Die Vollendung des Königs Henri Quatre. Heinrich Mann

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Название Die Vollendung des Königs Henri Quatre
Автор произведения Heinrich Mann
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9788726482881



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und niemals täten Sie es.‘ — „Im Schritt, Kutscher! Im Schritt nach Hause!“ — ,Jetzt wird er fortgegangen sein.‘ Sie weint.

      Leise Frage

      Die Jagd mußte Henri über die Liebe trösten, und als er nun mit Pferden und Hunden über eine Ebene jagte, und an ihrem Ende erhob sich ein Hügel mit einem Schloß, was erblickte er? Ein Zug, der sonderbar schien, erklomm den Hügel — sehr langsam übrigens, die Jäger holten ihn leicht ein. „Heda, Leute, was ist das?“ Voran die großen Pferde, mit aufgeschlitzter Haut.

      „Sire! Es sind die Reitpferde des Herrn de Rosny. Das größte war sein erstes bei Ivry. Es ist unter ihm zusammengestürzt, und später haben wir es aufgegriffen.“

      „Warum führt der Page eine Rüstung und ein weißes Banner?“

      „Es ist der Page des Herrn de Rosny, er trägt die eroberte Hauptstandarte der katholischen Armee. Der andere Page hält mit einer zersplitterten Lanze den zertrümmerten Helm des Herrn de Rosny.“

      „Wer sind die hinter ihnen?“

      „Der mit verbundenem Kopf ist der Stallmeister des Herrn de Rosny, der andere auf dem englischen Zelter ist sein Kammerdiener, gekleidet in den orangegelben und silbernen Mantel des Herrn, in der Hand seine Siegeszeichen, das sind Schwerter und Pistolen, die Herr de Rosny an den Feinden zerbrochen hat.“

      „Aber in der Mitte, auf der Bahre?“

      „Sire! Herr de Rosny.“

      „Ich hoffe, daß es ihm gut geht, sonst hätte er sich selbst keine so schöne Ovation bringen können“, sagte Henri, seinen Begleitern zugewendet. Dann fragte er wieder den Mann aus dem Zuge: „Wer reitet denn auf den Eseln hinter der Bahre?“

      „Sire! Das sind die Edelleute, die Herr de Rosny gefangengenommen hat.“

      „Sie unterhalten sich wohl über das Kriegsglück. Und was tut ihr selbst als Schwanz des Zuges?“

      „Wir sind die Diener des Herrn de Rosny und folgen ihm auf seinen herrschaftlichen Familiensitz. Dort reitet sein Bannerträger mit seiner Kompanie Gendarmen, zwei Kompanien berittener Arkebusiere. Mehr als fünfzig fehlen, und die noch da sind, haben verbundene Köpfe oder Arme.“

      Gern hätte Henri gelacht über die eitle Schau; aber soll man die Ruhmsucht verspotten, wenn sie auf einer Bahre liegt? Er näherte sich dieser: sie war gemacht aus grünen Zweigen und Faßreifen, war mit Leinen bedeckt, darauf aber prunkten ausgebreitet die Mäntel der Gefangenen, schwarzer Samt mit zahllosen Lothringer Kreuzen silbern bestickt, und ihre zerbeulten Helme samt schwarz-weißen Büschen. Zwischen all dem ruhte, triumphierend, aber arg zugerichtet, der Ritter selbst. Henri sagte herzlich:

      „Lieber Freund, da gratulier ich aber. Sie sehen viel besser aus, als man erwarten durfte. Es ist doch nichts gebrochen? Nur kein Krüppel bleiben, das dürfen wir nicht. Über Ihre Abenteuer gehen Gerüchte um, haarsträubend.“

      Da er die einfachen Worte hörte, verließ den guten Rosny seine ganze Selbstbewunderung. Er erhob sich aus seiner ruhenden Lage und hätte sogar die Bahre aufgegeben, aber der König erlaubte es nicht. So redete der Baron denn überaus verständig. „Sire!“ sagte er, ohne sich um eine leidende Stimme zu bemühen. „Eure Majestät bringt mir Trost und ehrt mich viel zu sehr durch Ihre Sorge um mich. Meine Gefühle kann ich nicht ausdrücken und erwidere nur, daß ich den Beistand Gottes sichtbar erkannt habe. Dank seiner Güte sind meine Wunden in gutem Zustand, sogar die ganz große an der Hüfte, und in längstens zwei Monaten hoffe ich mir wieder welche holen zu können in Ihrem Dienst, werd es auch zum gleichen Preis tun, nämlich aus Liebe.“

      Dies hören, und Henri hätte bei weitem eher geweint als gelacht, so sehr war er bewegt. Er umarmte Herrn de Rosny, der ernst und bescheiden gesprochen hatte anstatt großartig. „Seht her, ihr Herren!“ rief er. „Den erklär ich für einen wahren und echten Ritter.“

      Noch ein Stück Weges begleitete er den Zug, neigte sich über die Bahre und sagte insgeheim:

      „Schnell gesund werden, Rosny, hartnäckiger alter Ketzer, damit wir Paris nehmen.“

      Auch der Baron raunte nur: „Eure Majestät spricht kaum noch wie einer von der Religion.“

      Henri, immer leiser: „Würde es Ihnen etwas ausmachen?“

      Rosny, am hingehaltenen Ohr des Königs:

      „Sire! Von einem hartnäckigen Hugenotten, wie ich es bin, dürfen Sie nicht verlangen, daß ich Ihnen zurate, zur Messe zu gehn. Eins will ich Ihnen aber doch sagen, daß dies allerdings das schnellste und leichteste Mittel ist, damit alle bösen Anschläge zu Rauch werden.“

      Der König richtete sich im Sattel auf. Als hätte er nichts gehört, zeigte er nach dem Schloß, das nah war. „Adieu, mein Freund, gehabt Euch wohl. Wenn mir’s gelingt und ich bekomme Zuwachs von Macht und Größe, Ihr Anteil, Herr de Rosny, ist Ihnen gewiß.“

      Sprach es, gab seinem Pferde die Sporen, und hinter sich die Jagd und die Meute, sprengte der König von Frankreich voll Eifer durch das waldige Gebiet seines treuen und klugen Dieners. Einmal verließ er das Gehölz und geriet auf einen Acker, Birken standen hoch darum her. Leicht schwebten ihre Wipfel im Himmelsblau. Über die Erde gebückt arbeiteten Bauern — sahen auf, als sie den Hufschlag hörten, und wollten zur Seite springen. Die Jagd hielt aber auf der Stelle an, und der König, den diese Leute noch nicht kannten, zeigte nach dem Schloß, das fern und blauend aus Wipfeln ragte. Den ältesten der Männer fragte er: „Sag mir, Freund, wem das Schloß gehört?“

      „Herrn de Rosny“, antwortete der Alte.

      Dem rüstigen Sohn befahl der König: „Reich mir eine Handvoll Ackerkrume“, und der gab sie ihm auf das Pferd. Der König ließ die Erde von einer Hand in die andere gleiten. „Gute fette Krume. Wem gehört der Acker?“

      „Herrn de Rosny.“

      „Seht her!“ Der König hatte den Klumpen auseinandergenommen: es glänzte darin ein Silbertaler. „Der ist für Madelon. Mach deine Schürze auf.“ Das tat das Mädchen, er warf das Geldstück hinein, und sie lachte zu ihm hinan aus halbgeschlossenen Augen — ein schelmisches Leuchten und geheimes Einverständnis, ihm wohlvertraut aus allen seinen Jugendtagen.

      Im Weiterreiten rief er zurück:

      „Ihr habt einen guten Herrn, und auch er wird an mir alle Zeit einen guten Herrn haben.“

      Da sahen die Leute einander mit offenen Mündern an, dann aber liefen sie, lautlos vor Staunen, noch schnell ein Stück hinterdrein. Von den Hufen der Pferde stoben die Schollen, fröhlich bellten die Hunde, und ein Jäger stieß ins Horn.

      Ein Höllenpfuhl

      „Es lebe Gott, der König ist tot“, sagten sie in Paris und glaubten wirklich, daß er diesmal nicht nur Unglück gehabt, sondern ausgespielt habe. Aber der König ließ sie dabei. Ein Regen ohne Ende fiel, die Landstraße war verlassen, man hörte nichts von ihm, obwohl er nur einen Tag entfernt in Mantes war. Er hatte die Stadt erobern müssen wie jede andere. Kaum in ihren Mauern, gab er den Bäckern ein Fest. Diese Zunft hatte in Erfahrung gebracht, daß der König dort unten in seiner Heimat eine Mühle besaß und der Müller von Barbaste hieß. Um seinem Namen Ehre zu machen, spielte er mit ihnen Ball, sie gewannen ihm all sein Geld ab, und dann wollten sie aufhören. Er verlangte Genugtuung, und als sie sich weigerten, ließ er die ganze Nacht Brot backen. Am Morgen verkaufte er es für die Hälfte: wie sie da kamen und sich erboten, mit ihm weiterzuspielen!

      Diese Sache ließ er eigens nach Paris melden. So erfuhren sie dort nicht nur, daß er lebte, was schon Unglück genug war; sondern daß er überall das Getreide aufkaufte. Sein Heer muß unzählig sein! Plötzlich weiß jeder und gibt es zu, daß der König bei Ivry gesiegt hat. Er hat unseren Herzog ganz entsetzlich geschlagen. Der Dicke und sein auseinandergelaufenes Heer findet nie mehr zu uns her die aufgeweichten Wege. Der rettet uns diesmal nicht. Nur den Ketzer wird