Название | Die Zeit der Völkerwanderung: 14 Historische Romane |
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Автор произведения | Felix Dahn |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788027222049 |
«So soll ihm geschehen», sprachen die vier Männer ihm nach.
Nach einer ernsten Pause löste Hildebrand die Kette der Hände und sprach: «Und auf daß ihr’s wißt, welche Weihe diese Stätte hat für mich – jetzt auch für euch –, warum ich euch zu solchem Tun gerade hierher beschieden und zu dieser Nacht – kommt und sehet.» Und also sprechend erhob er die Fackel und schritt voran hinter den mächtigen Stamm der Eiche, vor der sie geschworen. Schweigend folgten die Freunde, bis sie an der Kehrseite des alten Baumes hielten und hier mit Staunen gerade gegenüber der Rasengrube, in welcher sie gestanden, ein breites offenes Grab gähnen sahen, von welchem die deckende Felsplatte hinweggewälzt war: da ruhten in der Tiefe, im Licht der Fackel geisterhaft erglänzend, drei weiße, lange Skelette, einzelne verrostete Waffenstücke, Lanzenspitzen, Schildbuckel lagen daneben. Die Männer blickten überrascht bald in die Grube, bald auf den Greis. Dieser leuchtete lange schweigend in die Tiefe. Endlich sagte er ruhig: «Meine drei Söhne. Sie liegen hier über dreißig Jahre. Sie fielen auf diesem Berg, in dem letzten Kampf um die Stadt Ravenna. Sie fielen in einer Stunde, heute ist der Tag. Sie sprangen jubelnd in die Speere für ihr Volk.»
Er hielt inne. Mit Rührung sahen die Männer vor sich hin. Endlich richtete sich der Alte hoch auf und sah gegen den Himmel. «Es ist genug», sagte er, «die Sterne bleichen. Mitternacht ist längst vorüber. Geht, ihr andern, in die Stadt zurück. Du, Teja, bleibst wohl bei mir: – dir ist ja vor andern, wie des Liedes, der Trauer Gabe gegeben – und hältst mit mir die Ehrenwacht bei diesen Toten.»
Teja nickte und setzte sich, ohne eine Wort, zu Füßen des Grabes, wo er stand, nieder. Der Alte reichte Totila die Fackel und lehnte sich Teja gegenüber auf die Felsplatte. Die andern drei winkten ihm scheidend zu. Und ernst und in schweigende Gedanken versunken stiegen sie hinunter zur Stadt.
Drittes Kapitel
Wenige Wochen nach jener nächtlichen Zusammenkunft bei Ravenna fand zu Rom eine Vereinigung statt, ebenfalls heimlich, ebenfalls unter dem Schutze der Nacht, aber von ganz anderen Männern zu ganz anderen Zwecken.
Das geschah in der Appischen Straße nahe dem Gömeterium des heiligen Kalixtus in einem halbverschütteten Gang der Katakomben, jener rätselhaften unterirdischen Wege, die unter den Straßen und Plätzen Roms fast eine zweite Stadt bildeten. Es sind diese geheimnisvollen Räume – ursprünglich alte Begräbnisplätze, oft die Zuflucht der jungen Christengemeinde – so vielfach verschlungen und ihre Kreuzungen, Endpunkte, Aus-und Eingänge so schwierig zu finden, daß nur unter ortvertrautester Führung ihre inneren Tiefen betreten werden können. Aber die Männer, deren geheimen Verkehr wir diesmal belauschen, fürchteten keine Gefahr. Sie waren gut geführt. Denn es was Silverius, der katholische Archidiakonus der alten Kirche des heiligen Sebastian, der unmittelbar von der Krypta seiner Basilika aus die Freunde auf steilen Stufen in diesen Zweigarm der Gewölbe geführt hatte; und die römischen Priester standen in dem Rufe, seit den Tagen der ersten Christen Kenntnis jener Labyrinthe fortgepflanzt zu haben. Die Versammelten schienen sich auch hier nicht zum erstenmal einzufinden: die Schauer des Ortes machten wenig Eindruck auf sie. Gleichgültig lehnten sie an den Wänden des unheimlichen Halbrunds, das, von einer bronzenen Hängelampe spärlich beleuchtet, den Schluß des niedrigen Ganges bildete, gleichgültig hörten sie die feuchten Tropfen von der Decke zur Erde fallen, und wenn ihr Fuß hier und da an weiße, halbvermoderte Knochen stieß, schoben sie auch diese gleichgültig auf die Seite.
Es waren außer Silverius noch einige andere rechtgläubige Priester und eine Mehrzahl vornehmer Römer aus den Adelsgeschlechtern des westlichen Kaiserreichs anwesend, die seit Jahrhunderten in fast erblichem Besitz der höheren Würden des Staates und der Stadt geblieben.
Schweigend und aufmerksam beobachteten sie die Bewegungen des Archidiakons, der sich, nachdem er die Erschienenen gemustert und in einige der einmündenden Gänge, in deren Dunkel man junge Leute in priesterlichen Kleidern Wache halten sah, prüfende Blicke geworfen hatte, jetzt offenbar anschickte, die Versammlung in aller Form zu eröffnen.
Noch einmal trat er auf einen hochgewachsenen Mann zu, der ihm gegenüber regungslos an der Mauer lehnte, und mit dem er wiederholt Blicke getauscht hatte: und nachdem dieser auf eine fragende Miene schweigend genickt, wandte er sich gegen die übrigen und sprach:
«Geliebte im Namen des dreieinigen Gottes! Wieder einmal sind wir hier versammelt zu heiligem Werk.
Das Schwert von Edom ist gezückt ob unsrem Haupt, und König Pharao lechzt nach dem Blut der Kinder Israel. Wir aber fürchten nicht jene, die den Leib töten und der Seele nichts anhaben können, wir fürchten vielmehr jenen, der da Leib und Seele verderben mag mit ewigem Feuer. Wir vertrauen im Schauer der Nacht auf die Hilfe dessen, der sein Volk durch die Wüste geführt hat, bei Tag in der Rauchwolke, bei Nacht in der Feuerwolke. Und daran wollen wir halten und wollen es nie vergessen: was wir leiden, wir leiden es um Gottes willen, was wir tun, wir tun’s zu seines Namens Ehre. Dank ihm, denn er hat gesegnet unsern Eifer. Klein, wie des Evangeliums, waren unsere Anfänge, aber schon sind wir gewachsen wie ein Baum an frischen Wasserbächen. Mit Furcht und Zagen kamen wir anfangs hier zusammen: groß war die Gefahr, schwach die Hoffnung: edles Blut der Besten war geflossen: – heute, wenn wir fest bleiben im Glauben, dürfen wir es kühnlich sagen: der Thron des Königs Pharao steht auf Füßen von Schilf, und die Tage der Ketzer sind gezählt in diesem Lande.»
«Zur Sache!» rief ein junger Römer dazwischen, mit kurzkrausem, schwarzem Haar und blitzenden, schwarzen Augen; ungeduldig warf er das Sagum von der linken Hüfte über die rechte Schulter zurück, daß das kurze Schwert sichtbar wurde. «Zur Sache, Priester! Was soll heut’ geschehn?»
Silverius warf auf den Jüngling einen Blick, der lebhaften Unwillen über solch kecke Selbständigkeit nicht ganz mit salbungsvoller Ruhe zu verdecken vermochte. Scharfen Tones fuhr er fort: «Auch die an die Heiligkeit unsres Zweckes nicht zu glauben scheinen, sollten doch den Glauben an diese Heiligkeit bei andern nicht stören, um ihrer eignen weltlichen Ziele willen nicht. Heute aber, Licinius, mein rascher Freund, soll ein neues hochwillkommenes Glied unsrem Bunde eingefügt werden: sein Beitritt ist ein sichtbares Zeichen der Gnade Gottes.»
«Wen willst du einführen? Sind die Vorbedingungen erfüllt? Haftest du für ihn unbedingt? Oder stellst du andre Bürgschaft?» so fragte ein andrer der Versammelten, ein Mann in reifen Jahren, mit gleichmäßigen Zügen, der, einen Stab zwischen den Füßen, ruhig auf einem Vorsprung der Mauer saß. – «Ich hafte, mein Scävola; übrigens genügt seine Person.»
«Nichts dergleichen. Die Satzung unsres Bundes verlangt Verbürgung, und ich bestehe darauf», sagte Scävola ruhig. – «Nun gut, gut, ich bürge, zähester aller Juristen!» wiederholte der Priester mit Lächeln. Er winkte in einen der Gänge zur Linken.
Zwei junge Ostiarii führten von da in die Mitte des Gewölbes einen Mann, auf dessen verhülltes Haupt aller Augen gerichtet waren. Nach einer Pause hob Silverius den Überwurf von Kopf und Schultern des Ankömmlings.
«Albinus!» riefen die andern in Überraschung, Entrüstung, Zorn.
Der junge Licinius fuhr ans Schwert, Scävola stand langsam auf, wild durcheinander scholl es: «Wie? Albinus? Der Verräter?» Scheuen Blickes sah der Gescholtene