Der arme Jack. Фредерик Марриет

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Название Der arme Jack
Автор произведения Фредерик Марриет
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788711447673



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sie gerade einige Schinkenschnitten röstete. Sie war sehr zornig und während sie auf mich lospaukte, zerrte Virginia sie an den Schössen, indem sie die Mutter weinend bat, doch aufzuhören.

      „Du kleiner Wicht“, rief meine Mutter, „Du wirst gerade ein solches Seeungeheuer werden, wie Dein Vater war — Du Schwein, musst Du denn immer Deine Finger in die Bratpfanne stecken? So, da hast Du es.“

      Mit diesen Worten setzte sie die Pfanne nieder und begann, so laut sie konnte, zu singen: „Still, still, Bübchen, Mietzchen hat ein Liebchen“ — „Ja, gelt, jetzt habe ich Dir die Galle rege gemacht“, fuhr sie fort, indem sie nach der Hinterthür ging.

      Alles das hatte mein Vater an der Thür mitangesehen, ohne selbst bemerkt zu werden. Er kam herein.

      „Wie heisst Du, Knabe?“ sagte er zu mir.

      „Tommy Sounders“, versetzte ich, mich reibend, denn die Bratpfanne war sehr heiss gewesen.

      „Und wer ist denn dieses kleine Mädchen?“ fragte er.

      „Meine Schwester Virginia — aber“, fuhr ich fort, „wer seid Ihr? Wollt Ihr zur Mutter?“

      „Habe eben jetzt kein besonderes Verlangen nach ihr“, sagte mein Vater, indem er die Schwester aufhob und sie küsste, dann aber mich auf den Kopf pätschelte.

      „Möchtet Ihr Bier oder Tabak haben?“ fragte ich. „Wenn Ihr mir Geld gebt, will ich gehen und holen; auch kann ich den Überschuss richtig zurückbringen.“

      „Gut, das sollst Du, Jack, mein Junge“, versetzte er, indem er mir einen Shilling gab.

      Ich kehrte bald mit zwei Pfeifen, Tabak und Bier zurück und wollte ihm auch den Überschuss des Geldes geben, den er mir jedoch schenkte, um Äpfel dafür zu kaufen. Virginia sass auf seinem Knie und wurde von ihm geliebkost. Die Mutter war noch nicht aus der Hinterküche zurückgekommen. Ich fühlte mich natürlich sehr freundlich gestimmt gegen einen Mann, der mir mehr Geld geschenkt hatte, als ich je in meinem Leben besessen, nahm meinen Schemel und setzte mich an seine Seite, während er, die Schwester auf seinem Knie und den Porterkrug vor sich, seine Pfeife rauchte.

      „Schlägt Dich Deine Mutter oft?“ fragte mein Vater, die Pfeife aus dem Munde nehmend.

      „Ja, wenn ich etwas Unrechtes thue“, versetzte ich.

      „O! nur wenn Du etwas Unrechtes thust, he?“

      „Sie sagt, es sei Unrecht und dann muss es wohl wahr sein.“

      „Du bist ein guter Knabe“, entgegnete mein Vater. „Kriegst Du auch Deine Schläge, mein liebes Kind?“ fuhr er gegen Virginia fort.

      „Oh nein“, ergriff ich das Wort. „Die Schwester wird nie geschlagen. Die Mutter liebt sie zu sehr, aber mich liebt sie nicht.“

      Mein Vater paffte weiter und schwieg.

      Ich muss dem Leser mitteilen, dass das Aussehen meines Vaters ganz anders geworden war, als ich es bei dem Beginne dieser Erzählung geschildert habe. Er war jetzt Hochbootsmannsmate und trug an einem Stück Tau eine silberne Pfeife um den Hals, mit welcher die kleine Virginia eben spielte. Er war breiter und stämmiger geworden, als es bei Matrosen im Alter von vierzig Jahren gewöhnlich der Fall ist, hatte ausserdem die Narbe eines furchtbaren Säbelhiebs im Gesichte, welche die ganze linke Hälfte, von der Augenbraue an bis zum Kinne, teilte. Dies verlieh ihm einen sehr wilden Ausdruck; aber dennoch war er ein schöner Mann und sein Haarzopf hatte auf eine überraschende Weise an Länge und Dicke zugenommen. Wie ich später erfuhr, war sein Schiff nicht abgelohnt worden, sondern befand sich zur Ausbesserung in dem Dock-Yard; er hatte einen Urlaub von vierzehn Tagen erhalten. Wir waren unter einander sehr gesellig — ohne dass ich oder meine Schwester nur die mindeste Vorstellung davon hatte, in welcher Beziehung wir zu dem fremden Manne ständen — als sich endlich Alt Ben, der Walfischjäger, hereinwälzte.

      „Cervus“, sagte Ben, meinem Vater zunickend. „Tommy, hol’ mir eine Pfeife Tabak.“

      „Da ist Pfeife und auch Tabak, Messmate“, versetzte mein Vater. „Setzt Euch und thut Euch gütlich, alter Knabe.“

      „Will kein freundliches Anerbieten zurückweisen“, entgegnen Ben. „Habe dafür zu lange im Dienste gestanden. Und auch Ihr habt etwas mitgemacht, denke ich“, fuhr er fort, meinem Vater voll ins Gesicht sehend.

      „Ist ein Riss von einem französischen Offizier“, erwiderte mein Vater und fügte dann nach einer Pause bei: „Aber er hat’s nicht erlebt, damit dick thun zu können.“

      Ben nahm die dargebotene Pfeife, füllte sie und war bald an der Seite des Vaters mit emsigem Paffen beschäftigt.

      Fünftes Kapitel.

      Mein Vater uud meine Mutter sehen sich nach sechsjähriger Trennung wieder. — Sie entdeckt, dass er nicht mehr Beischiffsführer, sondern Hochbootsmannsmate ist.

      Während mein Vater und Ben in der gedachten Weise beschäftigt sind, will ich dem Leser eine Schilderung über die Persönlichkeit des letzteren geben.

      Ben war ein sehr grosser, breitschulteriger, alter Bursche, ein wenig gebeugt von der Last der Jahre. Er musste damals wenigstens sechzig, wo nicht mehr, gezählt haben, war aber noch immer ein kräftiger, muskulöser Mann. Seine nicht kleine Nase war krumm geschlagen — wie er mir sagte, durch den Schwanz eines Walfisches, der einem Boote, in welchem er Steuermann gewesen, die Nippen eingepeitscht hatte. Sein Mund war sehr gross und nur mit wenigen Zähnen versehen, da er dieselben durch denselben Unfall verloren hatte. Viele Jahre war er auf dem Walfischfang beschäftigt gewesen, bis er endlich gepresst wurde und acht oder neun Jahre an Bord einer Fregatte als Schiemann dienen musste. Das Rollen einer Spiere bei einer Bö zerbrach ihm den Knöchel und brachte ihn als Invaliden nach Greenwich. Das beschädigte Bein war steif, weshalb er sich vermittelst eines dicken Stockes forthelfen musste. Ben hatte mich, seit meine Mutter in Fishers-Alley eingezogen war, sehr lieb gewonnen; er war mein Freund seit den ersten Tagen, und ich erwies ihm die grösste Anhänglichkeit.

      Nach ein paar Minuten schob ihm mein Vater den Porterkrug hin. Ben trank und sagte sodann:

      „Es sind hübsche Kinder, beide — ich kenne sie gut.“

      „Und was für eine Art Fahrzeug ist die Mutter?“ versetzte mein Vater.

      „Oh! je nun, sie ist zu Zeiten ein bischen wunderlich — thut immer so mächtig, besonders mit ihrer Gentilität.“

      „Wisst Ihr auch, warum?“ entgegnete mein Vater.

      Ben schüttelte den Kopf.

      „Dann will ich’s Euch sagen — weil sie einmal Kammerjungfer bei einer gnädigen Frau gewesen ist.“

      „Nun“, erwiderte Ben, „ich verstehe nicht viel von Titeln, gnädigen Frauen und dergleichen Dingen, aber es thut mir leid, dass sie so in der Welt heruntergekommen ist. Denn abgesehen von ihren gentilen Grillen ist sie ein guter Weiberschlag in ihrer Weise, hält auf ihren Ruf und verdient sich ein ehrliches Auskommen.“

      „Um so besser für sie“, sagte mein Vater, der seine Pfeife wieder füllte und jetzt schweigend zu rauchen fortfuhr.

      Da meine Mutter nicht gerufen wurde, blieb sie die ganze Zeit abwesend, weil sie in der Hinterküche ihre Wäsche zu besorgen hatte.

      Virginia war nun ganz zutraulich geworden und spielte mit dem grossen Backenbarte meines Vaters, während er hin und wieder seine Pfeife beiseite legte, um sie zu küssen. Ich hatte eben den Porterkrug auf meinen Knieen, weil er mir gesagt hatte, ich solle auch einen Zug thun, als die Mutter in das Zimmer trat.

      „Ei, Mr. Benjamin, es nähme mich nicht wunder — aber — oh, Himmel, er ist’s!“ rief meine Mutter. „Oh! Geschwinde — sal wolatily!“

      „Was will die von einer Sall? zum Teufel, was fällt Dir ein!“ sagte mein Vater, sich erhebend und meine Schwester auf den Boden setzend.

      „Es giebt, glaube ich, keine Sall in der Nachbarschaft,“ versetzte Ben, gleichfalls