Название | Die Zeit der Völkerwanderung: 14 Historische Romane |
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Автор произведения | Felix Dahn |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788027222049 |
«Es können noch nicht zwei Stunden sein. In zwei Stunden erst wollte ich angreifen –»
«Ja, aber die Goten! Sie kamen uns zuvor! Sie stürmen!»
«Verderben über sie! Wo stürmen sie?» Und schon war Cethegus an der Haustüre. «Wo stürmt der König?»
«An der Hafenstadt. Am Stromriegel. Er hat Brander den Fluß hinaufgeschickt. Dromonen mit brennenden Türmen auf Deck, voll Harz, Pech und Schwefel. Der erste Riegel, der Balkenriegel, und alle Schiffe dahinter stehn in Flammen! Salvius Julianus ist verwundet und gefangen. Da, sieh die Lohe steigen im Südost.»
«Der Kettenriegel – hält er noch?»
«Noch hält er! Aber wenn er reißt?» –
«Bin ich, wie einmal schon, der Riegel Roms! Vorwärts!»
Syphax führte den schnaubenden Rappen vor. Cethegus schwang sich hinauf. «Da rechts hinab! Wo ist dein Bruder Marcus?»
«An der Schanze beim Forum.»
Da stießen sie auf die Söldner, Isaurier und Abasgen, die von der Hafenstadt her flüchteten. «Flieht!» riefen diese. «Rettet den Präfekten!» – «Wo ist Cethegus?»
«Hier – um euch zu retten! Wendet euch! Zum Fluß!»
Er sprengte voran. Der Flammenschein der brennenden Balken und Schiffe bezeichnete das Ziel. Am Ufer des Flusses angelangt, sprang er vom Pferd.
Syphax barg es sorgfältig in einer leeren Warenhalle.
«Fackeln her! In die Boote! Dort liegt ein Dutzend kleiner Nachen! Längst bereitet für solche Gefahr. Alle Pfeilschützen hinein! Mir nach! Licinius, du ins zweite Boot. Rudert bis an die Kette! Legt euch hart oberhalb an die Kette. Wer der Kette, den Fluß herauf, nahe kommt – ein Hagel von Pfeilen über ihn. Die turmhohen Wallmauern gehen links und rechts senkrecht in den Fluß. Sie müssen hierher, an die Kette!»
Schon hatten sich einzelne kleine Kähne der Goten zu nahen versucht.
Aber die einen wurden vom Feuer des Balkenriegels und der Boote ergriffen. Andere schlugen in dem Gedräng, in der Dunkelheit, um. Eines, das bis auf halbe Pfeilschußweite dem furchtbar besetzen Kettenriegel genaht war – trieb wieder steuerlos stromabwärts: alle Leute der Bemannung waren den Pfeilen der Abasgen erlegen.
«Seht ihr? Da schwimmt ein Schiff der Toten!
Harret aus! Nichts ist verloren! Aber schafft Fackeln, Brände herbei. Entzündet dort die Schiffswerft. Feuer gegen Feuer!»
«Sieh dorthin, Herr!» warnte Syphax, der nicht von seiner Ferse wich.
«Ja, da schwimmt die Entscheidung heran.»
Es war ein herrlicher Anblick.
Die Goten hatten erkannt, daß durch kleine Nachen die Riegelkette nicht zu überschreiten war. Da hatten sie von der brennenden Balkenkette mit Beilhieben so viel hinweggehauen, daß in der Mitte des Flusses knapp genügender Raum frei wurde, zwischen den brennenden Balkenenden ein großes, ein Kriegsschiff hindurchzusteuern.
Aber mit der Kraft der Ruder allein durch die nahen Flammen langsam stromaufwärts dringen, dem Pfeilregen der Abasgen ausgesetzt – das konnte für das große Schiff noch schlimmer als für den «Nachen der Toten» enden.
Zaudernd hielten die Goten unterhalb der brennenden Balken. Da plötzlich erhob sich ein starker Südwind, die Wellen des Flusses aufwärts kräuselnd.
«Spürt ihr den Hauch? Das ist des Siegesgottes Atem. Die Segel gehißt! Nun folgt mir, meine Goten», so rief eine frohlockende Stimme.
Die Segel flogen empor und spannten weit die Flügel des gewaltigen Kriegsschiffes der Goten, des «wilden Schwans».
Und ein prachtvolles Schauspiel war es nun, als das mächtige Fahrzeug, mit aller Leinwand fliegend und von hundert Ruderern geschoben, den Strom heraufkam, von beiden Seiten schauerlich beleuchtet durch die brennenden Balken und Boote der Römer.
Mit ungestümer, verderbendrohender Eile trieb das Schiff stromaufwärts. Zu beiden Seiten des Oberdecks, hoch über dem geschlossenen Unterdeck der Ruderknechte, knieten, dicht geschart, gotische Krieger, die Schilde dicht aneinander gedrängt: eine eherne Schirmwand wider die Pfeile. An dem Schiffsschnabel vorn erhob sich ein riesiger Schwan mit hochgewölbten Schwingen. Zwischen diesen Schwingen aber, auf des Schwanes Rücken, stand König Totila, das Schwert in der Rechten.
«Vorwärts!» befahl er. «Zieht, ihr Ruderer! Mit aller Kraft! Haltet euch bereit, ihr Goten.»
Cethegus erkannte die jugendliche hohe Gestalt. Er erkannte schon auch die Stimme. «Laßt das Schiff nur heran.
Ganz nahe. Auf zwanzig Schritt. Dann erst schießt. Noch nicht. Jetzt. Jetzt! Pfeile los!»
«Deckt euch, ihr Goten!»
Ein Hagel von Pfeilen schlug gegen das Schiff. Aber an der Schildburg prallten sie machtlos ab.
«Verflucht!» rief Piso hinter dem Präfekten. «Sie wollen die Kette sprengen durch des Schiffes Stoß. Und sie werden es sicher, fielen auch alle Mann auf Deck. Die Ruderer sind ja unerreichbar. Und unverwundbar ist dieser Südwind.»
«Feuer in die Segel! Feuer auf das Schiff! Brände herbei!» befahl Cethegus.
Immer näher rauschte der drohende Schwan. Immer näher drohte der verderbliche Prall gegen die straff gespannte Kette. Schon erreichten nun die geschleuderten Brände das Schiff. Einer flog in das Segel des Fockmastes: es brannte rasch auf, dann erlosch es.
Ein zweiter – Cethegus hatte ihn selbst geschleudert – streifte des Gotenkönigs langes flatterndes Goldhaar.
Neben ihm fiel der Brand nieder. Er hatte es nicht bemerkt.
Da sprang ein Knabe hinzu, der, statt aller Schutz und Trutzwaffen, nur einen derben Hirtenstecken führte. Mit den Füßen trat er den Brand aus. Die anderen Brände prallten von den Schilden ins Wasser und erloschen.
Nur acht Schritte noch war der Vorderstachel der Galeere von der Kette entfernt. Die Römer bebten vor dem Anprall.
Da trat Cethegus ganz vor, an die Spitze seines Bootes, einen schweren Wurfspeer erhebend und sorgfältig zielend.
«Gebt acht», sagte er. «Sowie der König der Barbaren stürzt – rasch neue Brände.»
Nie hatte der waffenkundige Mann besser gezielt.
Und noch einmal den Speer zurückziehend, schleuderte er ihn mit der ganzen Kraft seines Hasses und seines Arms.
Atemlos harrte seine Umgebung. Aber der König stürzte nicht. Er hatte den Zielenden scharf erkannt. Gleichwohl warf er den langen, schmalen Schild nieder. Er sah der Spitze des Speeres entgegen mit zurückgehaltener schildloser Linker. Sausend kam der Speer geflogen, gerade in der Höhe, wo aus dem Panzer der nackte Hals sich hob.
Hart am Leibe erst fing ihn der König mit der linken Hand und – warf ihn sofort mit der Rechten auf den Werfer zurück: er traf den Präfekten in den linken Arm, oberhalb des Schildes: Cethegus fiel ins Knie.
Im gleichen Augenblick traf der Stoß des Schiffes die straffe Kette. Sie barst. Die Römerboote, die an derselben geruht, schlugen um, auch das des Cethegus, oder schossen meisterlos den Fluß herab.
«Sieg!» jauchzte Totila. «Ergebt euch mir, ihr Söldner.»
Cethegus erreichte schwimmend, blutend, das linke Tiberufer. Er sah, wie das Gotenschiff zwei kleine Boote herabließ, in deren eines der König sprang.
Er sah, wie eine ganze Flotille leichter gotischer Fahrzeuge, unter dem Schutz der Königsgaleere heraufgesegelt, nun ebenfalls die Reihe der Boote seiner Pfeilschützen durchbrach und auf beiden Ufern Mannschaften landete.
Er sah, wie seine Abasgen, für den Nahkampf