Название | Franz Sternbalds Wanderungen |
---|---|
Автор произведения | Ludwig Tieck |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788726614725 |
Sebastian stand sogleich still und sang folgende Verse:
Neue Freunde aufzufinden
Läßt die alten du
dahinten . . .
Eltern, Schwester, Bruder, Freund,
Auch vielleicht das Liebchen weint –
Laß sie weinen! Traurig und froh
Wechselt das Leben bald so, bald so,
Nimmer ohne Ach! und Oh! . . .
Reisen und Scheiden
Bringt des Wiedersehens Freuden.
Franz hatte sich ins hohe Gras gesetzt und sang die letzten Verse inbrünstig mit, er stand auf, und sie kamen an die Stelle, wo Sebastian hatte umkehren wollen.
Grüße noch einmal! rief Franz aus, alle, die mich kennen, und lebe du recht wohl.
Und du gehst nun? fragte Sebastian; muß ich denn nun ohne dich umkehren?
Sie hielten sich beide fest umschlossen. Ach, nur eins noch! rief Sebastian aus, es quält mich gar zu sehr, und ich kann dich so nicht lassen.
Franz wünschte den Abschied im Herzen vorüber, es war, als wenn sein Herz von diesen gegenwärtigen Minuten erdrückt würde, er sehnte sich nach der Einsamkeit, nach dem Walde, um dann von seinem Freunde entfernt seinen Schmerz ausweinen zu können. Aber Sebastian verlängerte die Augenblicke des Abschieds, weil er sich durch kein neues Leben, durch keine neue Gegend konnte trösten lassen, er kannte alles genau, wozu er zurückkehrte. Willst du mir versprechen? rief er aus.
Alles! Alles!
Ach, Franz! fuhr jener klagend fort, ich lasse dich nun los, und du bist nicht mehr mein, ich weiß nicht, was dir begegnet, ich kann dir nicht ins Gesicht sehen, und so setze ich deine Liebe, ja dich selbst auf ein ungewisses Spiel. Wirst du auch noch in der weiten Ferne an deinen einfältigen Freund Sebastian denken? Ach, wenn du nun unter klugen und vornehmen Leuten bist, wenn es nun schon lange her ist, daß wir hier Abschied genommen haben, willst du mich auch dann nie verachten?
O mein liebster Sebastian! rief Franz schluchzend?
Wirst du immer noch Nürnberg so lieben, fuhr jener fort, und deinen Meister, den wackern Albrecht? Wirst du dich nie klüger fühlen? O versprich mir, daß du derselbe Mensch bleiben willst, daß du dich nicht vom Glanz des Fremden willst verführen lassen, daß alles dir noch ebenso teuer ist, daß ich dich noch ebenso angehe.
O Sebastian, sagte Franz, mag die ganze Welt klug und überklug werden, ich will immer ein Kind bleiben.
Sebastian sagte: O wenn du einst mit fremden, abgebettelten Sitten wiederkämst, alles besser wüßtest und dir das Herz nicht mehr so warm schlüge, wenn du dann mit kaltem Blute nach Dürers Grabstein hinsehn könntest und du höchstens über die Arbeit und Inschrift sprächest – o so möcht ich dich gar nicht wiedersehn, dich gar nicht für meinen Bruder erkennen.
Sebastian! bin ich denn so? rief Franz heftig aus; ich kenne ja dich, ich liebe ja dich und mein Vaterland, und die Stube, worin unser Meister wohnt, und die Natur und Gott. Immer werd ich daran hangen, immer, immer! Sieh, hier, an diesem alten Eichenbaum versprech ich es dir, hier hast du meine Hand darauf!
Sie umarmten sich und gingen stumm auseinander, nach einer Weile stand Franz still, dann lief er dem Sebastian nach und umarmte ihn wieder. Ach, Bruder, sagte er, und wenn Dürer den Ecce-Homo fertig hat, so schreibe mir doch recht umständlich, wie der geworden ist, und glaube ja an die Göttlichkeit der Bibel, ich weiß, daß du manchmal übel davon dachtest.
Ich will es tun, sagte Sebastian, und sie trennten sich wieder, aber nun kehrte keiner um, oft wandten sie das Gesicht, ein Wald trat zwischen beide.
Zweites Kapitel
Als Sebastian nach der Stadt zurückkehrte und Franz sich nun allein sah, ließ er seinen Tränen ihren Lauf. Lebe wohl, tausendmal wohl, sagte er immer still vor sich hin, wenn ich dich nur erst wiedersähe!
Die Arbeiter auf den Feldern waren nun in Bewegung, alles war tätig und rührte sich; Bauern fuhren ihm vorüber, in den Dörfern war Getümmel, hochbeladene Wagen mit Heu wurden in die Scheuern gefahren, Knechte und Mägde sangen und schäkerten laut. Wie viele Menschen sind mir heute schon begegnet, dachte Franz bei sich, und unter allen diesen weiß vielleicht kein einziger von dem großen Albrecht Dürer, der mit seinen Werken meinen ganzen Kopf einnimmt, den zu erreichen mein einziges Trachten ist! Sie wissen vielleicht kaum, daß es eine Malerei gibt, und doch fühlen sie sich nicht unglücklich. Ich kann es nicht einsehn, wie man so fortleben könnte, so einsam und verlassen: und doch treibt jeder emsig sein Geschäft, und es ist gut, daß es so ist und so sein muß.
Die Sonne war indes hochgestiegen und brannte heiß herunter, die Schatten der Bäume wurden kurz, die Arbeiter gingen zum Mittagessen nach ihren Häusern. Franz dachte daran, wie sich nun Sebastian dem Albrecht Dürer gegenüber zu Tische setze und wie man von ihm sprechen würde. Er beschloß, auch im nächsten Gehölze stillzuliegen und seinen mitgenommenen Vorrat zu genießen. Wie erquickend war der kühle Duft, der ihm aus den grünen Blättern entgegenwehte, als er in das Wäldchen eintrat! Alles war still, und nur das Rauschen der Bäume schallte und säuselte in abwechselnden Gängen über ihm weg durch die liebliche Einsamkeit . . .
Indem kam ein Wandersmann die Straße gegangen und grüßte Franzen sehr freundlich, es war ein junger rotbackiger Bursche, er schien müde, und Franz bat ihn daher, sich neben ihn niederzusetzen und mit ihm vorliebzunehmen. Der junge Reisende nahm sogleich diesen Vorschlag an, und beide verzehrten guten Muts ihre Mittagsmahlzeit und tranken den Wein, den Franz aus Nürnberg mitgenommen hatte. Der Fremde erzählte hierauf unserm Freunde, daß er ein Schmiedegeselle sei und eben auf der Wanderschaft begriffen, er gehe nun, die hochberühmte Stadt Nürnberg in Augenschein zu nehmen und da etwas Rechtes für