verantwortlich, bestimme Positionen & cetera«. Weiter ging es, jetzt gen Osten, quer über den Indischen Ozean, immer parallel zum 40. Breitengrad, bis die »Investigator« Anfang Dezember die Südspitze Neuhollands erreichte, wo die Besatzung bald auf die ersten Eingeborenen stieß. In unfreiwilliger Allgemein-Menschlichkeit notierte Flinders nach einem Landgang seiner Soldaten: »Die roten Röcke mit den gekreuzten weißen Gurten wurden [von den Aborigines] sehr bewundert, da sie Ähnlichkeit haben mit der Art, wie sie sich selbst verzieren.«

      Bucht um Bucht, Riff um Riff, Kap um Kap wurde die Südküste Neuhollands fortan kartographiert: Längengrad um Längengrad, Woche um Woche, Messtischblatt um Messtischblatt. Dass am 22. Februar 1802 acht Männer auf der Suche nach einem Ankerplatz für ihr Mutterschiff mit einem Beiboot kenterten und ertranken und dass die »Investigator« am 8. April hinter der Känguru-Insel fürwahr der »Géographe« begegnete, ging in der exploratorischen Routine nahezu unter.

      John Franklin beklagte nach dem Treffen mit den Franzosen allerdings, dass er ihre Sprache nicht beherrschte. Ansonsten schrieb er in demselben, an seine Mutter gerichteten Brief aus Port Jackson, der Bucht von Sydney: »Vater betrachtet, wie ich inniglich hoffe, inzwischen die Wahl, die ich für mein Leben getroffen habe, mit größerer Gelassenheit. Er sieht doch: Es lag weder an einer flüchtigen jugendlichen Grille noch an der attraktiven Uniform noch an dem Bedürfnis, die Schule hinzuschmeißen, dass ich mich für diese Profession entschieden habe.«

      Es hätte eine glückliche Reise werden können … wenn die »Investigator« nicht ein Seelenverkäufer gewesen wäre. Sie war dermaßen morsch, dass sie bereits auf der Herfahrt Wasser aufsog wie ein Schwamm. Am Ende, im Juli 1803, als Flinders Neuholland bis hinauf nach Arnhemland umrundet hatte (seine Karten waren noch im Zweiten Weltkrieg gültig!), konnte man ihren Rumpf mit einer Planke durchstoßen. Da gab Flinders das Schiff auf; seine Crew zerstreute sich … Dass er selbst auf dem Rückweg nach England auf Mauritius in französische Gefangenschaft geriet und sechseinhalb Jahre lang festgehalten wurde, ist eine traurige Geschichte für sich.

      John Franklins Heimreise dagegen stand unter günstigeren Sternen. Er war zunächst mit der »Rolla« nach Kanton und dann von hier aus mit der »Earl Camden« auf verschlungenen Wegen nach England gesegelt. Dort stieg er am 6. August 1804 wohlbehalten das Fallreep hinab.

      Sir Nathaniel Dance, der Kommandant der »Earl Camden«, bescheinigte dem Seekadetten: »Ich könnte aus der Besatzung meines Schiffes kein einziges Mitglied benennen, das in Würdigung seiner Beflissenheit und Emsigkeit sowie seiner mustergültigen Führung einen größeren Anspruch auf Lob und Auszeichnung verdient hätte als er.«

      Am 7. August 1804 wurde der Name John Franklins aus der Schiffsrolle der »Earl Camden« gelöscht. Und nur einen Tag später wurde er schon in jene der »Bellerophon« eingetragen.

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      Er war jetzt achtzehn Jahre alt! Innerhalb kürzester Frist war er im Kugelhagel einer Seeschlacht und im Sonnenglanz des Äquators getauft oder, seemännisch gesprochen, mit allen Wassern gewaschen worden. Er hatte Mord und Totschlag erlebt und Frieden und Gedeihen einer weitgehend unberührten Natur genossen. Da war es, als ob das Schicksal ihm nun für einen größeren Zeitraum eine langsamere Gangart beschieden, die Knotengeschwindigkeit herabgesetzt hätte.

      Obwohl es anfangs nicht so schien …

      Das Machtgeschiebe in Europa, diese strategische Friktion mit ihrem unaufhörlichen Grollen und Beben, all die Scharmützel und Geplänkel und Gefechte – dieser mal kalte, mal laue, mal heiße Krieg wütete noch immer. Und obwohl so viele Mächte daran beteiligt waren, stritten zuvörderst England und Frankreich um die Hegemonie auf dem Kontinent – ach was!: auf dem ganzen Globus. »Beherrschen wir«, hatte Napoleon 1804 beim Aufbau einer Invasionsarmee in Boulogne geschwärmt, »auf sechs Stunden den Kanal, dann sind wir die Herren der Welt.«

      Fürs Erste krönte er sich zum Kaiser der Franzosen; und blieb doch für die Engländer nur »Little Boney«. Um ihm klar zu machen, wer im Kanal (und in Europa und in der Welt) das Sagen hatte, blockierten sie seit 1804 die französischen Häfen. Die »Bellerophon« unter Kapitän James Cooke belagerte Brest. Ein ödes Geschäft. »Die Tage«, schrieb John Franklin im Frühling 1805 an die Eltern, »werden wieder länger, und die Küste sieht schön aus. Einmal bin ich ans Ufer gefahren und habe einen ausgedehnten Spaziergang gemacht. Glaubt mir, für uns Kanal-Burschen