Die Göttliche Komödie. Dante Alighieri

Читать онлайн.
Название Die Göttliche Komödie
Автор произведения Dante Alighieri
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783736428577



Скачать книгу

Denn nach ihm kommt, zu schlechterm Werk erweckt,

       Ein Hirt vom Westen, ein gesetzlos Wesen,

       Das, wie sich ziemt, mich und auch ihn bedeckt.

       Ein neuer Jason ists, von dem zu lesen

       Im Makkabäerbuch, dem Philipp wird.

       Was diesem einst Antiochus

       Ich weiß nicht, ob ich nicht zu sehr geirrt,

       Auf solche Red ihm dieses zu versetzen:

       "Sprich, was verlangt einst unser Herr und Hirt,

       Zuerst von Petrus wohl an Gold und Schätzen,

       Um ihm das Amt der Schlüssel zu verleihn?"

       Komm, sprach er, um mein Werk nun fortzusetzen

       Was trugs dem Petrus und den andern ein.

       Als man durch Los einst den Matthias kürte

       Statt dessen, der ein Raub ward ewger Pein?

       Nichts ward dir hier, als das, was sich gebührte;

       Betrachte nur das schlechterworbne Geld,

       Das gegen Karln zur Kühnheit dich verführte.

       Und nur weil Ehrfurcht meine Zunge hält

       Für jene Schlüssel, die du einst getragen,

       Da du gewandelt in der heitern Welt,

       Enthalt ich mich, dir Schlimmeres zu sagen:

       Daß schlecht die Welt durch eure Habsucht ist.

       Die Guten sanken und die Schlechten ragen.

       Euch Hirten meinte der Evangelist

       Bei ihr, die sitzend auf den Wasserwogen

       Mit Königen zu huren sich vermißt.

       Sie, mit den sieben Häuptern auferzogen,

       Sie hatt in zehen Hörnern Kraft und Macht,

       Solang der Tugend ihr Gemahl gewogen.

       Eur Gott ist Gold und Silber, Glanz und Pracht.

       Wohl besser sind die, so an Götzen hangen,

       Die einen haben, wo ihr hundert macht.

       Welch Unheil, Konstantin, ist aufgegangen,

       Nicht, weil du dich bekehrt, nein, weil das Gut

       Der erste reiche Papst von dir empfangen!"

       Indes ich also sprach mit keckem Mut,

       Da, seis daß Zorn ihn, daß ihn Reue nagte.

       Verdreht er beide Bein in großer Wut.

       Doch schiens, daß es dem Führer wohlbehagte;

       So stand er dort, zufrieden, aufmerksam.

       Als ich so nachdrucksvoll die Wahrheit sagte;

       Worauf er mich mit beiden Armen nahm,

       Und als er mich an seine Brust gewunden,

       Den Weg zurückestieg, auf dem er kam.

       Er trug, nie matt, wie fest er mich umwunden.

       Mich auf des Bogens Höhe sonder Rast,

       Durch den der viert und fünfte Damm verbunden.

       Dort setzt er sanft zu Boden meine Last,

       Sanft, ob der Fels auch, steil emporgeschossen,

       Zum Wege kaum für eine Ziege paßt;

       Da ward ein andres Tal mir aufgeschlossen.

      Zwanzigster Gesang

      Die neue Qual, zu der ich jetzt gewandelt.

       Sie gibt dem zwanzigsten Gesange Stoff

       Des ersten Lieds, das von Verdammten handelt.

       Ich stand auf jenem Felsen rauh und schroff

       Und spähte scharf hinab zum offnen Schlunde,

       Der ganz von angsterpreßten Zähren troff.

       Viel Leute gingen langsam in der Runde,

       So, wie ein Wallfahrtszug die Schritte lenkt.

       Stillschweigend, weinend in dem tiefen Grunde.

       Als tiefer ich auf sie den Blick gesenkt,

       Sah ich—ein Wunder scheint es und erdichtet—

       Vorn Kinn sie bis zum Achselbein verrenkt,

       Das Angesicht zum Rücken hin gerichtet;

       Drum mußten sie gezwungen rückwärts gehn,

       Und ihnen war das Vorwärtsschaun vernichtet.

       So soll der Fallsucht Krampf das Haupt verdrehn,

       Wie man erzählt in wunderlichen Sagen,

       Doch glaub ichs nicht, da ich es nie gesehn.

       Läßt Gott dein Lesen, Leser, Früchte tragen,

       So frage selber dich, wie mir geschah,

       Ob ich nicht weinen mußt und ganz verzagen,

       Als ich des Menschen Ebenbild so nah

       Verrenkt, verdreht und von der Augen Tränen

       Genetzt den Spalt der Hinterbacken sah?

       Wahr ists, auf eine von den Felsenlehnen

       Stand ich gestützt und weinte ganz verzagt;

       Da sprach mein Herr: "Willst du, gleich Toren, wähnen?

       Fromm ist nur, wer das Mitleid hier versagt.

       Wer ist verruchter wohl, als wer zu schmähen

       Durch sein Bedauern Gottes Urteil wagt?

       Empor das Haupt, empor! Den wirst du sehen,

       Den einst vor Thebens Blick der Grund verschlang;

       Drob alle schrien: Wohin? Was ist geschehen?

       Amphiaraus, wird der Kampf zu lang?—

       Doch stürzt er fort und fort im tiefen Schachte,

       Bis Minos ihn, gleich anderm Volk, bezwang.

       Schau, wie er ihm die Brust zum Rücken machte!

       Schau, wie er rückwärts schreitet, rückwärts steht,

       Weil er zu weit voraus zu sehen dachte.

       Tiresias sieh, der uns entgegenzieht.

       Er, erst ein Mann, ward durch des Zaubers Gabe

       Verwandelt in ein Weib an jedem Glied.

       Dann aber schlug er mit dem Zauberstabe

       Zuvor auf zwei verwundne Schlangen ein,

       Damit er wieder Mannsgestaltung habe.

       Den Rücken ihm am Bauch, kommt hinterdrein,

       Nah angedrängt an ihn, des Aruns Schatte,

       Der lebend einst in Lunis Felsenreihn

       Als Haus die weiße Marmorhöhle hatte,

       Wohl ausgesucht, daß sie zum Meeresstrand

       Und zu den Sternen freien Blick gestatte.—

       Die mit den wilden Haaren ohne Band

       Die Brüste deckt, die sich nach hinten kehren,

       Was sonst behaart ist, hinterwärts gewandt.

       War Manto, die in Ländern und auf Meeren

       Umirrte bis zum Ort, der mich gebar.

       Von dieser will ich näher dich belehren.

       Nachdem der Welt entrückt ihr Vater war

       Und Bacchus Stadt verfiel in Sklavenbande,

       Durchstreifte sie die Welt so manches Jahr.

       Ein See liegt an des schönen Welschlands Rande,

       Am Fuß des Alpgebirgs, das Deutschland schließt,