Название | Gesammelte historische Romane von Henryk Sienkiewicz |
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Автор произведения | Henryk Sienkiewicz |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788027207688 |
»Und Euer Gnaden begleitet die Fürstin nicht?«
»Wenn ich gesund werde, begleite ich sie, aber dies liegt in Gottes Hand.«
Nun beruhigte sich der Böhme, eilte an eine Lade und holte jene erbeutete weiße, mit Gold benähte Jacke, welche der junge Ritter gewöhnlich bei großen Festlichkeiten trug, sowie einen schönen Teppich, um des Kranken Lager zu bedecken. Dann richtete er Zbyszko mit Hilfe der beiden Türken empor, wusch ihn, kämmte seine langen Haare, band ihm eine scharlachrote Stirnbinde um, und schließlich als er fertig war, stützte er ihn mit den Kissen, indem er erfreut über seiner Hände Werk ausrief: »Wenn Euer Gnaden tanzen könnten, so könnte man Hochzeit feiern!«
»Ja, jetzt müßte man sie noch ohne Tanz feiern,« entgegnete Zbyszko lächelnd.
Unterdessen sann auch die Fürstin in ihrer Kammer nach, wie Danusia gekleidet werden solle. Echt weiblich geartet, legte sie dieser Angelegenheit große Bedeutung bei, und um nichts in der Welt hätte sie gestattet, daß ihre geliebte Pflegetochter sich im Alltagsgewand trauen lasse. Die Dienerinnen, denen sie sagte, Danusia müsse die Farbe der Unschuld tragen, wenn sie das Abendmahl nehme, hatten in der Truhe nicht lange nach einem weißen Kleide zu suchen, hingegen mangelte es an einer passenden Kopfbedeckung. Ein trauriges Gefühl überkam die Fürstin, als sie dies vernahm, und sie klagte laut darüber.
Zbyszko und Danusia wiederholten nacheinander des Geistlichen Worte: »Ich … nehme … Dich!«
»Wie könnte ich für Dich, Du Verwaiste, den Rautenkranz in diesem Walde finden?« sagte sie. »Weder ein Blümchen noch ein Blatt ist mehr zu sehen, nur etwas Moos schimmert noch unter dem Schnee hervor.«
Danusia, die schon mit aufgelösten Haaren dastand, war ebenfalls sehr niedergeschlagen, da auch ihr viel an einem Kranze lag, nach einer Weile jedoch zeigte sie auf eine an der Wand hängende Guirlande aus Immortellen und sagte: »Diese Ranken könnte man binden, denn etwas anderes werden wir nicht bekommen und Zbyszko nimmt mich auch in solchem Kranze.«
Anfangs wollte die Fürstin nicht auf diesen Vorschlag eingehen, weil ihr ein Immortellenkranz wie eine schlimme Vorbedeutung erschien, da indessen auf dem ganzen Jagdhofe keine andern Blumen aufzutreiben waren, willigte sie schließlich ein. Mittlerweile erschien der Pater Wyszoniek, der Zbyszko schon Beichte gehört hatte, und begab sich mit dem jungen Mädchen, das nun gleichfalls beichten sollte, in die Schloßkapelle.
Die Nacht sank hernieder. Auf Befehl der Fürstin ging die Dienerschaft nach dem Abendbrot zur Ruhe. Binnen kurzem ging das Feuer auf den Herden in den Gesindestuben zu Asche über und erlosch, im ganzen Waldhof ward alles stille. Nur in dem Gemache, wo die Fürstin, der Pater Wyszoniek und Zbyszko weilten, waren die Fenster noch hell erleuchtet und warfen rötliche Lichter auf den Schnee im Vorhofe.
Nach Mitternacht nahm die Fürstin Danusia an der Hand und führte sie in Zbyszkos Stube, wo der Pater Wyszoniek schon mit dem Ciborium bereit stand. Auf dem Herde brannte ein mächtiges Feuer aus Buchenholz und bei dessen hellem, aber ungleichmäßigen Lichte erblickte Zbyszko das infolge der schlaflosen Nacht etwas bleich aussehende junge Mädchen mit einem Immortellenkranze auf dem Haupte, in einem steifen, weißen, bis zur Erde reichenden Gewande. In ihrer tiefen Erregung hatte sie die Augenlider fast geschlossen, und ihre Arme sanken schlaff am Körper herab. So erinnerte sie an eine Gestalt auf einem gemalten Kirchenfenster. Ihr Wesen hatte etwas so Ueberirdisches, daß Zbyszko bei ihrem Anblick von der höchsten Verwunderung ergriffen ward, weil ihn dünkte, das Weib, das er sich erwählt, sei keine Sterbliche, sondern ein der Erde entrücktes Wesen. Dieser Eindruck ward noch verstärkt, als sie mit gefalteten Händen zur Kommunion niederkniete, den Kopf zurückbeugte und die Augen vollständig schloß. Wie eine Abgeschiedene erschien sie ihm jetzt, und bange Sorge zog in sein Herz ein. Indessen währte dies nicht lange. » Ecce Agnus Dei« ließ sich die Stimme des Geistlichen vernehmen, Zbyszko suchte sich zu sammeln und seine Gedanken wandten sich Gott zu. In der Stube vernahm man nichts als die feierlichen Worte des Pater Wyszoniek: » Domine – non sum dignus,« das Knistern der Holzspäne und das wehmütige Zirpen der Heimchen auf dem Herde. Draußen vor den Fenstern aber erhob sich ein Sturmwind, der brausend durch den schneebedeckten Wald fuhr, aber bald wieder nachließ.
Während Zbyszko und Danusia noch einige Zeit in Schweigen verharrten, nahm Pater Wyszoniek den Kelch und trug ihn in die kleine Hauskapelle zurück. Nach einiger Zeit kehrte er wieder, aber nicht allein, sondern in Begleitung des Herrn de Lorche, und als er das Erstaunen in den Mienen aller Anwesenden bemerkte, legte er den Finger auf den Mund, wie wenn er irgend einem unvorhergesehenen Ausruf zuvorkommen wollte. Dann sagte er: »Ich dachte, es werde besser sein, wenn wir zwei Trauzeugen haben, darum habe ich diesen Ritter eingeweiht, und er hat mir bei seiner Ehre und bei den Aachener Reliquien geschworen, das Geheimnis zu bewahren, so lange es nötig sei.«
Herr de Lorche kniete zuerst vor der Fürstin, dann vor Danusia nieder, hierauf erhob er sich und stand lange unbeweglich und schweigend da, während vom Feuer her rötliche Lichtchen auf die glänzende Rüstung fielen, die er trug. Er war wie überwältigt von Entzücken, denn auch ihm erschien das weißgekleidete Mädchen mit dem Immortellenkranze wie ein Engel auf dem gemalten Fenster eines gotischen Domes.
Der Geistliche führte Danusia an Zbyszkos Lager, und die Stola über die Hände der beiden legend, begann er die übliche Ceremonie. Die Fürstin vergoß Thränen der Rührung, doch im Innern war sie jetzt vollständig ruhig. Sagte sie sich doch, sie thue gut daran, diese schönen und unschuldigen Kinder zu vereinigen.
Herr de Lorche kniete zum zweitenmal nieder, und wie er sich so mit beiden Händen auf sein Schwert stützte, glich er einem Ritter, der eine Vision zu erblicken vermeint – Zbyszko und Danusia wiederholten nach einander des Geistlichen Worte: »Ich … nehme … Dich!« – und als Begleitung dieser leise geflüsterten süßen Worte knisterten die Buchenscheite, zirpten die Grillen auf dem Herde. Nach Beendigung der Ceremonie sank Danusia zu den Füßen der Fürstin nieder. Diese segnete die beiden, und das junge Paar dem Schutze des Himmels empfehlend, sagte sie: »Freuet Euch nun, daß Ihr Euch auf ewig angehört!«
Da streckte Zbyszko seinen Arm nach Danusia aus, sie schlang ihre Hände um seinen Hals, und eine Weile hörte man, wie sie sich, Mund an Mund gedrückt, zuflüsterten: »Du bist mein, Danusia!« – »Du bist mein, Zbyszko!«
Aber plötzlich ließen Zbyszkos Kräfte nach, die Erschütterung übermannte ihn und in die Kissen zurücksinkend, atmete er schwer. Doch ward er nicht bewußtlos, und er lächelte Danusia zu, als sie ihm den kalten Schweiß auf der Stirn trocknete, während er unablässig flüsterte: »Mein bist Du, Danuska!« worauf sie jedesmal ihr Köpfchen mit den lang herabwallenden Haaren zu ihm niederbeugte.
Durch diesen Anblick ward Herr de Lorche dermaßen gerührt, daß er erklärte, er habe noch in keinem Lande so zärtliche, gefühlvolle Herzen gesehen, und daher gelobe er feierlich, zu Fuß oder zu Pferd mit jedem Ritter oder Ungeheuer zu kämpfen, die es wagten, sich dem Glück des jungen Paares hindernd in den Weg zu stellen.
Die Fürstin, welche sich keine Trauung ohne Festlichkeit denken konnte, holte Wein herbei und alle labten sich daran.
Eine Stunde der Nacht nach der andern ging dahin. – Zbyszko, welcher seine Schwäche überwunden hatte, zog Danusia wieder zu sich heran und sagte: »Durch unsern Herrn Jesus bist Du nun mein, und niemand kann Dich mir rauben, aber daß Du fortgehst, thut mir weh’, Du mein geliebtes Täubchen.«
»Ich komme ja mit dem Väterchen nach Ciechanow,« erwiderte Danusia.
»Wenn Du nur nicht krank wirst … oder Dir sonst etwas zustößt … Gott schütze Dich vor jedem Ungemach! Nach Spychow mußt Du Dich begeben, das weiß ich wohl! Gott und unserer allergnädigsten Herrin habe ich es zu danken, daß Du mein bist, denn keine irdische Gewalt kann jetzt die Trauung mehr ungeschehen machen.«
Die geheimnisvolle Trauung in nächtlicher Stille und der Gedanke an den bevorstehenden Abschied bewirkten,